US-Notenbank weiter auf dem Weg der Zinsnormalisierung
Die FED erhöht den Leitzins weiter, während es in Europa keine Normalisierung der Geldpolitik gibt und sich "die größte Anleihen-Blase in der Geschichte der Menschheit aufbläht"
Auch nach der absehbaren erneuten Anhebung der Leitzinsen in den USA lässt sich der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht vom Kurs der Geldschwemme abbringen. Während die US-Notenbank FED weiter auf dem Kurs einer zaghaften Zinsnormalisierung bleibt und den Leitzins nun wie erwartet um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 1,25 bis 1,5% angehoben hat, hält EZB-Chef Mario Draghi an Nullzinsen fest.
Nach den Ausreden im vergangenen Jahr hat die FED unter der Janet Yellen aber im laufenden Jahr zum dritten Mal die Zinsen erhöht. Bevor Yellen im Februar durch den Trump-Kandidaten Jerome Powell ersetzt wird, konnte sie zum letzten Mal einen Zinsentscheid der US-Notenbank erklären. Auf der Pressekonferenz erklärte sie, die Bedingungen für die Zinserhöhung seien gut.
Sie konnte zum Beispiel auf den Arbeitsmarkt verweisen. Mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 4,1% herrsche praktisch Vollbeschäftigung. Dazu wachse die Wirtschaft weiter.
Ihre Prognose konnte die FED sogar nach oben korrigieren. Für 2018 erwarten Yellen und ihre FED nun ein Wachstum von 2,5%. Bisher ging die FED nur von 2,1% aus. Für die Korrektur wird vor allem die Steuerreform von US-Präsident Trump genannt, die das Wachstum stimulieren dürfte.
Allerdings geht auch Yellen davon aus, dass die Senkung der Unternehmenssteuern und die allgemeinen Steuersenkungen die Finanzierung des Staates weiter erschweren. Deshalb hat sie auch auf die ausufernden Staatsschulden verwiesen, die nun schon auf über 20 Billionen US-Dollar angeschwollen sind. Es wird erwartet, dass sie wegen der Reform erneut um eine weitere Billion ansteigen dürften. Das ist angesichts des stabilen Wachstums eine fatale Situation. Yellen verwies darauf, dass damit auch der fiskalpolitische Spielraum angesichts einer zukünftigen Konjunkturflaute weiter verkleinert werde. Wenn dann Erleichterungen zur Ankurbelung der Konjunktur nötig wären, hätte die US-Regierung nur noch "eingeschränkte Möglichkeiten", kritisierte die FED-Chefin.
Von der Ende 2015 angekündigten "Normalisierung" der Zinsen ist aber auch FED noch immer weit entfernt. Damals hatte Yellen, als die Nullzinspolitik aufgegeben wurde, schon für 2016 eine "graduelle" Anhebung der Leitzinsen auf bis zu 1,5% versprochen. Dieser Wert ist aber auch Ende 2017 noch nicht erreicht. Eigentlich war geplant, dass der Leitzins sogar schon bei 2,5% liegen sollte. Dass dies nicht umgesetzt wurde, begründet Yellen damit, dass das Inflationsziel von 2% noch immer nicht erreicht sei. "Seit mehreren Jahren liegt die Inflation bei unter zwei Prozent und ich halte es für wichtig, sicherzustellen, dass sie nicht chronisch unterhalb unserem Ziel von 2% bleibt", meinte Yellen.
Tatsächlich ist das aber erneut nur eine Ausrede. Denn auch die offizielle Inflationsrate ist im November im Jahresvergleich auf 2,2% angestiegen. Sie lag im Oktober sogar genau auf der Zielmarke, im September 0,2 Punkte darüber und im August nur knapp darunter. Schaut man sich alle Daten des laufenden Jahres an, dann ist davon auszugehen, dass die Quote am Jahresende sogar über der Zielmarke liegen dürfte. Im Januar, Februar und März lag sie mit bis zu 2,7% zum Teil sogar schon deutlich über dem Inflationsziel.
EZB weiter im Krisenmodus
Während die USA aber wenigstens eine zaghafte Normalisierung versucht, die 2018 auch unter Powell mit drei weiteren Zinsschritten fortgeführt werden soll – abzuwarten bleibt aber, ob dies tatsächlich geschieht –, schafft der EZB-Chef Draghi den großen Spagat. Er spricht zwar von einem soliden und breit abgestützten Wachstum, obwohl angeblich die Krise auch nach Ansicht der EU-Kommission Geschichte sein soll, bleibt Draghi trotz der positiven Einschätzung weiter im Krisenmodus.
Dabei sind er und die von ihm geführte Notenbank ja sogar noch zuversichtlicher als noch vor wenigen Monaten. Nach der neuen Prognose soll der Euroraum im kommenden Jahr sogar um 2,3% wachsen und damit deutlich stärker als mit den 1,8%, von denen die EZB noch im September ausgegangen ist. Obwohl nicht nur das Wachstum so stark wie seit 10 Jahren nicht mehr ist und auch die Inflationsrate im Jahresvergleich offiziell auf 1,5% angestiegen ist, hält Draghi weiter an seinen Krisenmaßnahmen fest. "Unser Ausblick für die Zinsen ist unverändert", erklärte er seine Zinspolitik.
Allein bei der Geldschwemme über den Kauf von Anleihen wird etwas vermindert. "Wir werden unsere Anleihekäufe im Januar wie angekündigt im Volumen von monatlich 30 Milliarden Euro fortsetzen und zwar bis September oder darüber hinaus, falls das notwendig sein sollte", sagte er. Tatsächlich werden die Ankäufe zwar auf 30 Milliarden verringert, eigentlich sollte das umstrittene Programm aber schon mehrfach auslaufen. Bis zum Jahresende wird die EZB Anleihen im Umfang von 2,3 Billionen Euro mit hohen Risiken auch für deutsche Steuerzahler angekauft haben.
Nun soll munter weiter bis September oder auch darüber hinaus angekauft werden, womit der Umfang auf mindestens 2,5 Billionen ansteigt. Dass dann wirklich Schluss ist, lässt sich aus Draghis Worten jedenfalls nicht ablesen. Es sieht eher so aus, dass wieder einmal der Krisenmodus zum Normalzustand wird. Und was für die USA gilt, dass der Spielraum für eine mögliche Flaute durch die Trump-Steuerpolitik kleiner wird, gilt für die EZB-Geldpolitik noch stärker. Die befindet sich weiter tief im Krisenmodus und bei Null- und Negativzinsen gibt es kaum Spielraum, um bei der zu erwartenden nächsten Flaute stimulierend über die Geldpolitik eingreifen zu können.
Dazu kommen die allgemeinen Warnungen vor den sich aufblähenden Blasen vor allem an den Aktien und Immobilienmärkten. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank sieht inzwischen "die größte Anleihen-Blase in der Geschichte der Menschheit". David Folkerts-Landau macht auch deutlich, dass über die expansive Geldpolitik eine erneute riesige Umverteilung des Vermögens stattfindet. "Die EZB-Anleihekäufe waren gut für Vermögende, das war ein Fehler", so Folkerts-Landau. Von den stark gestiegenen Preisen für Immobilien und Aktien profitieren deren Eigentümer und dabei handele es sich auch nach Ansicht des Bankers vorwiegend um Personen mit hohen Einkommen und Vermögen. Sogar er kritisiert, dass die Politik darauf nicht reagiert und das untere Drittel der Bevölkerung vernachlässigt habe.