Unverbindliche Werbeaussagen
Vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen schließen CDU und SPD keine Koalitionen aus, tun aber so
Deutsche Politiker scheinen aus dem Schicksal von Andrea Ypsilanti gelernt zu haben: Die hatte vor der hessischen Landtagswahl 2008 ein Regieren mit Hilfe der Linkspartei mit so klaren Worten ausgeschlossen, dass ein anschließender Versuch, dies doch zu machen, in einem PR-Debakel endete. Gut zwei Jahre später klingt es ganz anders, wenn sich Politiker zu Koalitionsoptionen äußern, die im Wahlkampf vom politischen Gegner genutzt werden könnten:
So meint etwa der SPD-Chef Sigmar Gabriel in der heutigen Welt am Sonntag, dass Stimmen für die Linkspartei nur dem CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers nützen würden. "Niemand", so Gabriel, "behauptet ernsthaft, dass diese Partei in NRW zur Regierung fähig oder auch nur bereit ist". Dass suggeriert zwar, dass die SPD nicht mit den Linken koalieren will, schließt dies jedoch nicht kategorisch aus.
Selbiges gilt für Äußerungen der nordrhein-westfälischen SPD-Spitzenkandidatein Hannelore Kraft, die ebenfalls eine derzeitige Regierungsunfähigkeit der NRW-Linken beklagt. Denn das mit der Regierungsfähigkeit kann sich schnell ändern, wenn eine Partei nicht mehr mit nur einem Abgeordneten im Landtag vertreten ist, sondern in Fraktionsstärke zum Posten einer Ministerpräsidentin verhelfen könnte – auch wenn durch die politischen Positionen der im personellen Windschatten des ehemaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement groß gewordenen SPD-Politikern eine Koalition mit der CDU tatsächlich wahrscheinlicher ist als Rot-Rot-Grün.
In der CDU übt man sich ebenfalls in der geschickt unverbindlichen Werbeaussage: Jürgen Rüttgers meinte gestern auf einer Wahlkampfveranstaltung im sauerländischen Meschede, er "möchte" keine Koalition mit den Grünen. Die Begründung die er dafür lieferte, dürfte allerdings kaum ein unüberwindliches Hindernis in Regierungsverhandlungen sein: Ers fehle der Partei, so der CDU-Ministerpräsident, nämlich an "Demut vor den Wählern", weil sie bereits vor der Wahl begonnen habe, Kabinettsposten zu verteilen. Planspiele, die auch den derzeitigen Arbeitsminister Karl-Josef Laumann betreffen, der "Schwarz-Grün" wenig überraschend als "grausame Vorstellung" bezeichnete und mit dem Fegefeuer verglich.