9/11: Saudi-Arabien droht mit Verkauf von US-Papieren im Wert von 750 Milliarden Dollar
Die Führung in Riad will ein Gesetz verhindern, das Regierungsmitglieder wegen vorgeworfener Verbindungen zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vor Gericht bringen kann
Der saudi-arabische Außenminister al-Jubeir soll die Botschaft höchstpersönlich im März bei einem Besuch in Washington überbracht haben, berichtet die New York Times: Sollte der Kongress einem Gesetz zustimmen, der es erlauben würde, dass sich Mitglieder vor einem US-Gericht wegen "irgendeiner Rolle" im Zusammenhang mit den 9/11-Terroranschlägen verantworten, dann sei seine Regierung dazu gezwungen, Staatsanleihen und andere amerikanische Wertpapiere in Höhe von 750 Milliarden Dollar zu verkaufen - um dem Risiko vorzubeugen, dass sie von US-Gerichten eingefroren werden.
Laut Zeitungsbericht zeigt die Drohung Wirkung. Die Regierung bearbeite Abgeordnete derart intensiv, dass einige von ihnen wie auch Familienangehörige der 9/11-Opfer in Wut geraten sind (ohnehin machen einige von ihnen der Regierung schwere Vorwürfe in Zusammenhang mit der Unterstützung Saudi-Arabiens).
Als Besonderheit stellt der Bericht heraus, dass der Gesetzesentwurf von Abgeordneten aus beiden amerikanischen Parteien unterstützt und initiiert wurde. Als hauptsächliche Unterstützer werden der texanische Senator John Cornyn von den Republikanern erwähnt und aus New York der Senator Chuck Schumer, ein Demokrat. Es hätten sich aber immer mehr dieser ungewöhnlichen Koalition angeschlossen, der Entwurf habe im Januar den Justiz-Ausschuss ohne Gegenstimme passiert.
Die bisherige Gesetzeslage verhinderte Klagen der Angehörigen der Opfer, die sich gegen das saudi-arabische Königshaus, gegen Banken und Charity-Organisationen des Landes richteten, mit dem Vorwurf der Unterstützung von Terrorismus. Ein Gesetz aus dem Jahr 1976 wird als Hindernis beschrieben, weil es anderen Nationen Immunitätsrechte einräumt.
Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, dass die Immunität nicht angewendet wird, wenn es um Terroranschläge geht, die US-Bürger auf amerikanischen Boden töten. Sollte er beide Kammern, den Senat und das Repräsentantenhaus, passieren und vom Präsidenten unterzeichnet werden, dann müsste die Rolle der saudi-arabischen Regierung durch die Klagen, die nach 9/11 eingereicht wurden, überprüft werden, so die Zeitung.
Der unveröffentlichte Bericht
Die Sache könnte sich aufladen. Das Verhältnis zwischen der US-Regierung unter Obama und der saudischen Führung ist nicht mehr so wie zu Zeiten von George W. Bush. Das Ölgeschäft hat sich geändert, in der Nahost-Politik wird mehr Kritik am Partner geäußert als früher, auch wenn die gemeinsamen Interessen überwiegen, wie sich in Syrien zeigt (Saudi-Arabien und USA: Beste Freunde). Zudem: Saudi-Arabien hat sich Israel angenähert.
Allerdings werden in der US-Öffentlichkeit die Stimmen lauter, die auf die Nähe des wahabitischen Islam, der in Saudi-Arabien zuhause ist, zu Terroristengruppen verweisen.
Und es gibt die 28-Seiten im offiziellen 9/11-Bericht, die sich mit der Rolle von saudi-arabischen Personen und Institutionen befassen. Bislang ist dieser Teil unveröffentlicht. Die US-Regierung unter Obama zeigte bisher wenig Interesse daran etwas zu ändern. Zuletzt gab es einige Berichte, die andeuteten, dass dies geändert werde, dass die 28-Seiten veröffentlicht würden ( 9/11 Declassification Decision Coming und Making ‘Every Effort’ To Review Declassification of 9/11 Report’s Secret Pages).
Wie ernst es der Regierung damit ist, ist noch offen. Laut einem Bericht der NZZ von Anfang des Jahres, gilt als "gegeben, dass Hunderte von Milliarden saudischer Petrodollars in den Vereinigten Staaten angelegt sind". Wer sich aber ein Bild vom zweifellos bedeutenden finanziellen Engagement Saudi-Arabien machen wolle, stoße schnell an Grenzen. Weder das Finanz- noch das Handelsministerium würden Daten veröffentlichen.