19 Jahre Guantánamo: Ein fortgesetzter Angriff auf die Demokratie
Das Jubiläum des US-Lagers ist ein Beispiel für andauerndes staatliches Unrecht und Straflosigkeit, an das sich nur wenige erinnern und erinnern wollen
Noch immer werden unter dem Vorwand des "globalen Krieges gegen den Terror" 40 Menschen in dem US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba festgehalten. Sie haben nie einen Gerichtsprozess erhalten, es gibt keinen Schuldspruch und so müssten diese Menschen nach bürgerlichem Standpunkt eigentlich als unschuldig gelten. Daran erinnerte die Menschenrechtsorganisation Amnestie International nicht zufällig am gestrigen 11. Januar 2021.
Schließlich jährt sich an diesem Tag zum 19. Mal die Eröffnung dieses irregulären Lagers im völkerrechtlich von den USA besetzt gehaltenen Teil von Kuba. Amnesty International richtet die klare Forderung an den designierten US-Präsident Joe Biden, das Lager endlich zu schließen. Beigefügt hat Amnesty International ihrem aktuellen Bericht über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in diesen Lager.
19 Jahre staatliches Unrecht – auch mit Unterstützung deutscher Politiker
AI erinnert daran, dass Biden im Februar 2009 als Vizepräsident von Obama erklärte: "We will uphold the rights of those who we bring to justice. And we will close the detention facility at Guantánamo Bay." ("Wir werden die Rechte derjenigen wahren, die wir vor Gericht bringen. Und wir werden das Gefangenenlager in Guantánamo Bay schließen") Nur muss man hinzufügen, dass Biden danach noch 7 Jahre Vizepräsident war und Guantánamo gibt es bis heute.
Daher ist auch zu befürchten, dass sich ohne einen starken außerparlamentarischen und zivilgesellschaftlichen Druck daran auch in den nächsten vier Jahren nichts ändern wird. Zu hoffen, unter Biden wären die Bedingungen für eine Schließung von Guantánamo besser, sollte sich nach den Erfahrungen von acht Jahren Obama-Regierung verbieten. Daher müsste der Druck auf jeden Fall weltweit viel stärker sein.
Es ist schon auffallend, dass außer Amnesty International kaum jemand an diesen vom Standpunkt der Demokratie traurigen 19. Jahrestag von Guantánamo erinnert hat. Die Menschenrechtsorganisation hatte am vergangenen Samstag in Bremen Mahnwachen organisiert. Bremen war sicher nicht zufällig gewählt.
Schließlich lebt dort Murat Kurnaz, dessen Schicksal als Guantánamo-Häftling in Deutschland eine gewisse Beachtung gefunden hat. Allerdings ist davon heute wenig übriggeblieben. Dass der ehemalige Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier mit dazu beigetragen hat, dass Kurnaz länger in dem Lager bleiben musste, war nur selten ein Thema, als der SPD-Politiker Bundespräsident wurde.
Er entschuldigte sich dafür auch nie. Steinmeier wird in der Regel auch nie daran erinnert, wenn er wieder einmal eine seiner salbungsvollen, pathetischen Reden über Freiheit und Demokratie hält.
Wie einen 20. Jahrestag von Guantánamo verhindern?
In dem Aufruf von AI wird richtig betont, dass 19 Jahre Guantánamo auch fast zwei Jahrzehnte staatliches Unrecht und Straflosigkeit bedeutet. In einem Absatz wird daran erinnert, dass der ehemalige Präsident Obama nach seiner Amtseinführung im Januar 2009 versprach, das Gefangenenlager binnen Jahresfrist aufzulösen. Im November 2009 räumte er ein, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne.
Anfang 2011 gestand die US-Regierung ein, dass die Auflösung des Lagers nicht mehr auf der Agenda stehe. Auch die umstrittenen Militärkommissionen wurden wieder eingesetzt, das Strafmaß reicht bis zur Todesstrafe. Dabei werden auch Geständnisse verwendet, die unter Folter entstanden sind. Gefangene wurden genötigt, Papiere zu unterschreiben, in denen sie erklären, keine juristischen Schritte gegen den US-Staat einzuleiten. Foltervorwürfen gegen Verantwortliche wurde bis heute nicht nachgegangen.
In den USA gab es vor einigen Wochen einen längeren New York Times-Artikel, in dem ein Teil der langjährigen Guantánamo-Insassen vorgestellt wurde und sie Gesicht und Namen bekamen. Das könnte auch eine Chance für eine zivilgesellschaftliche Bewegung sein, die tatsächlich verhindert, dass es einen traurigen 20. Jahrestag von Guantánamo gibt.
Gerade nach dem Riot im und vor dem Kapital in Washington wurde so viel vom Angriff auf das Kapitol als "Herz der Demokratie" gefloskelt. Dabei ist die Existenz und der Weiterbetrieb von Guantánamo ein fortdauernder Angriff auf die Menschenwürde der dort inhaftierten Menschen. Das Kapitol hat die Inhaftierung in Guantánamo wie so viele andere repressive Maßnahmen, die Menschen in den USA und über Kriege auch in aller Welt betreffen, gedeckt.
Wenn eine zivilgesellschaftliche Bewegung in den USA und global sich das Ziel setzen würde, Guantánamo darf kein 20jähriges "Gedenken" haben und ein Internationales Gremium nach dem Vorbild des Russel-Tribunals bilden würde, um die Jahre der Rechtlosigkeit im Lager aufzuarbeiten, dann wäre das ein kleiner Beitrag für den Kampf der Demokratie.
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