Vattenfall: Was wird aus der ostdeutschen Braunkohle

Der Konzern schreibt rote Zahlen und will offenbar Braunkohlegeschäft verkaufen, Dänemark diskutiert Kohleausstieg für 2025

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Der staatliche schwedische Energiekonzern Vattenfall steckt in der Verlustzone. Schuld sind sinkender Umsatz und Abschreibungen in Höhe mehrerer Milliarden Euro, berichtet der Fachinformationsdienst IWR. Auf seiner deutschsprachigen Seite schreibt der Konzern davon, dass im dritten Quartal Abschreibungen in Höhe von umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro vorgenommen wurden, und zwar vor allem auf den konventionellen Kraftwerkspark. Konzernweit sei zudem die Produktion in den ersten neun Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7,2 Milliarden Kilowattstunden (Terawattstunden TWh) oder 5,4 Prozent zurückgegangen.

Der neue Konzernchef Magnus Hall (Monatsgehalt 127.800 Euro) kündigte Gegenmaßnahmen an: Betriebsteile, die nicht zum Kerngeschäft gehören, sollen verkauft, Investitionen überprüft und die Effizienz gesteigert werden. Auf die Beschäftigten kommen somit vermutlich harte Lohnverhandlungen zu.

"Wie andere Energieversorgungsunternehmen auch leidet Vattenfall unter schwierigen Marktbedingungen, die durch eine schwache Nachfrage, ein Überangebot an Erzeugungskapazitäten und historisch niedrige Großhandelspreise bei Strom gekennzeichnet sind."
Magnus Hall, Vattenfall

Nach einem Bericht der Wirtschaftswoche vom Mai 2014 macht dem Konzern nicht zuletzt seine niederländische Erwerbung Nuon zu schaffen, zu der eine Reihe von Gaskraftwerken gehören. Die haben bei dem niedrigen Großhandelspreisen und dem billigen Braunkohlestrom, den RWE im Rheinland produziert und über die Grenze in die Niederlande drückt, kaum eine Chance, Gewinne zu machen.

Offen ist, welche Konsequnezen die finanzielle Schieflage des Konzerns für die von ihm in Ostdeutschland betriebenen Braunkohlekraftwerke haben wird. Die neue Regierung in Stockholm möchte den Staatskonzern gerne auf den Ausstieg verpflichten, die Gretchenfrage ist allerdings, ob dieser tatsächlich zu einer Stilllegung führen würde. Bei Vattenfall heißt es in Reaktion auf entsprechende Presseberichte nur, dass man seine "Kohlendioxidexponierung" reduzieren, auf Erneuerbare umstellen und "Optionen für eine nachhaltige und neue Eigentümerstruktur seines Braunkohlegeschäfts prüfen" werde.

Der Rundfunksender RBB zitiert auf seiner Seite brandenburgische SPD-Politiker, die nach einer Schweden-Reise berichten, dass es dort im Parlament noch keine Mehrheit für eine Braunkohleausstiegs-Order gebe. Dennoch wolle Vattenfall rasch eine Entscheidung über sein künftiges Braunkohleengagement fällen, wie es aussieht, um einem Beschluss des Parlaments vorzugreifen.

Die Frage ist, ob dadurch vielleicht ein Ende der Braunkohlenutzung verhindert werden könnte. Den Landesregierungen in Sachsen (CDU/SPD) und Brandenburg (SPD/Linkspartei) wäre das sicherlich recht. Sie setzen sich für den Aufschluss neuer Tagebaue ein und hatten von der schwedischen Regierung Unterstützung gefordert. Kommunalpolitiker aus den betroffenen Regionen haben hingegen kürzlich über Parteigrenzen hinweg an die schwedische Regierung appelliert, die Nutzung auslaufen zu lassen und sich mit den genehmigten Tagebauen zu begnügen. Sollte Vattenfall aber vor einem entsprechenden Parlamentsbeschluss Kraftwerke und Tagebaue an einen neuen Eigner abstoßen, dann müsste dieser natürlich nicht auf die schwedischen Volksvertrer hören.

Derweil hat Dänemark bereits seit einiger Zeit einen Beschluss, bis 2030 aus der Kohle gänzlich auszusteigen. Nun hat der dänische Umweltminister Rasmus Petersen von der sozialliberalen Partei Radikale Venstre (Radikale Linke) eine Diskussion angestoßen, dieses Datum auf 2025 vorzuverlegen, wie die Copenhagen Post schreibt. Der sozialdemokratische Koalitionspartner reagiert allerdings bisher skeptisch, Industrie und rechtsliberale Opposition, die in Dänemark interessanter Weise auf den Namen Venstre (Linke) hört, erst recht.