Warum die Maschinen bluten

Michael Bay inszeniert mit Hilfe leistungsstarker Computer "Transformers 3"

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Die Roboter haben das Kino unterworfen. Als Teil eines bösen Plans, um alle Zuschauer der Welt zu unterwerfen, haben sie alle existierenden Science-Fiction-Universen der Pop-Kultur zusammengebaut und transformiert, haben George Lucas mit Steven Spielberg, mit dem "Herr der Ringe", mit "Matrix", mit "2001", mit "Star Trek", mit "Babylon 5" und vielen mehr zu einer immer stärkeren Einheit verschmolzen - davon erzählen die "Transformers 3".

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Man muss nicht mehr darüber diskutieren, ob die wahren Sympathien des Filmregisseurs Michael Bay eher bei den Maschinen liegen oder eher bei den Menschen. Es ist offensichtlich, dass sich Bay, seit er Filme macht, mit der Technik und der eskalierenden Abschaffung des Menschlichen identifiziert, mit Bomben und Robotern, mit Kameras und Computern, dass er insofern ein genuin postmoderner Regisseur ist, als sich für ihn die Frage nach dem Tod des Subjekt gar nicht mehr stellt, weil das Subjekt in seinen Filmen nie gelebt hat.

Konsequenterweise erzählt der dritte Teil der "Transformers" nun vor allem von Menschen, die immer maschinenähnlicher werden. Etwas überraschender ist, dass es hier auch um Maschinen geht, die sich den Menschen annähern. Man kann, anders gesagt, Michael Bay manchmal auch mit einer Festplatte verwechseln. So oder so aber ist "Transformers 3" einer seiner besten Filme.

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Körper umbauen, Identitäten wechseln und aufgeben, größer werden und zu immer stärkeren Einheiten verschmelzen - das sind, wenn man Patenkindern Glauben schenken darf, die wesentlichen Essenzen der "Transformers", jener Spielzeugfranchise, die einen, der dafür zu alt ist, am Fortbestand der menschlichen Zivilisation zweifeln lässt, aber am Ende wahrscheinlich auch nur ein neuer Weg ist, mit dem sich Kinder der Welt der Erwachsenen entziehen.

Die blödsinnige Geschichte handelt von zwei außerirdischen Robotervölkern, die auf der Erde getarnt leben - die Guten sind die Autobots, sie mögen Freiheit, wie die Amerikaner und tarnen sich als Autos, eben wie Amerikaner. Die Bösen sind die Decepticons. Die können fiese Toaster sein, schurkische Computer, die nicht tun, was sie sollen oder einfach die deutsche Bahn, die mal wieder eine "Störung im Betriebsablauf" hat.

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Roboter haben hier - im Gegensatz zu Menschen - Gesichtsausdruck und bluten dunkelrotes Öl. Einer der neuen Roboter heißt Rosie Huntington-Whiteley. Er ist ziemlich schlecht getarnt als britisches Unterwäschemodel und gut erkennbar an seinem sterilen Gehabe. Weil das digital ist, kann es uns nicht weiter beunruhigen, aber eben auch nicht faszinieren.

Die eigentlich interessante Frage ist hier also nicht, ob Bays Sympathien eher bei den Maschinen liegen, sondern: bei welchen Maschinen? Sie stellt sich gerade in "Transformers", handelt das Ganze doch gar nicht so sehr vom Kampf der Maschinen gegen die Menschen, sondern vom Kampf der Maschinen gegeneinander.

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Alle Bilder: Paramount Pictures

Die Antwort auf diese Frage ist wahrscheinlich, dass Bay selbst nicht so genau weiß, ob er sich mit einem Deception identifiziert, der die Zivilisation mit Hilfe der Technik unterwerfen will oder doch eher mit einem Autobot, der sie verbessert, und sich letztendlich als Diener des Menschlichen sieht.

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Man muss Michael Bay nicht mögen (wer mag schon Michael Bay?), aber man muss ihn wohl doch akzeptieren. Michael Bay ist wie seine Fans: grob, vulgär, dumm, reaktionär; Bay liebt das Militär, und er liebt Amerika in seiner dümmsten, geschmacklosesten, reaktionärsten Variante, er liebt George W. Bush, und er scheut sich nicht davor, schlechte Witze über 9/11 zu machen.

Aber manchmal ist er eben auch einfach ein Begeisterter, der uns etwas zeigen möchte, ein Bildwissenschaftler des Kinos, ein Filmemacher, der die Idioten-Blockbuster-Formel aus reiner Lust derart übertreibt, dass plötzlich Autorenkino daraus wird. Ein inkoherenter, nervtötender Exzess, der aber eine ganz eigensinnige Filmsprache hat: Einen Bay-Film erkennt man auf große Entfernung.