Wenn die NSA per Spielkonsole ins Schlafzimmer schaut
Dass die NSA alle Möglichkeiten nutzt, um grundsätzlich alle Möglichkeiten auszubeuten, führt direkt zu den Möglicheiten, die eine Microsoft Kinect bietet, um Privatestes auszuforschen
Die Unverletzlichkeit der Kommunikation wurde in Zeiten des großen Cyberkrieges des frühen 21. Jahrhunderts bereits zum zivilen Kollateralschaden erklärt. Security-Guru Bruce Schneier spricht von offensiver Cyberkriegsführung der USA auf der ganzen Welt, wie aus der Presidential Policy Directive 20 vom Oktober 1012 hervorgeht, die zusammen mit anderen Geheimdokumenten von Edward Snowden veröffentlicht wurde. Unverletzlich sollte die Kommunikation, zumindest in der Theorie, auf nationalem Boden sein (was in den Praxis so auch nicht stimmt). Außerhalb der unmittelbaren Grenzen der USA macht die NSA erklärtermassen, was sie will.
So werden sämtliche Kommunikationsmittel des Restplaneten genutzt, um der letzten verbliebenen Supermacht eben diesen Status zu erhalten. Und wenn sich der erwähnte Restplanet weiter so lustlos dagegen wehrt, könnte der Plan aufgehen, die Information nicht nur als das Öl, sondern auch als das spaltbare Uran des 21. Jahrhunderts zu etablieren. Wer mehr von diesem wichtigsten Rohstoff unserer Ära kontrolliert, siegt im kalten Cyberkrieg.
Jetzt hat die überwiegend kooperative US-IT-Industrie eine weitere großartige Möglichkeit geschaffen, um das "information mining" bis in die Wohn- und Schlafzimmer des Restplaneten zu tragen: Moderne Videospielkonsolen (und womöglich ihre blassere Verwandtschaft, die Smart-TVs) verfügen über Kameras, Mikrofone und die ins Betriebssystem kodierte Eigenschaft, alles Gesehene und Gehörte immer zur Zentrale zu melden. Zu rein statistischen Zwecken, wie uns Microsoft versicherte, als diese geradezu unhöfliche Neugier an der Xbox One Kinect festgestellt wurde. Etwa, um Bonuspunkte an Videogamer zu vergeben, wenn diese auch brav sitzen bleiben, während im TV-Programm Werbung eingeblendet wird. Oder um der NSA eine tieferes Eindringen in die feindliche Privatsphäre des Restplaneten zu ermöglichen?
Nicht in den USA jedenfalls, wie US-Juristen beteuern. Sehr wohl aber überall sonst, was in Verbindung mit Gesichts- und Mimikerkennung (wer hat da grade während der Osama-Bin-Laden-Doku gelächelt?), mit Pulsschlag- und Hautrötungserkennung zu präziseren Persönlichkeitsprofilen (oder Erfassung persönlicher, kompromittierbarer Pornogewohnheiten) führen kann als eine Mobilitätsdatenanalyse.
Zumal die NSA den Kreis der Verdächtigen inzwischen offiziell auf drei Schritte vom Urprung ausgeweitet hat. Das bedeutet, dass nicht nur der mutmaßliche Terrorist (das schließt nach Aussagen von US-Politikern auch kritische Journalisten mit ein, womöglich sogar den sehr bescheidenen Verfasser dieses Beitrags und seine Kollegen) im Brennpunkt des besonderen Interesses steht, sondern auch dessen Email-, Facebook-, Twitter-, Google+, Chat- oder Telefonkontakte (erster Schritt), sowie deren Kontakte (zweiter Schritt) und die Kontakte der Kontakte der Kontakte (dritter Schritt). Wir wissen schon länger, dass jeder Mensch auf der Erde mit jedem anderen über maximal sechs Schritte bekannt ist. Über Facebook sind es 4,7 Schritte.
Wir können also davon ausgehen, dass wir alle (mindestens drei Schritte, eher mehr) in den unablässig wachenden Augen der NSA verdächtig sind, und dass alles, was wir in Gegenwart eines internet- oder mobilfunkfähigen Geräts sagen oder tun, gegen uns verwendet werden kann und wird. Keine Missverständnisse hier: Die Microsoft Xbox One Kinect ist nur ein Mosaikstein. Was kann man also tun, um diese Möglichkeiten auszuschließen? Auch die, dass im Geräte-Stand-By Heimliches vor sich geht? Den Stecker ziehen. Am besten den der NSA.