Afghanistan: Aufstockung der Bundeswehr

"Wechsel der Missionen": Fahne der Operation Resolute Support; Bild: ISAF, 2014 /gemeinfrei

Neues Mandat für den Einsatz von 1.300 Soldatinnen und Soldaten statt 963 soll am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden

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Verteidigungsministerin von der Leyen will den Bundeswehreinsatz in Afghanistan deutlich aufstocken. Derzeit sind dort 963 deutsche Soldaten im Rahmen der Nato-Operation "Resolute Support" tätig; künftig sollen laut Tagesschau/dpa, 1.300 Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland am Hindukusch eingesetzt werden.

Nominell geht es um eine Ausweitung eines Ausbildungs- und Beratungseinsatzes - "trainieren, assistieren und beraten", heißt die Einsatzbeschreibung für Resolute Support, wie sie die Tagesschau wiedergibt. Der Kampfeinsatz der Nato wurde 2015 beendet. Für die Aufstockung braucht es ein neues Mandat, das bisherige erlaubt nur 980 Soldaten.

"Wenn wie geplant die Beratung der Afghanen auch mehr in der Fläche stattfinden soll, sind dafür zusätzliche Soldaten zum Schutz dieser Berater vorgesehen; darauf soll voraussichtlich der Großteil der weiteren rund 300 Soldaten entfallen. Die Ausweitung – erwartbar bei allen Nationen, die an der Resolute Support Mission beteiligt sind – ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die Sicherheitslage am Hindukusch in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert hat", kommentiert Thomas Wiegold.

Die Verteidigungsministerin will, dass die Verstärkung bald genehmigt wird. Schon nächste Woche soll das neue Mandat vom Kabinett beschlossen werden. Das "Ja" der SPD-Mitglieder zur Koalition mit der Union dürfte das Startsignal für die Nachricht von der Aufstockung der Bundeswehr gegeben haben.

Die Nato drängt schon länger auf einen "Surge", der dem der USA folgt. Die sich verschlechternde "Sicherheitslage" in Afghanistan , die Geländegewinne der Taliban, die Anschläge des IS wie der Taliban in der jüngsten Zeit, die weltweite Aufmerksamkeit bekamen, brachte den US-Kommandostab schon vor einiger Zeit zur Schlussfolgerung, dass verstärkte Luftangriffe und eine intensivierte Unterstützung der afghanischen Armee, die Taliban an den Verhandlungstisch zwingen würden, um eine Friedensvereinbarung auszuhandeln.

Die Nato-Mitglieder sollen ihre Beratungstätigkeiten und die Ausbildung der afghanischen Armee ebenfalls ausbauen. Man haben sich darauf geeinigt, "deutlich mehr Bündnistruppen für die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte bereitzustellen", berichtet die Tagesschau, mit der Aussage, dass die Zahl der Soldaten insgesamt "von derzeit rund 13.000 auf knapp 16.000 steigen" soll. Alle nur für die Ausbildung, nur Lehrer und Berater, die nicht kämpfen?

Deutsche Soldaten dürfen nur zur Waffe greifen, um extreme Gefahr von sich und Verbündeten abzuwenden.

Tagesschau

Von der Leyen vollzieht mit der Aufstockung des BW-Mandats eine Direktive, die von der Nato schon länger ausgehängt wurde. Neue politische Wucht bekam dies durch Donald Trump, der mehr Engagement von den Partnern der USA forderte.

Bei von der Leyen, die sich seit langem schon für ein größeres internationales Engagement der Bundeswehr und Deutschlands ("Mehr Verantwortung übernehmen") ausspricht, war an diesem Punkt kein Einspruch zu erwarten, sondern eine schnellstmögliche Zusage nach der unklaren Lagen seit der Bundestagswahl im September 2017.

Die nicht gerade überzeugende Bilanz von einer im Herbst auf immerhin 17 Jahre Erfahrung angewachsenen Intervention in Afghanistan spielt nicht die erste Geige. Es geht im größeren politischen Rahmen um Präsenz, Bündnispflichten und Loyalitäten, die von politischen Ratlosigkeits-Konzepten getragen werden, und - was Beobachter außerhalb des Medien-Mainstreams speziell gerne anmerken - um Ressourcen, Bodenschätze, Energieversorgung, Pipelines.

Die Zivilbevölkerung in Afghanistan lebt seit fast vierzig Jahren in einer Kriegszone mit wechselnden Schwerpunkten. Die BW-Aufstockung dürfte an diesem Zustand kaum etwas verändern. Der afghanische Präsident hat den Taliban angeboten, als Partei in der Regierung künftig mitzuwirken (Der Ball liegt nun bei den Taliban).