"Unhaltbare Zustände"

Das politische Erbe Guttenbergs: Verteidigungsminister De Maizière beklagt sich über schlechte Arbeit seines Vorgängers im Amt

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Nach Informationen des Spiegel, der sich auf Quellen unter Teilnehmern einer CDU/CSU-Fraktionssitzung beruft, hat sich Verteidigungsminister de Maizière in diesem Kreis deutlich über "unhaltbare Zustände" im Ministerium geäußert, die er von seinem Vorgänger übernommen haben soll. Guttenberg hatte bei seinem Rücktritt die lange Zeit, die er brauchte, um angesichts der schwerwiegenden Betrugsvorwürfe Konsequenzen für sein Amt zu ziehen, mit seinem Verantwortungsbewusstsein erklärt. Dazu führte er an, dass noch einmal intensiv an der Bundeswehrreform gearbeitet worden sei, damit er seinem Nachfolger ein "bestelltes Haus" hinterlasse.

Kritische Einwände gegen dieses Bild waren schon Anfang März zu lesen: Guttenberg habe eher eine "Baustelle" hinterlassen, so die Kritik, das angekündigte Sparvolumen von 8,3 Milliarden Euro lasse sich mit dem anvisierten Abbau der Truppenstärke, der zu klein ausfalle, nicht realisieren. Zugleich habe man Schwierigkeiten, die Menge an Freiwilligen, welche die Aussetzung der Wehrpflicht kompensieren sollten, zu rekrutieren, es würden sich zuwenige melden, um auf die Zielgröße von 12.000 Soldaten zu kommen.

"Das zeigt uns, dass uns die Freiwilligen nicht automatisch zufliegen", wurde ein Ministeriumssprecher zitiert. Guttenbergs Rechnung sah anders aus. Dem "politischen Großtalent" wurden in der Folge auch handwerkliche Fehler vorgehalten: "Seine Bundeswehrreform ist von so schlechter Qualität, dass man Mitleid mit der Bundeswehr haben muss", kommentierte etwa Heribert Prantl Anfang Mai.

Dass die Vorbereitungen für die Umstellung zu einer Armee der Freiwilligen unzureichend sind und das Guttenbergsche Versprechen, dass sich genug qualifizierte Bewerber finden ließen, in der Realität nicht bestätigt wird, ärgert, laut Spiegel auch den Nachfolger De Maizière. Der neue Verteidigungsminister, dessen Qualitäten, im Gegensatz zu Guttenberg, mit nüchterner Pragmatik und einem sachlich-orientierten, sorgfältigen Arbeitsstil wiedergegeben werden, soll bei der Fraktionssitzung auf "unzulängliche Planungsarbeiten" aufmerksam gemacht haben. Spitz wird hinzugefügt, dass sich De Maizière über eine "große Anzahl von Stäben im Haus" mokiert habe: "deren Sinn (habe) sich ihm nicht erschlossen (..). Ein Stab kontrolliere wohl den anderen Stab, lästerte er."

Auch der "Personalabbau" von leitenden Stellen, mit dem Guttenberg in Krisen reagierte, etwa bei der Bombenabwurf-Affäre in Afghanistan oder dem Gorch-Fock-Skandal, wird im Nachhinein als eher persönlich motiviert, denn als politisch notwendig und richtig, bewertet.