Alkohol und Nikotin sind gefährlicher als LSD, Ecstasy oder Cannabis
Der Drogenbeauftragte der britischen Regierung kritisiert die "künstliche" Aufteilung von erlaubten und verbotenen Drogen
Der Drogenbeauftragte der britischen Regierung, Professor David Nutt, kritisiert die im letzten Jahr von der damaligen Innenministerin Jacqui Smith getroffene Entscheidung, Cannabis nach dem Drogenmissbrauchsgesetz von 1971 in die Drogenklasse B einzuordnen. Damit gilt die Droge als gefährlich und wird strafrechtlich ähnlich behandelt wie der illegale Besitz von Amphetaminen oder Ritalin (bis zu 5 Jahre Gefängnis) oder der Handeln mit diesen Stoffen (bis zu 14 Jahren).
Nutt ist der Meinung, dass Cannabis ebenso wie Ecstasy oder LSD weniger gefährlich seien wie Alkohol und Zigaretten. Ecstasy und LSD sind in der Drogenklasse A. Hier werden auch Heroin, Kokain, Crack, halluzinogene Pilze, Metylamphetamin und Amphetamine eingeordnet, die gespritzt werden. Für den Handel ist die Höchststrafe lebenslänglich Gefängnis.
Nutt schreibt in einem Paper als Grundlage eines Vortrags im Centre for Crime and Justice Studies am King's College, dass es nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum die einen Drogen verboten sind und andere, sehr gefährliche Drogen wie Alkohol oder Zigaretten nicht unter das Drogengesetz fallen, sondern nur wie Lebensmittel und mit einer Altersgrenze reguliert würden. Kaffee sei eine der am weitesten verbreiteten Drogen. Khat werde auch in Großbritannien von Migranten gekaut. Sowohl Kaffee als auch Khat könnten weigehend unreguliert vertrieben werden. Die Unterscheidung etwa zwischen Alkohol oder Nikotin von anderen Drogen, die verboten sind, sei "künstlich".
Das Drogenmissbrauchsgesetz stuft die Drogen in drei Klassen A, B und C nach ihrer Gefährlichkeit ein, Besitz und Handel werden je nach Gefährlichkeit stärker geahndet. Das sollte man auch machen, meint Nutt, wenn das System flexibel ist und Veränderungen nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erlaubt. Das aber habe die frühere Innenministerin, die die Heraufstufung von Cannabis von C auf B angeordnet habe, gegen den wissenschaftlichen Erkenntnisstand und die Empfehlung des Advisory Council on the Misuse of Drugs (ACMD) gemacht. Nutt ist Vorsitzender des ACMD.
Dieser hat Cannabis als schädliche Droge bezeichnet, gegen deren Verbreitung vor allem bei jungen Menschen vorgegangen werden müsse. Da das Risiko aber gering sei, dass durch den Konsum eine Psychose ausgelöst wird, und auch sonst schädliche Folgen eher gering sind, plädierte man für die Beibehaltung der Einstufung in die Klasse C. Cannabisraucher hätten ein 2,6 Mal so großes Risiko, eine Psychose zu entwickeln wie Nichtraucher. Das aber müsse man etwa im Verhältnis zu Zigarettenrauchern sehen, die ein 20 Mal größeres Risiko haben, an Lungenkrebs zu erkranken.
Man müsse alle Drogen nach ihrer Gefährlichkeit einstufen. Dann käme Alkohol an fünfter Stelle nach Kokain, Heroin, Barbituraten und Methadon und müsste in die B-Klasse eingestuft werden. Tabak käme an neunter Stelle – auch in Klasse B - nach Ketaminen, Benzodiazepine und Amphetaminen. Cannabis bliebe in C an 11. Stelle, vor LSD und Ecstasy. Man müsse offen darüber diskutieren, meint Nutt, welchen Zweck Drogengesetze haben sollen und ob die bestehenden ihrem Zweck dienen. Man müsse auch davon ausgehen, dass junge Menschen mit Drogen und anderen potenziell gefährlichen Aktivitäten experimentieren und sich überlegen, was man in geeigneter Weise tun kann, um sie in diesem Alter vor Schaden zu bewahren. Ihnen Angst zu machen, damit sie diese nicht ausprobieren, sei vermutlich falsch.