US-Erholung schon im Mai?

Während weltweit Ökonomen den Tiefpunkt der aktuellen Wirtschaftskrise überwiegend erst gegen Jahresende erwarten, findet der NBER-Ökonom Bob Gordon Hinweise, dass die Talsohle in den USA bereits im Mai oder Juni erreicht werden könnte.

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Gordon ist seit 1978 Mitglied des „Business Cycle Dating Committee“, das für das offizielle US-Wirtschaftsforschungsinstitut NBER (National Bureau of Economic Research) offiziell festlegt, wann eine Rezession begonnen habe und wann der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Aktivität erreicht wurde. Üblicherweise gibt die NBER ihre Einschätzung erst Monate später bekannt, und angesichts der eher einzigartigen Verfassung der Weltwirtschaft, erscheint es vermessen, exakt den Punkt bestimmen zu wollen, von dem an die wirtschaftliche Aktivität wieder zunimmt, es also wieder zu positiven BIP-Wachstumsraten kommt.

Gordon hingegen ist überzeugt, einen sehr robusten statistischen Zusammenhang gefunden zu haben, der darauf hindeutet, dass der Tiefpunkt unmittelbar bevorsteht. So wurde laut seiner Analyse dieser Tiefpunkt (trough) in vier der vergangenen fünf Rezessionen etwa vier bis sechs Wochen nach dem Höhepunkt der neuen Ansuchen auf Arbeitslosenhilfe erreicht, nur bei der fünften wurde der offizielle Tiefpunkt mit zwei Wochen nach dem Höhepunkt der Arbeitslosenmeldungen festgelegt – und ein solcher sei Gordon zufolge in der ersten April-Woche verzeichnet worden und habe in den drei darauffolgenden Wochen stetig abgenommen, kumuliert um immerhin 3,2 Prozent.

Gordon: „Recently I have discovered a surprisingly tight historical relationship in past US recessions between the cyclical peak in new claims for unemployment insurance (measured as a four-week moving average) and the subsequent NBER trough.”

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Arbeitslosenraten. Grafik: Robert J. Gordon

Das sei auch keine Tautologie, denn bei der Zeitpunktsbestimmung durch die NBER habe in den drei Jahrzehnten, in denen Gordon beteiligt war, keine der verschiedenen Statistiken zur Arbeitslosigkeit („neither new unemployment claims nor continuing claims nor the unemployment rate itself“) je auch nur geringste Rolle gespielt. Entscheidend sei auch nicht der absolute Höhepunkt an Arbeitslosen. So sei dieser bei der letzten Rezession von 2001 erst 20 Monate nach dem offiziellen Tiefpunkt erreicht worden. Bis 1982 sei dieser Höhepunkt indes mit dem offiziellen „trough“ zusammengefallen oder nur wenig später erreicht worden, während es 1991 bereits 15 Monate waren.

Gleich geblieben sei der Zusammenhang zwischen den neuen Ansuchen um Arbeitslosenhilfe und dem absoluten Tiefpunkt - und das, obwohl sich die jeweiligen Rezessionen untereinander stark unterschieden hätten.

Allerdings handelte es sich bei den Rezessionen der letzte 50 Jahre um normale zyklische Tiefpunkte. Diesmal werden Vergleiche mit der Weltwirtschaftskrise von 1930 angestellt, die wesentlich gravierender ausgefallen war als die folgenden Rezessionen, und die Datenlage lässt es zudem auch nicht zu, diesen Vorlauf-Indikator auch für diese Zeit zu testen.

Darüber hinaus war der bisherige Höhepunkt an „neuer Arbeitslosigkeit“ mit 0,49 Prozent der Gesamtbeschäftigung vergleichsweise niedrig. Die Spitzenwerte in den Rezessionen von 1973-75, 1980 und 1981-82 lagen immerhin bei 0.84, 0.73 und 0.77 Prozent – allerdings spreche das hohe absolute Niveau an Arbeitslosigkeit dafür, dass es derzeit deutlich länger dauert als früher, bis neue Arbeitslose wieder neue Jobs finden.

Gordon ist sich allerdings recht sicher, dass der Höhepunkt an neuen Arbeitslosen von Anfang April nicht noch einmal übertroffen werde: “It is always too early to make definitive conclusions, but the recent 2009 peak in new claims looks sufficiently similar to previous recession peaks to allow a conclusion that it is highly probable that the new claims peak has now occurred.”