AfD-Wähler: Was nicht sein darf, kann nicht sein
Seite 2: Die AfD hat sich, gemessen an ihren Anhängern, zur neuen Arbeiterpartei entwickelt
- AfD-Wähler: Was nicht sein darf, kann nicht sein
- Die AfD hat sich, gemessen an ihren Anhängern, zur neuen Arbeiterpartei entwickelt
- Ist die AfD "ein kulturelles und kein sozialpolitisches Phänomen"?
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Deutlich weniger mediale Beachtung als die IW-Studie vom April fand eine im August dieses Jahres veröffentlichte Studie des staatlich finanzierten Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das DIW wertete dafür Daten bis Ende 2016 aus und kam zu gänzlich anderen Ergebnissen als das IW. Demnach liegen AfD-Anhänger mit ihrem Pro-Kopf-Einkommen auf dem vorletzten Platz, noch hinter den Anhängern der Linken. Nur etwas mehr als die Hälfte der AfD-Anhänger bewertet ihre eigene wirtschaftliche Lage als gut oder sehr gut; der geringste Wert aller Parteien. Mehr als die Hälfte von ihnen gibt an, keinen gerechten Anteil am Lebensstandard zu erhalten. Auch in dieser Hinsicht erreichen die AfD-Anhänger die höchsten Werte, noch vor den Nichtwählern und der Linken.
Auffällig ist zudem, dass die AfD-Anhänger die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit am negativsten beurteilen, sogar noch negativer als die Linken-Anhänger. Unversehens hat sich die AfD zur neuen Arbeiterpartei entwickelt, nicht bezogen auf ihre Programmatik, doch gemessen an ihren Anhängern. Der Anteil der Arbeiter an der AfD-Wählerschaft liegt mit 34 Prozent doppelt so hoch wie bei der SPD (17 Prozent) und deutlich höher als bei der Linken (22 Prozent).
Das Bild vom typischen AfD-Wähler als wohlhabendem, ängstlichem und reaktionärem alten Knochen, der den Hals nicht vollkriegen kann und anderen - Flüchtlingen zum Beispiel - das Schwarze unter den Nägeln nicht gönnt, scheint also bestenfalls einen Teil der Realität abzubilden. Der andere Teil wird in den Medien gerne mit dem Bild vom buchstäblich zurückgebliebenen ostdeutschen Mann umschrieben.
Hier zum Beispiel wird der personifizierte "ostdeutsche Mann", der ja tatsächlich überproportional häufig die AfD wählte, als "Loser" dargestellt. Im krassen Gegensatz zu den durchwegs tüchtigen, ehrgeizigen, gebildeten und mobilen Ost-Frauen kommt er mit den Zumutungen der globalisierten Welt nicht klar und will partout nicht einsehen, dass er sich einfach nur mehr ins Zeug legen müsste, um sich einen Platz an der Sonne zu sichern. Stattdessen jammert er herum, der ostdeutsche Mann, träumt von Ordnung und Führung und lässt seinen Hass an Flüchtlingen, "viele von ihnen auch männlich, Single", aus.
Während ostdeutschen Befindlichkeiten viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ging die Nachricht, dass die AfD auch im Westen auf dem Weg ist, zur neuen "Arbeiterpartei" zu werden, in der Nachwahlberichterstattung fast unter. Bundesweit machten 19 Prozent der Arbeiter bei der Bundestagswahl ihr Kreuz bei der AfD. Nur zehn Prozent der Arbeiter wählten die Linken, 24 Prozent die SPD. Zum Vergleich: 1998 hatten noch 49 Prozent der Arbeiter für die SPD gestimmt.