Tunesien: Geldstrafe wegen Ausstrahlung von Persepolis
Das Urteil gegen den Chef des TV-Senders fällt am Welttag der Pressefreiheit, den die Unesco heute in Tunis begeht
Die Geldstrafe, die der TV-Chef wegen Störung der öffentlichen Ordnung bezahlen muss, ist relativ gering, umgerechnet 1.200 Euro. Doch wird das heutige Urteil mit der Ausstrahlung eines Films, nämlich Persepolis, begründet, der, als er im Kino ausgestrahlt wurde, niemanden auf die Straße rief, um sich vehement und mit Gewalt dagegen zu empören.
Das ist an sich ein bemerkenswertes Urteil des Tribunal de Tunis, da es sich nicht gegen die tatsächlichen Unruhestifter wendet, laut Berichten mehrheitlich Salafisten, die aus religiösen Gründen handgreiflich wurden und zu Molotowcocktails griffen, sondern gegen den Chef des Senders Nessma TV, Nabil Karoui ( Zeichentrickfilm erbost Salafisten und Salafisten gegen Persepolis, Teil 2).
Eine besondere Note bekommt das Gerichtsurteil darüberhinaus, weil es an dem Tag verkündet wurde, den die Unesco als weltweiten Tag der Pressefreiheit feiert - in diesem Jahr in Tunis.
Augenscheinlich hatte man Ort ausgesucht, weil man über ein Jahr nach der Revolution in Tunesien demonstrieren wollte, dass es Anlass zu Hoffnung und Fortschritt in dieser Welt gibt, dass aus einem repressiven Staat, der die Pressefreit schnürt und knebelt, wofür Tunesien unter Ben Ali berüchtigt war, ein freier und offener Staat werden kann.
Stimmt so nicht ganz für Tunesien, bedeutet dieses Urteil und die Beobachtungen der Organisation Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit in Tunesien dämpfen ebenfalls die Hoffnung. In einem Brief der Organisation an die tunesische Regierung vom 11. April ist von einer "systematischen Repression" die Rede. Die Gewerkschaft der tunesischen Journalisten (SNJT) beklagt, dass man pro Woche eine Aggression gegen Journalisten verzeichne: "Es gab von jeder Regierung, die sich seit der Revolution folgen, einen Versuch, den Journalisten einen systematischen Maulkorb anlegen."
Die Gerichtsverhandlung in Sachen Ausstrahlung von Persepolis wurde weithin beachtet, viele Menschen-und Bürgerrechtsorganisationen, wie z.B. Amnesty, Reporter ohne Grenzen oder die Internationale Liga für Menschenrechte hatten Vertreter zum Prozess geschickt.