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Abkommen: Fordert Trump jetzt auch noch die Atommeiler der Ukraine?

Kernkraftwerk Rivne, Varash, Rivne oblast, Ukraine. Erzeugung von elektrischer und thermischer Energie. Stromerzeugung. Weniger ansehen

(Bild: IrynaL / Shutterstock.com)

USA wollen beim Wiederaufbau der Ukraine mitverdienen. Washington strebt Zugriff auf ukrainische BodenschĂ€tze und Atomkraftwerke an. Wird Kiew dem Druck nachgeben mĂŒssen?

WĂ€hrend die Ukraine noch immer um ihre Existenz kĂ€mpft, wird bereits ĂŒber den Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Landes debattiert. Laut SchĂ€tzungen der Weltbank wird die Ukraine in den nĂ€chsten zehn Jahren rund 524 Milliarden US-Dollar benötigen, um ihre Wirtschaft wieder aufzubauen. Das entspricht fast dem Dreifachen des ukrainischen Bruttoinlandsprodukts.

USA wollen Zugriff auf ukrainische BodenschÀtze

In dieser Situation – und vor dem Hintergrund der ĂŒppigen Finanz- und MilitĂ€rhilfen – sieht die US-Regierung unter PrĂ€sident Donald Trump offenbar eine Chance, sich Zugang zu den wertvollen BodenschĂ€tzen der Ukraine zu sichern. Über das Mineralienabkommen [1]wurde in den vergangenen Wochen viel berichtet, aber es wurde bislang nicht abgeschlossen.

Die Financial Times (FT) berichtet jetzt [2], dass die Regierung in Washington das Abkommen weiter zugunsten der eigenen Interessen verĂ€ndern möchte. Ukrainische Beamte erklĂ€rten demnach, dass Washington neue Bedingungen fĂŒr den Zugang zu kritischen Mineralien und Energieanlagen [3] in der Ukraine anstrebe.

Konkret möchte die Trump-Regierung, dass die Ukraine detaillierten Bestimmungen darĂŒber zustimmt, wem ein gemeinsamer Investmentfonds gehört und wer ihn kontrolliert. Die Trump-Regierung strebte anfangs die alleinige Kontrolle des Fonds an, in spĂ€teren Debatten wurde eine ukrainische Beteiligung erwogen.

Auch der Besitz der USA an anderen WirtschaftsgĂŒtern wie ukrainischen Kernkraftwerken soll abgedeckt werden. Dass beide Seiten ĂŒber "die Stromversorgung und die Kernkraftwerke der Ukraine" gesprochen haben, geht laut FT aus einem Bericht des US-Außenministers Marco Rubio hervor. Trump habe demnach erklĂ€rt, "dass die Vereinigten Staaten mit ihrem Fachwissen im Bereich ElektrizitĂ€t und Versorgung sehr hilfreich bei der FĂŒhrung dieser Anlagen sein könnten". Zudem sei US-Eigentum der beste Schutz fĂŒr die ukrainische Energieinfrastruktur.

Der ukrainische PrĂ€sident Wolodymyr Selenskyj hatte die Übertragung der ukrainischen Atommeiler an die USA spĂ€ter allerdings dementiert [4]. Er habe mit Trump lediglich ĂŒber das AKW Saporischschja gesprochen, das momentan unter russischer Kontrolle steht.

Ukraine fĂŒrchtet Druck zu ungĂŒnstigen Bedingungen

Vor diesem Hintergrund wachsen in der Ukraine die Sorgen, dass man bei einem umfassenderen Abkommen zu nachteiligen Konditionen gedrĂ€ngt werden könnte. Besonders nachdem Washington Anfang des Monats vorĂŒbergehend Waffenlieferungen und den Austausch von Geheimdienstinformationen mit Kiew ausgesetzt hatte, um Druck auszuĂŒben.

Ein hochrangiger ukrainischer Beamter, der Selenskyj nahesteht, betonte laut FT jedoch, dass die Ukraine bereit sei, das ursprĂŒngliche Mineralienabkommen zu unterzeichnen. "Es wĂ€re seltsam, es zu ignorieren", sagte er.

Investoren zeigen wieder Interesse an der Ukraine

Trotz der schwierigen Lage bemĂŒht sich die Ukraine aber auch um private Investitionen. Bevor es zu dem katastrophalen Zusammentreffen von Trump und Selenskyj im Weißen [5] Haus kam, trafen sich Vertreter der ukrainischen Regierung mit auslĂ€ndischen Investoren, berichtet [6] Bloomberg jetzt. Zur auslĂ€ndischen Delegation gehörten Vertreter von GlĂ€ubigern und multinationalen Unternehmen wie Siemens.

Diese beiden Gruppen sind der SchlĂŒssel zu den PlĂ€nen der Ukraine, ihre Wirtschaft wieder aufzubauen, sobald ein Friedensabkommen geschlossen wird. Sie können nicht nur große Bauprojekte durchfĂŒhren, sondern auch die nötige Finanzierung bereitstellen.

Ukrainische Anleihen im Aufwind

Das steigende Interesse der Investoren spiegelt sich auch in der Entwicklung der ukrainischen Staatsanleihen wider. Ende letzten Jahres hatten sich Investoren auf die bestehenden Auslandsanleihen der Ukraine gestĂŒrzt und deren Preise in die Höhe getrieben. Sie waren optimistisch, dass Trump schnell ein Friedensabkommen aushandeln wĂŒrde.

Zwar dĂ€mpfte der Zusammenstoß zwischen Trump und Selenskyj im Februar diese Begeisterung. Doch im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise immer noch deutlich gestiegen. Ein Zeichen dafĂŒr, dass die Ukraine bei weiteren Fortschritten in den FriedensgesprĂ€chen möglicherweise neue Investoren gewinnen kann.

Allerdings ist das Zeitfenster gering. Arif Joshi, Co-Leiter fĂŒr Schwellenmarktanleihen bei der Investmentbank Lazard, erklĂ€rte gegenĂŒber Bloomberg, dass die politischen EntscheidungstrĂ€ger in Kiew davon gesprochen hĂ€tten, dass wohl nur bis Ostern Zeit bleibe, um ein Friedensabkommen zu erzielen.

Investoren befĂŒrchten demnach auch, dass ein von Trump und dem russischen PrĂ€sidenten Wladimir Putin ausgehandeltes Abkommen nicht von der Ukraine angenommen werden könnte. Denn dann gingen nicht nur die KĂ€mpfe weiter, Kiew könnte dann auch zu ZugestĂ€ndnissen gezwungen sein, die deutlich ungĂŒnstiger ausfallen. Und das könnte den Investoren nicht gefallen.


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[1] https://www.heise.de/tp/features/Was-ist-das-Besondere-an-den-Mineralien-der-Ukraine-10311551.html
[2] https://www.ft.com/content/88e4ea22-3a27-4e68-9c6e-4a008f257522
[3] https://www.heise.de/tp/features/USA-und-Ukraine-einigen-sich-auf-umstrittenen-Rohstoff-Deal-10296453.html
[4] https://www.heise.de/tp/features/Energieanlagen-als-Friedenspfand-Selenskyj-widerspricht-Deal-Details-10322510.html
[5] https://www.heise.de/tp/features/40-Minuten-die-die-Welt-erschuetterten-US-Ukraine-Allianz-zerbricht-vor-laufender-Kamera-10300749.html
[6] https://www.bloomberg.com/news/articles/2025-03-21/ukraine-seeks-to-reconnect-with-investors-on-bumpy-path-to-peace