AfD unter Druck: Moskauer Manifest für Rechtsruck in Deutschland?
Medienbericht über Strategiepapier aus dem Kreml: Neuer Parteiname und Querfront-Bündnisse anvisiert. Wie umstritten sind die Kontakte in der AfD selbst?
Berichte über eine Kooperation der AfD mit staatlichen Akteuren in Russland und China reißen nicht ab. Laut einem aktuellen Spiegel-Bericht soll im Kreml sogar ein mehrseitiges "Manifest" für die Partei entworfen worden sein – allerdings zu einem Zeitpunkt, als schon mehrere Machtkämpfe innerhalb der AfD zugunsten des rechten Flügels entschieden worden waren.
Die Radikalisierung der Partei dürfte also "made in Germany" sein und nicht auf das mutmaßliche Kreml-Manifest zurückgehen. Die "wahrscheinliche Entstehung dieses Papiers" datiert der Spiegel auf Anfang September 2022 zurück und nennt als Quelle den "Vermerk eines westlichen Nachrichtendienstes".
Vereinigtes Deutschland: Ein neuer Name für die AfD?
Demnach soll die Abteilungsleiterin Tatjana Matwejewa in den Räumen der russischen Präsidialverwaltung den Auftrag erhalten haben, "ein neues Konzept für die Partei Alternative für Deutschland zu entwickeln, um ihre Umfragewerte zu steigern und bei Wahlen auf allen Ebenen eine Mehrheit zu erreichen".
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Angeblich wurde während der fraglichen Sitzung auch über die Umbenennung der AfD in "Vereinigtes Deutschland" oder "Deutsche Einheit" diskutiert. Der Kreml habe mit Hilfe der umbenannten AfD ein Verbot der Diskriminierung von Russlanddeutschen in der Bundesrepublik durchsetzen wollen, heißt es in dem Bericht.
Außerdem sollte sie mit "anderen extremen Kräften" Koalitionen bilden. Ausdrücklich sei die Partei Die Linke als möglicher Partner genannt worden – das Bündnis von Sahra Wagenknecht (BSW) hatte sich damals noch nicht von ihr abgespalten.
AfD: Deutschnationale Partei als Werkzeug russischer Interessen?
Bei dem Treffen in Moskau sei "nichts Geringeres als eine weitreichende Zukunftsstrategie für die AfD" diskutiert worden, schreibt das Magazin. Als Auftraggeber wird der Vize-Chef der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko genannt.
Frühere Kontakte der AfD nach Moskau sollen allerdings teilweise über inzwischen ausgetretene Parteimitglieder wie die früheren AfD-Chefs Frauke Petry und Jörg Meuthen gelaufen sein.
Petry trat bereits 2017 aus der Partei aus. Meuthen, der 2018 für eine Kooperation mit Russland geworben hatte, verließ die Partei im Januar 2022 – wenige Wochen vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Seinen Austritt begründete Meuthen mit einer zunehmenden Radikalisierung der AfD, auf die andere schon früher hingewiesen hatten.
Russland-Kontakte mit wechselndem AfD-Personal
Die Russland-Kontakte liefen aber dem Bericht zufolge schon länger über andere Parteifunktionäre. Bereits 2020 habe Außenminister Sergej Lawrow eine deutsche Delegation um den heutigen Ko-Parteichef Tino Chrupalla zu einem Arbeitsessen empfangen, berichtet der Spiegel. Im März 2021 besuchte dann auch Chrupallas Ko-Vorsitzende Alice Weidel die Moskauer Staatsführung.
Die Warnungen der AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber wurden demnach in Moskau weitgehend ignoriert, falls der Bericht in wesentlichen Teilen zutrifft und sich hinter der Umarmungstaktik nicht eine andere Strategie verbirgt. Schreiber hatte 2019 vor der einflussreichen russischen Gesellschaftskammer einen Vortrag gehalten, in dem sie wesentliche Teile der AfD als "Anhänger des historischen Nationalsozialismus" beschrieb.
Radikale Politik und deutsche Dominanz: Die wahre AfD-Agenda
Der Rechtsaußen-Flügel der AfD bestehe nicht aus "Patrioten im positiven Sinne, wie sie auch in Russland geschätzt werden, sondern aus Fanatikern, die eine vollkommen übersteigerte, wahnhafte Fantasie von der 'Reinheit' des deutschen Volkes und der Bedeutung Deutschlands als dominierende Weltmacht haben", betonte Schreiber seinerzeit.
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Linie der AfD mitnichten antimilitaristisch ist, nur weil sie sich im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg als Friedenspartei geriert. Dabei formuliert sie durchaus "deutsche Interessen": Sie betrachtet die Sanktionen gegen Russland als schädlich für die deutsche Wirtschaft, lehnt eine untergeordnete Rolle Deutschlands in der Nato ab, setzt auf militärpolitische Autonomie, will die Wehrpflicht wieder einsetzen und den "Wehrwillen" steigern.
Die China-Connection: AfD-Politik oder Alleingang?
Auch über die Verbindungen des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah nach China wird ausführlich berichtet, zumal sein früherer Mitarbeiter als mutmaßlicher chinesischer Spion in Untersuchungshaft sitzt.
Allerdings scheint Krahs Fraktion seine Nähe zu China nicht geteilt zu haben – auch die anderen acht AfD-Abgeordneten in der Fraktion "Identität und Demokratie (ID)" im EU-Parlament stimmten wohl in Fragen mit China-Bezug teilweise anders ab als er. Als es etwa um die EU-China-Zusammenarbeit bei Herkunftsbezeichnungen von Waren ging, stimmte Krah als einziges Mitglied der Fraktion mit Nein.
Auch habe er sich bei einer Abstimmung im Außenhandelsausschuss zur "Uigurenfrage" gegen die eigene Fraktion gestellt, heißt es im Spiegel-Bericht.
Die Sorge der AfD um die deutsche Wirtschaft
Dort wird die AfD als "gesteuert und infiltriert von den zwei mächtigsten Autokratien der Welt" beschrieben – Überschrift "Alternative gegen Deutschland". Allerdings hat sie ihre Ablehnung der westlichen Sanktionen gegen Russland immer in erster Linie damit begründet, dass sie der deutschen Wirtschaft schadeten, während ihr vor allem Unionspolitiker wie Ex-CDU-Chef Armin Laschet angesichts der aktuellen Berichte "Landesverrat" vorwerfen.
Auch innerhalb der AfD gab es jedoch immer wieder Streit über die Nähe zu Russland – nur nicht unbedingt wegen russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine. Vor allem Kräfte, die den sowjetischen Sieg über den deutschen Faschismus als besonders schmerzhafte Niederlage betrachten, hadern mit dem russlandfreundlichen Kurs der Partei, wie geleakte Chats im vergangenen Jahr zeigten.
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