Abgesagte "Osterruhe": Reaktionen auf den Rückzieher

Die Kanzlerin hat um Verzeihung gebeten. Symbolbild: Leonhard Lenz / CC0 1.0 / Wikimedian Commons / Public Domain

Kanzlerin Merkels "Mea Culpa" nach dem Autogipfel, von wem sie die Absolution erhält und wer im Bundestag die Vertrauensfrage aufwirft.

Die Unzufriedenheit der deutschen Autoindustrie mit der Bundesregierung währte nicht lange: "Einen Fehler einzuräumen, zeugt von Größe", erklärte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, am Mittwoch, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die zuvor geplante "Osterruhe" zur Eindämmung der Covid-19-Infektionswelle zurückgenommen und sich entschuldigt hatte.

Im Wortlaut hatte Merkel "alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung" gebeten und betont: "Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler." Am Ende trage sie "für alles die letzte Verantwortung". VDA-Chefin Müller gab sich daraufhin verständnisvoll: "Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten sind in einer ausgesprochen schwierigen Lage."

Nach einem "Autogipfel" am Dienstagabend hatte Müller vor den Folgen eines verschärften "Oster-Lockdowns" gewarnt: "Plötzliche Betriebsstilllegungen sind für eine international vernetzte Wirtschaft nicht darstellbar", sagte sie laut einem Bericht des Branchenmagazins Automobilwoche. Daraufhin dauerte es keine 24 Stunden bis zur Kehrtwende.

In den Reihen der Oppositionspartei Die Linke hieß es, Merkel sei wohl von der Autoindustrie "zurückgepfiffen" worden. Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder hatten die Osterruhe erst in einer Marathonsitzung in der Nacht zum Dienstag beschlossen.

Linke- und FDP-Fraktionschef in einem Punkt einig

Der Ko-Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte Merkel am Mittwoch auf, die Vertrauensfrage zu stellen. Es verdiene Respekt, dass die Kanzlerin Fehler eingestanden und sich entschuldigt habe, sagte Bartsch am Mittwoch im Bundestag. Er rate ihr aber, sich angesichts der dramatischen Situation zu vergewissern, dass sie noch die Unterstützung der Mehrheit des Parlaments genieße - also zumindest die der Unions- und der SPD-Fraktion.

Dem schloss sich FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner an: "Die Bundeskanzlerin kann sich der geschlossenen Unterstützung ihrer Koalition nicht mehr sicher sein", twitterte Lindner. "Die Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag wäre ratsam, um die Handlungsfähigkeit der Regierung von Frau Merkel zu prüfen."

Zumindest Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte dazu gentlemanlike erklärt, die nun gekippte Osterruhe-Regelung sei eine gemeinsam getroffene Entscheidung von Bund und Ländern gewesen. "Es sollte sich niemand aus der Verantwortung stehlen", betonte Scholz am Mittwoch in Berlin bei der Vorlage der Eckwerte der Regierung für den Bundeshaushalt 2022. Er hoffe, dass es nun keine "Erinnerungslücken" gebe.

"Das Chaos ist perfekt", resümierte die Ko-Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag, Alice Weidel. "Gestern so, heute anders, niemand weiß mehr was gilt", sagte Weidel am Mittwoch in Berlin. Merkel übernehme die Verantwortung, aber keiner wisse, wie diese Verantwortung aussehe. In Teilen der Linkspartei gab es daher auch Bedenken, ob es klug sei, die Vertrauensfrage aufzuwerfen, wenn ein Misstrauensvotum nicht ohne die Stimmen der AfD zustande kommen könnte.

Allerdings hatte sich auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) teilweise von den Beschlüssen des Bund-Länder-Gremiums zum weiteren Umgang mit der Corona-Krise distanziert - zumindest von der Bitte an die Kirchen, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten: "Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdienste nahelegen, noch dazu an Ostern", hatte Seehofer der Bild vom Mittwoch erklärt.

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