Urteil sorgt für neuen Wirbel in Spaniens Bankensektor
Obwohl der Skandal um illegale Klauseln in Kreditverträgen noch nicht ausgestanden ist, drohen neue Milliardenkosten für Banken, weil sie den Kunden illegal Notarkosten aufgebrummt haben
Es kriselt erneut im spanischen Bankensektor. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs gingen Bankaktien am Donnerstag auf Absturzkurs. Die Kurse brachen um bis zu 7% ein. Auch am Freitag steht der Ibex 35 an der Madrider Börse wieder deutlich im Minus.
Die Kurse von Bankaktien, wie die der Absturzbank Bankia, sind zum Teil erneut mit fast 5% in der Verlustzone. Auf die spanischen Banken, die zum Teil mit Steuergeldern wie Bankia gerettet wurden und deren Chef die Tage seine erste Haftstrafe antreten muss, kommen nun nämlich erneut Milliardenforderungen zu.
Der Gerichtshof in Madrid hat am Donnerstag ein Urteil veröffentlicht. Demnach müssen die Geldhäuser und nicht die Kunden eines Hypothekenkredits für die notarielle Beurkundung des Darlehensvertrags aufnehmen. Diese Kosten haben die Banken, die sogar fast alle Risiken illegal auf ihre Kunden abgewälzt hatten, ebenfalls bisher den Kreditnehmern aufgezwungen.
Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass auf den spanischen Bankensektor nun Rückforderungen von etwa vier Milliarden Euro zukommen. Dazu kommt, dass sie in der Zukunft diese Kosten tragen müssen, was die Erträge belastet.
Erstaunlich ist, dass dieser Gerichtshof, der im Umgang mit Verfahren im spanischen Konflikt mit Katalonien massiv wegen erfundenen Anklagen in der Kritik steht, mit der neuen Entscheidung ein eigenes Urteil aus dem Frühjahr kassiert hat. Denn das hatte keinerlei Aussichten, vor europäischen Gerichtshöfen zu bestehen.
Zu erinnern sei daran, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Spanien schon vor zwei Jahren wegen einem Milliardenbetrug an den Kunden verurteilt hatte. Die Banken hatten illegale Klauseln in ihren Verträgen. So war bei variablen Zinsen, die in der übergroßen Zahl der Verträge vereinbart sind, ein Boden nach unten eingezogen war.
Während steigende Zinsen ungehindert an die Kunden weitergegeben wurden, was oft zu Zwangsräumungen führte, da die Familien die Zinsen nicht mehr bezahlen konnten, wurden sinkende Zinsen ab einer Grenze nicht mehr an die Kunden weitergegeben.
Neben den Banken wurde vom EuGH auch die Regierung und die spanische Justiz abgewatscht, die auch in diesem Fall klare Rechtsverstöße abgenickt hatte, weil neue Verwerfungen im spanischen Bankensektor erwartet worden waren. Mehrfach musste Spanien zudem vom EuGH aufgefordert werden, seine Gesetze endlich zu verändern. Denn auch mit einer Reform hatte die Regierung weiterhin nicht die Verbraucherrechte geschützt.
Erneut kommen die Banken nach dem Urteil nun aber mit dem Märchen, das Urteil könne nicht rückwirkend angewandt werden. Das ist natürlich absurd. Aber genau dies hatte dieser Oberste Gerichtshof den Banken einst im Fall der Bodenklausel zugebilligt, wurde aber vom EuGH gekippt. Nun sollen Verbraucherrechte teilweise über diesen Trick weiterhin ausgehebelt werden.
Die Banken hübschen zudem, weil sie die Kreditnehmer auf den individuellen Klageweg schicken, ihre Bilanzen über Jahre auf. Denn die ohnehin überlasteten Gerichte, die mit den Verfahren über die illegalen Klauseln noch Jahre zu tun haben, werden noch stärker überlastet. Einige der Kreditnehmer scheuen vermutlich den Aufwand und die Kosten, um sich die Notarkosten von durchschnittlich etwa 3.000 Euro zurückzuholen. Darauf spekulieren die Banken ebenfalls.
Geschätzt wird, dass eigentlich nun alle acht Millionen Darlehensnehmer eine Rückerstattung beantragen können. Dann könnten sich die Kosten für die Banken nach Angaben von Experten sogar auf weit über 20 Milliarden Euro ausweiten. Das könnte erneut Banken zum Absturz bringen.
Zu erinnern sei, dass die Bankenkrise mit der Banco Popular auch im vergangenen Jahr wieder Spanien erschüttert hat und Spanien zur Rettung der Bankia-Bank einst unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen musste.