AfD und Remigration: Gemischte Reaktionen auf Bericht über Vertreibungspläne
Bundes- und Landespolitiker lehnen Distanzierung ab. AfD-Chefin Weidel spricht von "Unterstellungen", trennt sich aber von Mitarbeiter. Das sagen die Identitären.
Von Anfang an haben manche AfD-Politiker nicht verstanden, warum von einem "Geheimplan" die Rede war, als das Recherche-Netzwerk Correctiv über das nicht-öffentliche Treffen von AfD-Politikern, "Identitären" und Unternehmern zum Thema "Remigration" Ende November in einem Potsdamer Hotel berichtet hatte.
Geheimplan Remigration: AfD-Politiker "verspricht" Abschiebung von Millionen
Demnach gingen dort einige Äußerungen weit über die Inhalte von offiziellen Parteidokumenten hinaus, einzelne AfD-Mitglieder – darunter sowohl Bundestagsabgeordnete als auch Lokalpolitiker – halten das, was im Kern berichtet wurde, aber nicht für anstößig.
AfD und Identitäre: Grenzen der Parteipolitik?
"Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen", schrieb etwa der Bundestagsabgeordnete René Springer am 10. Januar auf der Plattform X.
Die Größenordnung "Millionen" stellt klar, dass nicht nur abgelehnte Asylbewerber gemeint sein können, sondern auch Personen, die seit vielen Jahren ihren Lebensschwerpunkt in Deutschland haben.
Der AfD-Chef im Brandenburger Landtag, Hans-Christoph Berndt, pflichtet Springer bei – und laut einem Bericht des RBB vom Mittwoch stellte sich die gesamte Landtagsfraktion hinter ihren Sprecher Tim Krause, der an dem Treffen in Potsdam teilgenommen hatte. Krause werde im Amt bleiben, hatte Berndt auf einer Pressekonferenz am Dienstag bekannt gegeben, während der Sprecher selbst nicht anwesend war.
Die Rolle der AfD-Führung: Weidels Reaktion auf Correctiv
Die Ko-Parteichefin der AfD, Alice Weidel, hatte unterdessen von "Unterstellungen des linken Aktivisten-Netzwerks Correctiv", von "unwahren Behauptungen" und einem der "größten und ungeheuerlichsten Medien- und Politikskandal" sowie von "DDR-Methoden gesprochen".
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Dennoch hatte sie sich von ihrem Referenten Roland Hartwig getrennt, nachdem dessen Teilnahme an dem Potsdamer Treffen bekannt geworden war. Die Zusammenarbeit sei "im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst" worden, hatte ein Parteisprecher laut einem Bericht des ZDF nach einer Sitzung des Bundesvorstands am Montagabend in Berlin mitgeteilt.
Eine nähere Begründung gab es demnach zunächst nicht. Auch Weidel bestritt aber, dass es sich um ein "Geheimtreffen" gehandelt habe. Vielmehr sei es eine "private Zusammenkunft" gewesen, die von Correctiv "mit Geheimdienstmethoden" ausgespäht worden sei.
Kritik aus dem Lager der Identitären
Martin Sellner, der als langjähriger Kopf der "Identitären Bewegung" bekannt geworden ist, kritisierte auf Social-Media-Kanälen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses von Hartwig scharf und sprach von einer Reaktion auf eine "linke Lügenkampange".
Kurz nach der Veröffentlichung hatte Sellner in einer Video-Stellungnahme erklärt, er selbst habe bei dem "internen privaten Vortragsabend" in Potsdam sein neues Buch vorgestellt.
Zudem bestritt der Österreicher, dass es um gewaltsame Vertreibungen gegangen sei: Niemandem solle aufgrund von ethnischen Kriterien die Staatsbürgerschaft entzogen werden, so Sellner.
Wer genau wäre von Remigration betroffen?
Laut Correctiv hatte er allerdings – so das wörtliche Zitat – "nicht assimilierte Staatsbürger" in seine Remigrationspläne einbezogen und sogar zum größten "Problem" erklärt. Zudem habe er von "maßgeschneiderten Gesetze" gesprochen, um einen "hohen Anpassungsdruck" zu erzeugen.
Bezogen auf die anwesenden AfD-Politiker waren Formulierungen von Correctiv ungenau: "Zumindest die dort vertretenen Politikerinnen und Politiker der AfD bekennen sich hier, unbeobachtet von außen, frei zu völkischen Idealen; es lassen sich keine wesentlichen Unterschiede zu den Positionen extremistischer rechter Ideologen feststellen", hieß es in dem Bericht.
Genau das wäre nach Angaben des Verfassungsrechtler Peter Michael Huber im Fall eines AfD-Verbotsverfahrens relevant, wenn Weidels Referent in ihrem Auftrag dort gewesen und maßgeblich für die Inhalte des Treffens verantwortlich wäre.
Verfassungsrechtliche Bedenken: Remigrationspläne unter der Lupe
Der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft ist laut Grundgesetz nur möglich, wenn Betroffene dadurch nicht staatenlos werden. Bestrebungen, dies aufgrund einer rassistischen Definition des Deutschen zu ändern, gelten als verfassungswidrig.
Allerdings kommt es laut der ehemaligen Bundesverfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff auch "auf das Gesamtbild an, also darauf, wie viel Unterstützung solche Positionen in der Partei und unter ihren Anhängern finden". Ein AfD-Verbot hält sie laut einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes für unwahrscheinlich, daran ändere die Correctiv-Recherche nichts Entscheidendes.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte unterdessen den vorgeblichen "Masterplan" zur Remigration "entsetzlich, aber nicht überraschend".