5. Juli ist Echelon-Tag

Bundestagsausschuss hält Anhörung zu Echelon ab, Europäisches Parlament entscheidet über Untersuchungsausschuss

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Der Ausschuss für europäische Angelegenheiten im Bundestag hat den britischen Journalisten Duncan Campbell sowie den brandenburgischen Landesdatenschützer Alexander Dix zu einer nicht-öffentlichen Sitzung eingeladen.

Dabei wird Campbell über die Entstehungsgeschichte des STOA-Berichts über Echelon, seinen Inhalt und seine Behandlung im Europäischen Parlament sprechen. Die Ausmaße und Dimensionen sowie potenzielle Möglichkeiten des Abhörsystems sowie seine rechtliche Grundlagen werden ebenfalls Gegenstand seiner Rede sein. Campbell wird zudem über die Gefahren sprechen, die aus dem Echelon-System für die europäischen und deutschen Interessen entstehen.

Am selben Tag wird auch das Europäische Parlament über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu Echelon entscheiden. Die Grünen gehen jetzt schon davon aus, dass die Parlamentsmehrheit den Antrag ablehnt. Gute Chancen rechnen sie sich jedoch für den Vorschlag aus, einen nicht-ständigen Ausschuss zu Echelon einzurichten. Dieser hat jedoch kein Recht selbst zu untersuchen, sondern darf nur Empfehlungen abgeben.

Mit ihrem Antrag auf die Einsetzung eines nicht-ständigen Untersuchungsausschusses berufen sich die Grünen vor allem auf die Datenschutzrichtlinie 97/66/EG über die Verarbeitung persönlicher Daten und den Schutz des Privatlebens im Bereich Telekommunikation.

Darin heißt es, dass "Diensteanbieter geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um die Sicherheit ihrer Dienste zu gewährleisten". Dabei muss "das innerstaatliche Recht gerichtliche Rechtsbehelfe für den Fall vorsehen, dass die Rechte der Benutzer und Teilnehmer nicht respektiert werden. Gegen jede Person, ob für sie nun privates oder öffentliches Recht gilt, die die nach dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zuwider handelt, müssen Sanktionen verhängt werden." Deutlich heißt es weiter:

"Die Mitgliedstaaten stellen durch innerstaatliche Vorschriften die Vertraulichkeit der mit öffentlichen Telekommunikationsnetzen und öffentlich zugänglich Telekommunikationsdiensten erfolgenden Kommunikation sicher. Insbesondere untersagen sie das Mithören, Abhören und Speichern sowie andere Arten des Abfangens oder Überwachens von Kommunikation durch andere Personen als die Benutzer, wenn keine Einwilligung der betroffenen Benutzer vorliegt."

Die Grünen sind der Auffassung, dass auch die Gemeinschaftsinstitutionen und -Organe ihrer Pflicht "geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit ihrer Dienste zu gewährleisten" nicht nachgekommen sind. Zudem verstoße die Existenz eines Spionagesystems zu Nutzen eines Mitgliedslandes und zum Schaden der anderen gegen das Gemeinschaftsrecht. Schließlich stelle die Industriespionage mit Hilfe des Echelon-Systems zum Nachteil von Unternehmen des europäischen Festlandes, die wichtige Verträge an angelsächsische Firmen verloren haben sollen, eine Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt dar.

Die Geschäftsordnung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses spricht nur von "behaupteten Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht". Damit müssen diese Verstöße nicht unbedingt erwiesen sein. Die Grünen weisen in ihrem Antrag auch darauf hin, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der in der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entwickelt wurde, zumindest auf Grund des Ungleichgewichts zwischen den von Echelon angewendeten Mitteln und den verfolgten Zielen verletzt werde.

Immerhin hatte auch der ehemalige Kommissar Martin Bangemann vor dem Parlament am 14. September 1998 erklärt:

"Denn wenn das System bestünde, wäre das natürlich eine flagrante Verletzung von Rechten, Individualrechten der Bürger und selbstverständlich auch ein Angriff auf die Sicherheit der Mitgliedsländer. Das ist vollkommen klar. In dem Moment, in dem sich so etwas offiziell bestätigt, müssten der Rat und natürlich auch die Kommission und das Parlament darauf reagieren."

Eine quasi offizielle Bestätigung fand bereits statt: Die NSA hatte die Veröffentlichung streng geheimer Dokumente freigegeben.