Alexis Tsipras: Vom Revolutionär zum Konservativen
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SYRIZA verliert sein linkes Gesicht und geht in Richtung Law and Order
Der rasante Wandel des 2015 als linksradikale Partei angetretenen SYRIZA zu einer rechtskonservativen law & order Gruppe scheint immer schneller vonstatten zu gehen. Es ist bezeichnend, dass auf allen Ebenen einst als Fahne hoch gehaltene linke humanitäre Werte von Bord geworfen werden. Innerhalb nur einer Woche wurden zahllose Missstände sichtbar.
Premierminister Alexis Tsipras ist stolz auf die Lebensbedingungen der Flüchtlinge im Land, während internationale Hilfsorganisation ihn ausgerechnet wegen dieser kritisieren.
Die humanitären Werte werden sekundär
Das internationale Image von Tsipras als Verfechter von humanitären Werten nahm auch mit anderen Anlässen Schaden. Die griechische Regierung verkauft - oder versucht dies zumindest - Waffen und Munition an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Amnesty International rief die Regierung in einem Appell dringend auf, die Lieferung in die Krisenstaaten der Golfregion zu unterlassen. Im Fall von Saudi-Arabien erinnert Amnesty die Griechen daran, dass der Staat wegen Kriegsverbrechen für die humanitäre Katastrophe im Jemen verantwortlich ist. Ein Detail der Geschichte ist die Tatsache, dass Alexis Tsipras erster Regierungssprecher und langjähriger Freund Gabriil Sakelaridis in Griechenland Vorstandsmitglied von Amnesty International ist. Sakelaridis hatte sich nachdem er mit Tsipras neuem Regierungskurs nicht einverstanden war, komplett aus der Politik zurückgezogen. Seinen Abgeordnetensitz überließ er dabei SYRIZA und vermied so eine Schwächung der Regierungsfraktion.
Der Direktor der SYRIZA-Fraktion in der Vouli, dem griechischen Parlament, Kostas Zachariadis, erklärte den Rüstungsdeal auf seine Weise. Wenn die griechische Regierung den Saudis keine Waffen verkaufen würde, dann würde sich halt ein anderer finden, meinte er. Schließlich würde kein Frieden im Jemen einkehren, wenn die Griechen keine Munition liefern würden.
Innerhalb von SYRIZA finden sich nur wenige Politiker, denen solche Aussagen zu zynisch und derartige Geschäfte zu schmutzig sind. Der frühere Bildungsminister Nikos Filis gehört dazu. Er fordert seine Partei auf, den Deal abzusagen. Dazu schloss sich Filis einem entsprechenden Aufruf der kommunistischen Partei an.
Diese war nämlich die einzige Oppositionspartei, welche den Verkauf von Waffen und Munition in Krisenländer als moralisch verwerflich anprangerte. Die übrigen Parteien suchten am Montag den Skandal in der Art und Weise des Verkaufs. Dreizehn Politiker der Nea Dimokratia hatten eine Eilanfrage gestellt, weil die Verwicklung eines Vasilis Papadopoulos aus Axioupoli in der ehemaligen Präfektur Kilkis zahlreiche Fragen aufwirft.
Der Verkauf wurde vorläufig auf Eis gelegt, nachdem am Donnerstag das EU-Parlament einen nicht verbindlichen Aufruf zum Waffenembargo beschloss. Die Regierung nahm dies zum Anlass, das Geschäft zu stoppen. Sie verweist darauf, dass damit sämtliche Skandalvorwürfe wegen der Art und Weise des Deals hinfällig würden. Dokumente, welche Verteidigungsminister Panos Kammenos zu seiner Rechtfertigung vorlegte, werden von der Opposition offen als Fälschungen bezeichnet. Trotz der eigenen, vorher zynischen Haltung zum Kriegsverbrechen im Jemen prangert SYRIZA nun selbst die Nea Dimokratia an, weil deren Abgeordnete im EU-Parlament nicht für das Embargo stimmten.
Erwähnenswert ist, dass während der Parlamentsdebatte von der Regierung als Argument für den Verkauf angeführt wurde, dass die Munition, wenn sie nicht verkauft werden könne, für teures Geld im Ausland entsorgt werden müsste. Seitens der Opposition wird zudem angezweifelt, ob die hinsichtlich des Deals von der Regierung nach langem Zögern und Ausflüchten wegen der Einstufung als "Geheimakten" vorgelegten Dokumente über die bisherigen Verhandlungen zum Waffenverkauf echt sind. Für die Regierung sind Überprüfungen der Echtheit jedoch kein Thema mehr. Sie argumentiert, dass der Verkauf auf Eis liegen würde und somit gegenstandslos sei.
Die nächsten Privatisierungen
2014, vor dem ersten Wahlsieg Tsipras im Januar 2015, wurde von der Kreditgebertroika der Verkauf von Teilen des staatlichen Energiekonzerns Public Power Company (PPC oder griechisch DEI) gefordert. Die damalige konservative Regierung Samaras konnte dies nicht durchsetzen. Zum einen streikte, vom damaligen Oppositionsführer Tsipras gestützt, die Gewerkschaft der PPC, es kam zu zahlreichen Stromausfällen. Zum anderen heizten Tsipras und sein späterer Koalitionspartner, der rechtspopulistische Panos Kammenos, die Diskussionen im Parlament an. Sie warfen der damaligen Regierung vor, sie würde mit dem Verkauf der Elektrizitätsautarkie das Land verraten. Beide drohten der Regierung mit einem Sondergericht nach der nächsten Wahl.
Am Freitag den 1. Dezember 2017 unterzeichnete Energieminister Giorgos Stathakis den Verkauf von vier Braunkohlekraftwerken der DEI nebst den dazugehörigen Braunkohlefördergebieten. Falls der erzielbare Preis nicht den Forderungen der Troika entspricht oder aber weitere Etatlücken entstehen, müssen zusätzlich hochmoderne Wasserkraftwerke verschleudert werden. Tsipras spricht nun nicht mehr von Landesverrat oder einem verbrecherischen Ausverkauf, sondern verweist darauf, dass er die öffentliche Beteiligung an der Elektrizitätserzeugung auch in Zukunft garantiere.