AKK-"Welche Regeln gelten im digitalen Bereich?" nimmt an der Bilderberg-Konferenz teil
Auch führende Journalisten beim Treffen der Machteliten in der Schweiz
Annegret Kramp-Karrenbauer wird an einer der elitärsten Zusammenkünfte auf diesem Planeten teilnehmen: der Bilderberg-Konferenz. Eines der Themen, über das die versammelten Eliten diskutieren wollen: "Die sozialen Medien als Waffe".
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Wird die Vorsitzende der CDU auf einer Konferenz, die demokratische Politikern als eine "absolut vordemokratischen Veranstaltung" bezeichnen, auch über die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet reden? Ihre gerade viel diskutierten Aussagen, die sie nach der Gremiensitzung ihrer Partei am Montag getätigt hat (Artenschutz für CDU und SPD?), lassen jedenfalls tief blicken. Ihre Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz lässt ihre Aussagen in einem noch düsteren Licht erscheinen.
Das alljährliche Treffen der Machteliten findet in diesem Jahr in der Schweiz statt. Vom 30. Mai bis 2. Juni kommen hochrangige Akteure unter anderem aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und den Medien zusammen, um in Montreux über die ganz große Weltpolitik zu diskutieren. Zu ihnen gesellt sich auch Annegret Kramp-Karrenbauer (oder wie man im Saarland sagt: "es Annegret").
Die Vorsitzende der CDU, einer Partei, die immer wieder ihren demokratischen Charakter betont, wird für mehrere Tage hinter verschlossenen Türen auf die große Weltpolitik fokussieren: "Russland", "China", "Die Zukunft des Kapitalismus" und: "The Weaponization of Social Media".
Wer sich nun die Aussagen von AKK vor Augen führt, die sie nach der Gremiensitzung getätigt hat und die gerade hoch und runter in den Medien diskutiert werden, mag Düsteres erahnen (CDU zieht Konsequenzen aus Wahldebakel: Meinungsfreiheit muss geregelt werden). Werden die Eliten und Machteliten darüber reden, wie sich Zensur im Internet zügig durchsetzen lässt? Wird Kramp-Karrenbauer ihre Meinung, die sie in Sachen YouTuber geäußert hat zum Besten geben? Und: Hatte Kramp-Karrenbauer, als sie sagte, dass nicht nur innerhalb der CDU darüber zu diskutieren sei, welche Regeln "eigentlich für den digitalen Bereich" gelten sollen, gar die bevorstehende Bilderberg-Konferenz vor Augen?
Man mag diese Fragen leicht abtun. Man mag Zusammenkünfte der Eliten und Machteliten in diskreten Runden auf die leichte Schulter nehmen, weil doch schließlich demokratisch gewählte Parlamente in unserem politischen System Entscheidungen treffen, und nicht irgendwelche Machteliten, die ein paar Tage zusammensitzen und konferieren.
Aber Vorsicht: So einfach ist es nicht. Bei Bilderberg, genauso wie bei anderen Zusammenkünften der Machteliten (man denke an die "Feuerspiele" am Bohemian Grove) kommen Akteure zusammen, die über eine enorme Struktursetzungsmacht verfügen. All diese Akteure, sind hervorragend vernetzt. Man mache sich einmal die Mühe und gehe die Teilnehmerliste durch. Wo, wenn nicht hier, ist "Reichweitenmacht"?
Wenn der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg, wenn der Vorstandsvorsitzende von Microsoft Satya Nadella, der ehemalige Google Manager Eric E. Schmidt, wenn der französische Finanzminister Bruno LeMaire, die Chefredakteure von The Economist und Bloomberg usw. usw. usw. zusammenkommen, um mit ihresgleichen über die große Weltpolitik zu reden, dann muss man schon sehr naiv sein anzunehmen, dass aus Zusammenkünften dieser Art keinerlei Einflüsse hervorgehen.
