Afrin ist erst der Anfang
Seite 2: Türkische Spezialeinheiten in Afrin
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Bislang zogen die marodierenden Islamistengruppen plündernd und mordend durch relativ dünn besiedeltes Gebiet, aus denen die meisten Bewohner in die Stadt Afrin geflohen sind. "Es geht um Rache", berichtet Waleed al-Mahal, der einst gegen die syrische Regierung kämpfte, der Washington Post.
Er habe Dutzende seiner Verwandten in türkische Rekrutierungsbüros geschickt, um sich der Offensive anzuschließen und hofft, bald selbst einberufen zu werden. "Wir holen unser Land zurück." Amnesty International berichtete in der Washington Post von Handyaufnahmen, in denen die Islamisten Olivenöl und Hühner aus den Häusern in den eroberten Dörfern plündern. Ein anderes Video zeigt, wie die Islamisten einen Mann in Zivilkleidung aus dem Haus führen und mit dutzenden Kugeln erschießen.
Nun ist Afrin mit seinen mehr als 850.000 Menschen eingekesselt und den türkischen Spezialeinheiten, die schon das türkische Cizre, die Altstadt von Diyarbakir und weitere kurdische Städte in Schutt und Asche gebombt haben, ausgeliefert. Es droht ein blutiger Häuserkampf in der Stadt. Die türkischen Spezialeinheiten sind bekannt für ihren rücksichtslosen Umgang mit Zivilisten. Unterstützt werden sie durch die Luftangriffe des türkischen Militärs. Gegen diese militärische Übermacht werden die YPG/YPJ auf Dauer nichts ausrichten können.
Ein Massaker an der Bevölkerung kann noch verhindert werden
Vor allem Russland könnte dieses drohende Massaker noch verhindern, indem es den Luftraum für türkische Kriegsflugzeuge sperrt. Auch Assad könnte dies, indem er die syrische Armee zur Unterstützung an die Grenze zur Türkei schickt.
Deutschland, bzw. Europa könnte das drohende Massaker verhindern, indem sie der Türkei sofort den Waffen- und Geldhahn zudrehen. Die Begründung lieferte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages, als er feststellte, dass für das von der Türkei postulierte Recht zur Selbstverteidigung in Syrien Beweise fehlen.
Die UNO und die NATO könnte ein Massaker verhindern, indem sie die Türkei zur Einhaltung der UN-Resolution zur 30-tägigen Waffenruhe zwingt.
Weltweite Proteste
Es gibt Aufrufe von Aktivisten, endlich die internationale Stille zu brechen und umgehend auf die Straße zu gehen, bevor es zu spät ist. Ähnliche Aufrufe kommen von unterschiedlichen politischen Organisationen vor Ort und aus dem Ausland und finden Resonanz bei allerhand oppositionellen Organisationen in mehreren Ländern, die zu Kundgebungen, Demonstrationen und Protesten aufrufen. In Manchester stürmten hundert Demonstranten die Bahngleise am Bahnhof.
Am Wochenende fanden zahlreiche Demonstrationen in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Düsseldorf und zahlreichen anderen Städten statt. Auch in Italien, Griechenland und der Schweiz fanden Kundgebungen gegen den türkischen Angriffskrieg statt. Der Ministerpräsident von Thüringen solidarisierte sich auf Twitter mit der YPG und forderte die Türkei zum Rückzug aus Afrin auf. Als Reaktion erhielt er Morddrohungen und erntete einen Shitstorm auf Twitter.
In den Fernsehnachrichten und Zeitungen steht jedoch nach wie vor Ost-Ghouta im Vordergrund der Berichterstattung über Syrien. Die Welt empört sich über das Leid der 400.000 Menschen in Ost-Ghouta. Zu Recht. Nur, wo bleibt die Empörung über das dreimal so große Afrin mit 850.000 Einwohnern und ca. 450.000 Binnenflüchtlingen? Wenn Assad und Putin vorgehalten wird, sie würden die Luftangriffe in Ost-Ghouta mit dem "Krieg gegen Terroristen" legitimieren, müsste dies auch Erdogan vorgehalten werden.