20 Prozent scheitern am Wechseln einer Glühbirne
Eine Umfrage unter britischen Bürgern scheint eine erstaunliche Unkenntnis einfacher handwerklicher Tätigkeiten zu offenbaren
Es gibt mitunter skurrile Umfragen bzw. solche, die skurrile Ergebnisse haben. Ob man sie für ernst nehmen soll, ist natürlich eine Frage, zumal nicht klar ist, ob sich die Befragten nicht einen Spaß geleistet haben oder eine schräge Auswahl erfolgt ist. Also wollen wir glauben, dass 20 Prozent der Erwachsenen keine Glühbirne wechseln und sich kein Ei kochen können?
Es ist eine Umfrage des Versicherungskonzerns Aviva, der 2.004 Erwachsene in Großbritannien über ihre Kenntnisse über die Lösung von alltäglichen Problemen im Haushalt bzw. ihre grundlegenden Fertigkeiten befragen ließen. Ob dies repräsentativ ist, geht aus den Angaben nicht hervor. Offenbar sind viele Menschen ein wenig fremd in ihrem eigenen Haushalt und darauf angewiesen, von Helfern und Dienern versorgt zu werden. Man könnte auch meinen, dass sich manche einfach darauf fixieren, von bestimmten Dingen nichts wissen wollen, die einfach vorhanden sein und funktionieren sollen, also von selbstverschuldeter Unmündigkeit.
Schließlich sollte jeder eine Birne aus der Halterung schrauben und eine neue einsetzen können. Expertenwissen ist auch nicht nötig, Wasser aufzukochen und für ein paar Minuten ein Ei einzulegen. Nun gibt es freilich Eierkocher, die ein bisschen was von der Verantwortung abnehmen, und nicht alle mögen Eier, beim Wechseln von Birnen ist man aber dann doch von der Entrücktheit der Menschen überrascht, die hilflos oder sich vorbereitend ins Zeitalter der Smart Homes hineinwachsen, wo ihnen alle Wünsche von intelligenten Systemen als den neuen Dienern erfüllt werden sollen, die damit die Macht über den Alltag im Haushalt übernehmen.
Aber es kommt noch schlimmer. Ein Drittel kann ohne Rezept angeblich kein Essen zubereiten. Und 41 Prozent wissen nicht, was tun, wie sie einen Fleck auf der Kleidung entfernen können, wenn sie beim Essen kleckern. Wenn es um die etwas schwereren Dinge geht, sieht es noch düsterer aus. Gerade einmal 37 Prozent wollen noch in der Lage sein, einen Reifen zu wechseln. Wer da noch von Do-it-Yourself-Kultur sprechen will, tut sich schwer, auch wenn die Baumärkte weiterhin voll zu sein scheinen.
Bei Aviva ist man über die Kenntnismängel auch erstaunt, die die Umfrage offenbart hat, will die möglichen Kunden aber nicht verärgern, die ja Versicherungen kaufen sollen, um Schäden beheben zu lassen: "Wir wissen auch, dass die Menschen sehr beschäftigt sind", sagte Adam Beckett. "Auch wenn wir Lust daran haben, Dinge selbst zu machen, schätzen wir dennoch die Möglichkeit, hin und wieder Dinge von einem Experten machen zu lassen. Das ist besonders so bei denjenigen mit beanspruchenden Jobs." Handwerker werden wohl damit nicht gemeint sein, was auch schon einen Dünkel der Weißhemden offenbart.
Irgendwie scheint die Vermittlungsebene der Familie allmählich auszufallen. 50 Prozent gaben bei Mehrfachnennungen an, sie hätten durch Versuch und Irrtum gelernt, eine Aufgabe im Haushalt zu lösen, 45 Prozent nannten den Vater, 35 Prozent auch die Mutter. Schule und Fernsehen sind marginal. Wenig verwunderlich übernimmt das Internet bei den jungen Menschen eine pädagogische Funktion, die früher wohl meist von den Eltern und Freunden ausgefüllt wurde. 40 Prozent der Unter-25-Jährigen sagen, sie würden im Internet nach Do-it-Yourself-Anleitungen Ausschau halten, in Büchern schauen nur 20 Prozent nach, ist aber auch umständlicher, weil man sie vielleicht erst kaufen oder ausleihen muss, dazu muss gelesen werden, während online mit Videos Schritt für Schritt vorgeführt wird, wie man vorgehen soll.
18 Stunden wöchentlich verbringen die Menschen durchschnittlich mit Haushaltsarbeiten, die Frauen mit 21 deutlich mehr als die Männer mit 15 Stunden, die sich mit Kochen, Putzen, Waschen oder Bettenmachen nicht so gerne beschäftigen. Dabei steigt die Zahl der Männer, die nicht arbeiten, während die Zahl der Frauen, die arbeiten, kontinuierlich zunimmt. In 26 Prozent der Haushalte ist bereits die Frau die Hauptverdienerin. Mit Kindern nimmt der Zeitaufwand natürlich zu, 52 Prozent der Eltern mit Kindern sagen, sie hätten in der Woche weniger als eine halbe Stunde für sich, ein Drittel murrt und meint, die Kinder würde das Zuhause als eine Art Hotel verstehen.
Wenn es ums Reparieren geht, geben der 70 Prozent der befragten Männer an, sie würden die Initiative übernehmen. Das scheint auch bei den Frauen d'accord zu sein, die hier in altgewohnter Arbeitsteilung den Männern das Feld überlassen, auch wenn, was auf Unstimmigkeiten hinweist, 40 Prozent der Meinung sind, sie seien die Aktiveren. Wenn ein Abfluss oder das Klo verstopft ist, gehen mehr als Zweidrittel selbst zur Sache, bei kaputten Steckdosen oder elektrischen Schaltern sind es nur noch 38 Prozent. Dass kaum jemand ein Dach, einen Schornstein oder ein zerbrochenes Fenster selbst repariert, ist weniger erstaunlich. Reparaturen werden vor allem selbst vorgenommen oder versucht, um Geld zu sparen, wer also reichlich hat, kann sich wie in der Antike der Muße hingeben. Allerdings muss professionelle Hilfe offenbar gerade bei den Problemen doch noch hinzugezogen werden, die die Menschen zunächst selbst angehen, primär bei verstopften Toiletten, aber auch bei Problemen mit dem Strom und einem Boiler.
Noch einmal zurück. Gerade einmal 53 Prozent der Befragten sagen, sie gingen davon aus, den Ölstand im Auto überprüfen zu können. 47 Prozent glauben, sie seien in der Lage, ein Regal zusammenzubauen, 39 Prozent würden es vielleicht noch schaffen, eine Tapete anzubringen, aber nur noch 30 Prozent gehen davon aus, eine Waschmaschine anschließen zu können.
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