"Zeitbomben" auf den Finanzmärkten
Angesichts der Zahlungsunfähigkeit von Dubai World warnt sogar Ackermann vor weiteren Erschütterungen
Der Deutsche-Bank-Chef ist vorsichtiger geworden, denn lange Zeit hatte er versucht, die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise klein zu reden. So hatte er im Juli 2008 den "Anfang vom Ende der Finanzkrise" beschworen. Doch zwei Monate später legte die erst richtig mit der Pleite der Lehmann Brothers los. Nun gehört Josef Ackermann zu denen, die vor zu viel Optimismus angesichts der Dauerpredigt vom Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise warnen. Beeindruckt hat ihn dabei das Debakel in Dubai. Deshalb habe er auf dem Konjunkturgipfel bei Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch gemahnt, es werde wohl zu weiteren Erschütterungen auf den weltweiten Finanzmärkten kommen. Dass wegen der Dubai-Krise gerade der Essener Bauriese Hochtief den für heute geplanten Börsengang seiner Infrastruktur-Tochter abgesagt hat, ist eine Auswirkung der letzten Erschütterung.
Offenbar ist es Ackermann tief in die Knochen gefahren, dass der Staat Dubai nicht für die Verluste des staatseigenen Konglomerats Dubai World haften will. Das könnte Schule machen, so dass nicht mehr jeder Staat ein komfortables Rettungsnetz aufspannt. So könnten auch andere, wie der Finanzminister Dubais, darauf hinweisen, dass Anleger ihren Teil der Verantwortung für die eingegangenen Risiken tragen müssten. Erwartet wird, dass auch die Deutsche Bank von Ausfällen in Dubai betroffen sein wird.
Neben der Dubai-Krise und den bekannten schweren Finanzproblemen Griechenlands tickten aber "noch einige Zeitbomben", habe Ackermann gesagt, wie aus Regierungskreisen durchgesickert ist. Möglich ist also ein Staatsbankrott mitten in Euroland. Angesichts der Rekordverschuldung von Griechenland kann eben nicht ausgeschlossen werden, dass auch Griechenland auf die Liste gesetzt wird, die von Island angeführt wird. Das Land wird mit einem Schuldenstand von knapp 125 % der Wirtschaftsleistung Italien übertreffen und den höchsten Fehlbetrag aller Euroländer aufweisen. Genaues weiß man angesichts geschönter Zahlen aus Athen nicht. Kürzlich hatte der neue sozialistische Finanzminister George Papakonstantinou erklärt, das Defizit werde in diesem Jahr 12,5 % ausmachen und damit mehr als doppelt so hoch ausfallen, wie von der abgewählten konservativen Regierung zuvor angegeben worden war. Weil das Land nur noch wenig Kreditwürdigkeit besitzt, werden die Schulden auch immer teurer.
Ist Griechenland also ein kleines Land, in denen es laut Ackermanns Einschätzung noch zu Erschütterungen kommen kann? So klein ist Griechenland aber nicht und wieso könnte es nicht auch Spanien, Irland oder Großbritannien sein? Deren Verschuldung schnellt ebenfalls in die Höhe und sie schaffen es nicht einmal, mit ihren Stützungsmaßnahmen ein Minimalwachstum herbeizudopen. Spanien liegt mit schon fast 20 % Arbeitslosigkeit abgeschlagen auf den letzten Rang in der EU. Während diese in Deutschland im November leicht gesunken ist, stieg sie in Spanien weiter an.
Doch auch in der ungelösten US-Immobilienkrise sieht sogar Ackermann weiterhin ein großes Problem. Klar ist, dass sich die Kreditausfälle in den USA analog zur steigenden Arbeitslosigkeit entwickeln. Die ist mit über 10 % erwartungsgemäß weit über die Marke geschnellt, die im so genannten Bankenstresstest als "Worst-Case-Szenario" mit höchstens 8,9 % angegeben wurde.
Dies drückt sich deutlich im Konsum aus, die wesentliche Stütze der US-Wirtschaft. Da überrascht eigentlich, wenn die "Experten" erstaunt sind, dass das Vertrauen der Unternehmen sinkt. Der Index für den Dienstleistungssektor des Institute for Supply Management (ISM) fiel von 50,6 Punkten im Oktober auf 48,7 Punkte. Hatten die Experten einen Anstieg auf 51,5 erwartet, ist das Vertrauen der Unternehmen auf den niedrigsten Stand seit vier Monaten gefallen. Wie wichtig der Index ist, zeigt sich daran, dass etwa 80 % der Wirtschaftsleistung über Dienstleistungen erbracht werden. Mit Spannung wird deshalb heute der neue US-Arbeitsmarktbericht erwartet.