US-Bombenangriff auf Klinik in Afghanistan: Täter als einzige Ermittler
Helfer fordern neue, unabhängige Untersuchung. Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen übergibt gut 547.000 Unterschriften
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat der US-Regierung in Washington eine Petition übergeben, mit der über eine halbe Millionen Menschen eine unabhängige Untersuchung der US-Angriffe auf ein Krankenhaus der Organisation im afghanischen Kundus fordern. Die gut 547.000 Unterschriften wurden an US-Präsident Barack Obama adressiert. Bei den Luftangriffen am 3. Oktober (siehe Krankenhaus Kunduz: Versehentlich das falsche Gebäude vernichtet) waren nach jüngsten Erkenntnissen 42 Menschen getötet worden, unter ihnen 14 Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen.
Die Unterzeichner der Petition sprechen sich für eine Untersuchung der Geschehnisse durch die Internationale Humanitäre Ermittlungskommission (IHFFC) aus. Dabei handele es sich um die einzige Instanz, "die speziell zur Untersuchung möglicher Verletzungen des humanitären Völkerrechts gemäß den Genfer Konventionen geschaffen wurde", schreibt Ärzte ohne Grenzen.
"Nur ein vollständiger Untersuchungsbericht einer unabhängigen, internationalen Instanz kann unsere Zuversicht wieder herstellen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika sich der Einhaltung des Kriegsrechts verpflichtet fühlen, welches Angriffe auf Krankenhäuser aufs Schärfste verbietet“, sagt Jason Cone, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in den USA:
"Es reicht nicht aus, wenn die Täter die einzigen Ermittler sind."
Nach dem Angriff hätten hunderttausende Menschen im Nordosten Afghanistans keinen Zugang zu medizinischer Versorgung mehr, erklärte die Organisation. Das Hauptgebäude des Krankenhauses von Ärzte ohne Grenzen sei fast vollständig zerstört worden. Es sei das einzige Trauma-Zentrum der Region gewesen.
Zwar habe das US-Militär die Verantwortung für die Luftangriffe übernommen und sie als "Fehler" bezeichnet, heißt es in in einer Presseerklärung der Organisation: "Doch die Frage, wie und warum es zu dem Angriff kam, ist bis heute nicht vollständig geklärt."
Bei der Überreichung der Petition hat Deane Marchbein, US-Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen, vor dem Weißen Haus die Namen der 14 getöteten Mitarbeiter verlesen und über ihre Erfahrungen als Ärztin in einem Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan gesprochen. "Wir sind der medizinischen Ethik verpflichtet", sagte Marchbein.
Wir behandeln Personen nach ihren Bedürfnissen, unabhängig davon, ob sie auf dieser oder jener Seite eines Konflikts stehen, oder auf gar keiner Seite.
Nur so könne man medizinische Hilfe für jene leisten, die diese am dringendsten benötigen.