Alles noch mal durch den Mixer

Damit niemand die vergessene Insel vergisst

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Wer schon mal mit Steve Ince geplaudert hat, der weiß, dass ihm allzu komplizierte Rätsel zuwider sind und er die Meinung vertritt, "die meisten Leute verlangen gute Geschichten". (siehe Interview in Game Generations). Nun beweist dies der Autor, der die Geschichten für Beneath a Steel Sky und einige Teile der Baphomets Fluch-Reihe geschrieben hat, aufs Neue: Die Wii-Version seines Point-and-Click-Adventures So Blonde überrascht mit einer fesselnden Story.

Zunächst könnte man ja meinen, es handle sich bei dem Titel um eine simple Portierung. Doch weshalb steht dann auf der Verpackung der Zusatz Zurück auf die Insel? Vielleicht ist das bloß 'ne Idee aus der Marketingecke? Doch anstatt jetzt wild herumzuspekulieren, lässt sich dazu sagen, dass es einem signalisiert, bereits bekannten Figuren und Orten erneut zu begegnen. Und daher kommt die Geschichte all jenen Spielern, die So Blonde vor zwei Jahren auf dem PC gezockt haben, sofort vertraut vor. Allerdings nur oberflächlich betrachtet, gibt es inhaltlich doch hier und da Neues.

Sunny fischt ihre Handtasche aus einem Baum. Screenshots: dtp

Wie durch ein Wunder gelangt das blonde Teeniegirl Sunny, ein rundherum verwöhntes Modepüppchen, an den Strand einer Insel. Im Vergleich zur PC-Version sieht die Umgebung jedoch nicht nach einem Traumland aus, sondern vielmehr nach einem gestürzten Paradies. Sunny erblickt eine Person, die auf einer Anhöhe steht. Auf die Hilferufe der Blondine reagiert sie nicht. Stattdessen schwebt sie einem Geist gleich davon. Nach ein wenig "Benutze Objekt A mit Objekt B" trifft Sunny auf Captain One-Eye.

One-Eye ist ein rücksichtsloser Halunke, scheint Sunny aber nicht abgeneigt. Zumindest sperrt er sie nicht sofort ein. Eigentlich ist die Insel ja nicht für die Außenwelt sichtbar, sogar die Zeit soll hier still stehen. Wie dem auch sei, Sunny erhält von One-Eye erst einmal drei Aufträge: dem Bürgermeister ein Schreiben überbringen, One-Eyes neuen Hut in Olivias Laden abholen und ein Geschenk für eine außergewöhnlich hübsche Frau besorgen. Die hübsche Frau ist niemand Geringeres als Captain Morgane. Doch nicht nur One-Eye hat ein Auge auf sie, auch des Bürgermeisters Herz schlägt für die kesse Brünette.

Vor Jahren hat hier Nathaniel gehaust.

Das wichtigste Ziel, das der Spieler zu verfolgen hat, ist herauszubekommen, wie Sunny wieder die Insel verlassen kann. One-Eye wird ihr dabei nämlich sicher nicht helfen, selbst wenn er es ihr zu Beginn in Aussicht stellt. Dass ihm Sunny dennoch vertraut, liegt an ihrer Leichtgläubigkeit. Die verliert sie im Verlauf der Handlung peu à peu, schließlich stellt ihr Abenteuer einen Reifungsprozess dar. In dieser Hinsicht vermittelt die Wii-Version keine andere Botschaft als die Computervariante. Der signifikanteste Unterschied liegt hingegen darin, dass man im zweiten Kapitel plötzlich einen jungen Mann namens Nathaniel steuert.

Nathaniel lebt etliche Jahre vor Sunny auf der Insel und erledigt Aufträge für den Bankier Guzman. Nathaniel teilt sich seine Unterkunft mit Hilary, einem kleinwüchsigen Mann, der die Verträge für Guzman aufsetzt. Während Nathaniel bei allen Inselbewohnern beliebt ist, erregt Hilary die Gemüter: Im sechsten Kapitel muss Nathaniel Hilary von einem Mast befreien, an den ihn einige Leute gefesselt haben. Dadurch wächst in Hilary so sehr der Groll, dass er sich gegen den Rest stellt. Und deswegen wird einem zunehmend klar, dass Hilary und One-Eye ein und dieselbe Person zu sein scheint...

One-Eye zeigt sein wahres Gesicht.

Wer So Blonde - Zurück auf die Insel durchspielt, stellt am Ende fest, dass Steve Ince seine Geschichte noch mal durch den Mixer gejagt und mit frischen Zutaten aufgepeppt hat. Verglichen mit dem PC-Game wirken die Rätsel leichter und der Schwerpunkt liegt noch mehr auf den Dialogen. Das hat zur Folge, dass man unbedingt den Fluch, der über der Insel liegt, auflösen möchte. Dafür sitzt man gut und gern 13 Stunden auf der Couch. Von einem billigen Abklatsch kann man also wirklich nicht sprechen. Enttäuschend sind lediglich die Minispiele. Sie versprühen diesmal keinen Retrocharme. Leider wirken sie eher kindisch. Wahrscheinlich betrachtet das Produktmanagement die Wii immer noch allzu sehr als Familienkonsole. Darüber hinaus stört die eintönige Hintergrundmusik; ständig ertönt der gleiche Reggae-Beat.