Widerstand gegen Rekommunalisierung der Verteilnetze
Das Beispiel Berlin zeigt, dass eine Korrektur der Privatisierungen der ehemals kommunalen Strom- und Gasnetze nicht einfach sein wird
Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat die für September anstehenden entscheidenden Gespräche um die Neuvergabe der Konzession für das Berliner Stromnetz gestoppt. Dabei wäre Eile geboten, denn zu 2015 läuft die bisherige Konzession aus. Zwar besteht die Möglichkeit den alten Vertrag noch um ein Jahr zu verlängern, aber nachdem die Diskussion um die Neuvergabe schon seit einigen Jahren mit großer Beteiligung der Öffentlichkeit läuft, ist es schon besonders peinlich, dass die Berliner Politik sich auch 3 Monate vor dem Vergabetermin immer noch nicht entscheiden mag.
Überhaupt ist sie auf das Thema anscheinend erst durch die Initiative Bürgerenergie Berlin aufmerksam geworden. Die hatte sich 2012 gegründet, um das Auslaufen der Konzession mit Vattenfall für einen Neubeginn zu nutzen. Gewinne aus dem Netzgeschäft sollen nicht weiter einfach in die Konzernkassen abfließen, sondern mit ihnen Projekte finanziert werden, die in der Hauptstadt für mehr Effizienz in der Energienutzung und einen größeren Anteil an Erneuerbaren, im bisher sehr kohlelastigen Strommix der Stadt sorgen. Dass der Netzbetrieb sehr lukrativ ist, zeigen Vattenfalls Netzgewinne daraus, 2013 waren es 120 Mio. Euro.
Die Entscheidung zum Stopp des Vergabeverfahrens erstaunt umso mehr, als die Bieter schon vor eineinhalb Jahren nachweisen mussten, dass sie in der Lage sind, ein Stromnetz zu betreiben. Größte Skepsis gab es dabei vor allem gegen die Genossenschaft, die aber einen ganz pragmatischen Ansatz verfolgt: Warum alles neu aufbauen, wenn doch die kompetenten Mitarbeiter bereits vorhanden sind? Vattenfall hatte es seinerzeit beim Kauf der Berliner Bewag ähnlich gemacht. Die Bürgerenergie Genossenschaft sieht jetzt vor, dass die bisherigen Mitarbeiter übernommen werden; nur der Fokus des Geschäfts soll nach dem Konzessionswechsel auf ein ökologisch und nachhaltiges Energiesystem gerichtet sein.
Der Grund für den jetzigen Abbruch der Vergabeverhandlungen liegt wohl in einem Intervenieren des Koalitionspartners CDU und dessen Kritik an einer geplanten "Change of Control"-Klausel in den Neuverträgen. Damit will sich der Senat ein Vetorecht vorbehalten, für den Fall, dass ein Konzessionär weiterverkauft wird oder neue Teilhaber einsteigen.
Die gleiche Klausel sollte auch Bestandteil der ebenfalls anstehenden Neuvergabe des Berliner Gasnetzes werden, das zur Zeit von der Gasag betrieben wird. Einem Unternehmen mit traditionellem Namen, das aber nur noch vordergründig ein "Berliner" Betrieb ist. Seit der Privatisierungswelle der 90er wechselte es in Konzernhand von E.ON Energy Sales, einer Beteiligungsgesellschaft von GDF Suez und natürlich: Vattenfall. Damit sich soviel Konzernlastigkeit nicht auch noch negativ auf das Bieterverfahren um das Stromnetz auswirkt, wurde dort der Name "Vattenfall Europe Distribution Berlin" in "Stromnetz Berlin GmbH" geändert, denn seit seinen Preiserhöhungen hat er sowieso schon ein ausgeprägtes Imageproblem in der Stadt.