Gewiss: Es gilt sich vor der Annahme zu hüten, Bilderberg wäre eine Art geheime Weltregierung, die die Geschicke der Welt aus dem Verborgenen lenkt. Die Sache ist komplexer. Der großartige US-amerikanische Soziologe Charles Wright Mills, der sich in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit den Machteliten seines Landes auseinandergesetzt hat, erkannte, dass auch die Machteliten nicht allmächtig sind. Es wäre zu einfach anzunehmen, dass mögliche Übereinkünfte, die in der "Konsensschmiede" Bilderberg erzielt werden, eins zu eins in die Parlamente einfließen und dort schließlich die politische Ausrichtung prägen.
Aber: Mills sagte über die Machteliten, die er analysierte, auch, dass diese zwar nicht omnipotent, aber eben auch nicht impotent seien. Auf Bilderberg und Co übertragen: Zumindest ist die Annahme berechtigt, dass Eliten und Machteliten, die sich die Zeit nehmen, für 4 Tage (!) abgeschirmt von der Öffentlichkeit zu diskutieren, auch die Absicht haben, Einfluss zu nehmen - ob dieser dann zu einem Erfolg führt, sei dahingestellt.
Allein dieser Verdacht sollte jedem Demokraten zum Nachdenken anregen. Denn: Machen wir uns nichts vor, selbstverständlich haben die Mächtigen Ambitionen, Strukturen zu schaffen oder zu zerschlagen. Selbstverständlich ist Bilderberg kein Raum, der frei von Interessen ist. Dort fließt eine enorme Macht zusammen. Dort geht es um Macht. Dort geht es um Außenpolitik, Weltpolitik. Das zweite Thema auf der Agenda lautet: "Was folgt als Nächstes für Europa?". Man beachte: Hier wird eine Frage formuliert. Und: Wer Fragen stellt, erwartet Antworten. Frage: Welche Antworten geben "die Bilderberger"?
Wir wissen es nicht. Denn die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz wollen keine Öffentlichkeit. Sie wollen "off the record" reden. Sie wollen "frei" reden.
Aber was heißt das? Es heißt eben die Freiheit zu haben, auch Dinge zu sagen und anzusprechen, für die, würde man sie öffentlich sagen, große Probleme zu erwarten hätte.
Für Kramp-Karrenbauer mag Bilderberg bedeuten: Offen anzusprechen, was sie über die "Meinungsmache" im Internet denkt - ganz ohne kritische Journalisten im Nacken, die da rasch ein paar Worte anzumerken hätten (und die Journalisten und Medienvertreter, die an der Konferenz selbst teilnehmen, dürften ihr kaum widersprechen).
Gerade auch in der aktuellen aufgeladenen Situation, in der die CDU, die sich so gerne als die demokratische Partei überhaupt inszeniert, ist die Teilnahme ihrer Vorsitzenden an der machtelitären Konferenz ein verheerendes Statement. Jene Vorsitzende, die so sehr die Bedeutung des demokratischen "Moments" betont, nimmt an einer Veranstaltung teil, die die demokratische Öffentlichkeit nicht bei sich haben möchte.
Frage: Arbeitet die CDU vielleicht im Geheimen am Ziel 10 Prozent? Wenn ja: Dann bitte genauso weitermachen.
Lassen Sie mich an der Stelle etwas sagen. Ich habe mir, als die Nachricht kam, dass sich eine ganze Reihe von YouTubern zusammengeschlossen haben, um einen Aufruf zu starten - [einen] Wahlaufruf gegen die CDU und SPD, habe ich mich gefragt: Was wäre eigentlich in diesem Land los, wenn eine Riehe von - sagen wir - 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache, vor der Wahl gewesen. Und ich glaube, es hätte eine muntere Diskussion in diesem Land ausgelöst. Und die Frage stellt sich schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache: Was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich? Und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich… ? Das ist eine sehr grundlegende Frage. Über die wir uns unterhalten werden und zwar nicht nur wir in der CDU und mit der CDU, sondern in der gesamten medientheoretischen und auch demokratietheoretischen Diskussion der nächsten Zeit, wird das eine Rolle spielen und deswegen werden wird diese Diskussion auch sehr offensiv angehen.
AKK ab 36:40
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