Virtuell in Quarantäne

Wenn jetzt Microsoft seinen Angestellten Homeoffice verordnet und wir auch bald alle zu Hause in Quarantäne bleiben sollen, stellt sich die Frage danach, was begrenzter Aufenthaltsraum heute sein kann

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Es war dieses Gespräch mit meiner Frau am Wochenende. Sie an der Wand der Küche gelehnt, ich am Küchentisch sitzend, eigentlich den Wochenendeinkauf besprechend. Und gerieten wir in das Thema, das alle derzeit mindestens so oft berühren wie ihr eigenes Gesicht. Corona. Ansteckung. Quarantäne. Dass nur ein Verdachtsfall in einer der Klassen unserer Kinder genügen wird und wir dann als gesamte Familie in Quarantäne landen werden. Mindestens 14 Tage. Und wenn wir dann wieder davon heraus kämen, dass dann vielleicht gleich das nächste Kind oder man selbst im Job einer Ansteckung ausgesetzt sein könnten. Und dann fängt das Spiel wieder von neuem an.

Wir sprachen nicht so sehr über die Auswirkungen der Krankheit, fühlen uns ja im Augenblick zumindest im Hinblick auf unsere Kinder relativ sicher, können unsere Angst um die eigene Person trotz deutlich zweiter Lebenshälfte in Grenzen halten. Nein, es ging mehr darum, dass eine Quarantäne wie eine Zwangseinweisung in die eigenen vier Wände sein wird. Und dass man dann für mindestens 14 Tage darin gefangen sein wird. Netflix hin, Online-Shopping und Delivery her. Die Welt ist dann noch einmal auf das verengt, was wir als Mitteleuropäer eh schon kennen: 94 Prozent unserer Lebenszeit verbringen wir in Gebäuden und dann eben nur noch in einem. Zu 100 Prozent.

Derweil bekommen Uber-Fahrer 14 Tage Urlaub, wenn sie wegen einer COVID-19 Erkrankung zuhause bleiben müssen. Die SXSW wurde wie viele Veranstaltungen gecancelt, iPhone11 Ersatz wird knapp. Und neben Microsoft, deren Mitarbeiter in Redmond auch Homeoffice angeordnet bekommen haben, schloss das Büro von Facebook in London bis auf weiteres. Mehr und mehr um uns herum bleiben aus dem öffentlichen Leben und deren analoger Plätze fern. Umso mehr beginnen jetzt, sich in den eigenen vier Wänden einzurichten und sich zu verkriechen. Ob freiwillig oder nicht.

Ich frage mich, ob es denen, die sich tagtäglich in virtuellen Räumen aufhalten und das Netz als ihre eigentlich Heimat sehen, schwerer fällt, sich in Quarantäne zu begeben. Wenn man wie unsereins seit Mitte der 90er einen großen Anteil seines Tages in Mails, Livemeetings, auf Websites und in Chats verbringt, die zunehmend eine eigene räumliche Qualität entwickelten, dann wird man vielleicht die Verknappung auf einen analogen einzigen Platz gar nicht stark erfahren. Es ändert sich in einem schon immer bestehenden Homeoffice wenig, wenn man nun angeordnet seine Zeit darin verbringt und online geht.

Es müsste uns allen, die wir keine Minute ohne Maus und Tastatur leben, viel leichter fallen, diese Wochen zu überstehen. Weil Echtraum sich eben nicht nur in der eigenen Wohnung manifestiert. Sondern in Bits & Bytes.

Ich muss hoffentilch diesen Beweis nicht antreten.