Zaghafte erneuerbare Schritte in Spanien
Mit der Versteigerung neuer Lizenzen für Stromerzeugung über Wind und Biomasse lässt sich der stark gestiegene Kohleverbrauch aber nicht kompensieren
Die Parlamentswahlen im vergangenen Dezember in Spanien sind vorbei, weshalb die extrem schwierige Regierungsbildung ansteht. Deshalb darf als Zeichen an mögliche Koalitionspartner gewertet werden, dass die regierende konservative Volkspartei (PP) erstmals wieder Konzessionen für Windstrom und Biomasse versteigert hat. Sie hat ihre absolute Mehrheit verloren, stürzte auf nur noch knapp 29% ab und benötigt Partner, die ihre Energiepolitik bisher heftig kritisiert haben. Die PP hatte bei erneuerbaren Energien eine Vollbremsung hingelegt, ein fast vierjähriges Moratorium 2012 gestartet und derweil die umstrittenen rückwirkenden Kürzungen der Einspeisevergütungen vorgenommen, um das hohe Haushaltsdefizit zu begrenzen.
Nun wurden erstmals wieder Windstrom-Lizenzen für 500 Megawatt (MW) und 200 Megawatt für Biomasse vergeben. Geplant war diese Versteigerung eigentlich schon vor den Regionalwahlen im Mai, doch dann wurde der Termin immer wieder bis ins neue Jahr verschoben. Der Andrang war entsprechend groß. Und es war erstaunlich, dass die großen spanischen Energieversorger Iberdrola, Gas Natural Fenosa, Endesa leer ausgingen.
Die kleinere Anbieter Energías Eólicas de Aragón, EDP und Jorge Energy erhielten die Zuschläge für Windstrom und Ence und Forestalia für die Stromerzeugung aus Biomasse. Die Nachfrage war auch deshalb so groß, weil viele Anbieter schon seit Jahren in den Startlöchern stehen und für längst gekaufte Anlagen auch Kredite abzahlen müssen. Deshalb gingen die Lizenzen sogar weg, ohne dass für den eingespeisten Strom eine zusätzlich Vergütung gezahlt werden muss. Der Strom aus diesen Anlagen wird zu üblichen Marktpreisen verkauft. Die Unternehmen gehen davon aus, auch so gewinnbringend arbeiten zu können, obwohl die Preise für fossile Energieträger wie Öl, Gas und Kohle enorm gesunken sind.
Alle Experten sind sich einig, dass Spanien nun wieder erhebliche Anstrengungen unternehmen müsste, um das EU-Ziel zu erreichen, bis 2020 insgesamt 20% der gesamten Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen. Spanien ist durch das Moratorium weit zurückgefallen und der einstige Vorreiter wurde beim Windstrom derweil sogar schon von Schweden abgehängt. Geplant ist nun, bis 2020 weitere 6,4 Gigawatt (GW) an neuer Windkraftleistung zuzubauen.
Ob das reicht, um die Ziele zu erfüllen, darf bezweifelt werden. Denn in der schweren Wirtschaftskrise seit 2007 ist zwar der Ausstoß an Klimagasen zunächst zurückgegangen, doch er wird mit der erwarteten wirtschaftlichen Erholung wieder zunehmen. Ohnehin war Spanien vor der Krise sogar Weltmeister beim Verstoß gegen das Kyoto-Klimaprotokoll. Fatal ist der Trend, dass Spanien immer mehr extrem klimaschädliche Kohle zur Stromerzeugung einsetzt, obwohl sich auch die konservative Regierung auf eine "Dekarbonisierung" verpflichtet hat, wie sie beim G-7-Gipfel beschlossen wurde.
Doch Anspruch und Realität gehen in Spanien immer weiter auseinander. Schaut man sich die Zahlen des spanischen Netzbetreibers "Red Eléctrica de España" (REE) an, dann fällt auf, dass 2015 die Kohle zur Stromerzeugung wieder mit 20,3% an die zweite Stelle hinter der Atomenergie (21,9%) vorgerückt ist. Im Vorjahr lag der Windstrom noch mit 20,3% auf Platz zwei, während die Kohle nur zu 16,4% beteiligt war. 2015 wurden 23% mehr Kohle zur Stromerzeugung verbrannt als noch im Vorjahr. Da die Erzeugung durch Wasserkraft enorm um 28% auf einen Anteil von nur noch 11% eingebrochen ist, wurde angesichts des Ausbaumoratoriums für Erneuerbare verstärkt auf klimaschädliche Kohle zurückgegriffen.
Dabei hätte man auch auf das stark untergenutzte Netz aus hochwertigen Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung zurückgreifen können, die mit Gas betrieben werden. Damit hätte deutlich klimafreundlicher der Strombedarf gedeckt werden können. Ihr Anteil an der Stromversorgung blieb aber praktisch gleich. Trugen die Anlagen 2014 zur 10,3% zur Stromerzeugung bei, waren es 2015 nur 10,6%. Aus reinen Kostengründen wurde sich für das klimaschädliche Verhalten entschieden. Denn der Kohlepreis war durch die Nachfrageschwäche in China enorm gesunken.