Abhörstaat Deutschland

Neues Telepolis-eBook bietet umfassenden Einblick in die SIGINT-Landschaft seit 1945 in Ost und West

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Durch die Snowden-Affäre alarmiert beschäftigt sich die Öffentlichkeit seit Monaten mit den weltweiten Machenschaften der verschiedenen Abhördienste. In der Bundesrepublik steht insbesondere der Bundesnachrichtendienst (BND) im Verdacht, in einem bisher ungeahnten Ausmaß Telefonate, Emails und das Internet überwacht und seine Daten mit der amerikanischen National Security Agency (NSA) und dem britischen Government Communications Headquarters (GCHQ) ausgetauscht zu haben.

Experten sprechen hier von der "Signals Intelligence" (SIGINT). Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages ist bemüht, ein bisschen Licht in das dunkle Treiben der Geheimdienste zu bringen. EIKONAL, GLOBE und PRISM heißen die Codeworte. Wie viel Überwachungsstaat vertragen die Demokratie und der Schutz der Privatsphäre?

Das eBook gibt einen bislang einmaligen Überblick über die erstaunlich ausgedehnte SIGINT-Infrastruktur in Deutschland. Die Geheimdienste sprechen bei der Überwachung der Telekommunikation von der Signal Intelligence (SIGINT). Sie umfasst ein breites Spektrum höchst unterschiedlicher Verkehre: von der privaten Telefonie über militärischen Funk bis hin zur Computerspionage und -Sabotage. Die Militärs bezeichnen das Abhören des Gegners als Fernmeldeaufklärung, diese ist ein Teil der Elektronischen Kampfführung (EloKa).

Über 600 Abhörstationen, Peilstellen, Ausbildungsstätten und Produktionsfirmen in der BRD und der ex-DDR seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden aufgelistet. In den Zeiten des Kalten Krieges wies die Militarisierung Deutschlands Rekordwerte auf, entlang der innerdeutschen Grenze gab es die größte Dichte an Abhörstationen weltweit. Manche Einheit konnte noch nicht identifiziert oder lokalisiert werden; die eingesetzte Spezialtechnik ist bis heute nur teilweise bekannt. Hier sind noch weitere Recherchen notwendig. Der im eBook vorgelegte Geheimdienstatlas listet 326 Standorte in der BRD und 275 in der Ex-DDR auf. Somit gab bzw. gibt es in mindestens in jeder zwanzigsten Gemeinde in Deutschland ein geheimdienstliches oder militärisches SIGINTSpionageobjekt.

Dabei ist die Erfassung der Infrastruktur nur ein erster Schritt, um die Abhöroperationen aufzudecken, um irgendwann das ganze Ausmaß der Bevölkerungskontrolle ermitteln zu können. Die Feststellung, wer, wann, wo gelauscht hat, beraubt die Agenten ein Stück weit ihrer Anonymität und Tarnung.

Der Autor Gerhard Piper diente von 1978 bis 1980 als "Fernmeldeaufklärer Sprechfunk Russisch" bei einer EloKa-Kompanie der Bundeswehr, danach studierte er Politische Wissenschaft an den Universitäten in Marburg und Berlin mit Schwerpunkt Internationale Beziehungen. Von 1992 bis 2002 war er Redakteur der Monatszeitschrift "antimilitarismus information" (ami); seit 1997 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim "Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit" (BITS). Darüber hinaus ist er ehrenamtlich im ABC-Dienst des Berliner Katastrophenschutzes tätig, um bei Unfällen mit radioaktivem Material, Giftmüll oder der Ausbreitung einer Seuche zur Gefahrenabwehr beizutragen.

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