Alles rächt sich
Am Ziel vorbeigeschossen: die Adaption des Action-Shooters "Max Payne"
Liebe Filmemacher, was bitte soll denn das? Da existiert ein Stoff, aus dem sich ein wunderbarer Streifen für die Leinwand stricken ließe, doch das scheint niemandem von euch bewusst gewesen zu sein. Stattdessen produziert ihr einen Film, dem es in vielerlei Hinsicht mangelt – kaum zu glauben! Mannomann!
Sicherlich ist es ausgerechnet im Fall von „Max Payne“, jenem Action-Shooter, der vor sieben Jahren aufgrund seines außergewöhnlichen Action-Stils für Furore in der Computer- und Videospielszene gesorgt hat, ein immens schwieriges Unterfangen, eine Adaption für die Leinwand zu verwirklichen. Doch dass Drehbuchautor Beau Thorne und Regisseur John Moore solch einen Mist fabriziert haben, das geht auf keine Kuhhaut.
Okay, das düstere Setting ist stimmig, doch das allein reicht keinesfalls. Zunächst vermisst man vor allem die Comic-Strips, die die Story des Games aus dem Off in Rückblenden erzählen und den Rachefeldzug des Helden plausibel erscheinen lassen. Die Adaption nimmt dieses Element zwar auf, doch eben ohne Zeichnungen und ohne Voice over. Für Kenner des Film-Noir-Genres wirkt das Ganze daher wie ein alter Hut. Und genau darin liegt der Hund begraben: Die Entwickler des Games bedienten sich filmischer Elemente und präsentierten diese auf hohem Niveau.
So kommen wir im nächsten Atemzug direkt zum zweiten Aspekt, der so genannten „bullet time“, der Möglichkeit des Spielhelden, die Zeit zum eigenen Vorteil zu verzögern, um den Schüssen der Gegner auszuweichen. Davon ist im Film so gut wie gar nichts zu sehen, und wenn es mal zu Zeitlupenaufnahmen kommt, dann reißen die einen überhaupt nicht vom Hocker – selbst wenn man sich das sehr wünscht! Dieser Eindruck kommt vor allem deswegen zustande, weil derartige Effekthascherei bereits von der „Matrix“-Trilogie bis aufs Letzte ausgeschlachtet wurde. Und das rächt sich jetzt.
Weshalb also überhaupt „Max Payne“ umsetzen, wenn doch genau diejenigen Elemente, die das Game haben so bravourös wirken lassen, längst viel zu altbacken sind? Na weil sich die Filmindustrie immer wieder aufs Neue den großen Reibach verspricht, wenn ein Streifen auf einer populären Vorlage beruht. Im Fall von „Hitman“ hat das zuletzt auch ziemlich gut funktioniert, und auch der zweite „Resident Evil“-Teil hatte seine Stärken. „Max Payne“ reiht sich in diese Gruppe nicht ein, sondern gehört in den Keller verfrachtet. Leider. Denn selbst die Story ödet an, mündet die doch in übersinnlichem Nonsens.
Darüber hinaus ist Mark Wahlberg eine absolute Fehlbesetzung. Den Schmerz, unter dem der von ihm dargestellte Einzelgänger leidet, kauft man dem Schauspieler nur schweren Herzens ab – eigentlich sogar nur in der Szene, in der sich die mit einer verhängnisvollen Droge zugedröhnte Natasha (Olga Kurylenko) auf Max’ Bett schmeißt und mit ihm poppen will, währenddessen er sie ruhig beim Namen seiner toten Frau nennen dürfe. Auf diese verführerische und zugleich verletzliche Einladung wird sich der Cop nämlich nicht einlassen. Es geht im nur darum, herauszufinden, wer seine Frau und das Baby umgebracht hat.
Insgesamt betrachtet macht Mark Wahlberg einen zu niedergeschlagenen Eindruck. Ein Typ wie Mickey Rourke in „Sin City“ oder Michael Madsen wäre vielleicht die bessere Wahl gewesen. Denn als Kenner der Vorlage wünscht man sich einen härteren, einen kompromissloser daherkommenden Charakter mit pockennarbigem Gesicht. Ein anderer Darsteller hätte dann vielleicht auch dafür plädiert, dass man im Verlauf der anderthalb Stunden mehrere Waffen einsetzt. Doch auch an dieser Vorgabe schießen die Filmemacher vorbei. Schade, schade, ja so schade, dass es einem die Sprache verschlägt…
Unterm Strich bleibt nur das Gefühl zurück, wertvolle Zeit seines Lebens verschenkt zu haben. Denn als Zocker hat man sich nicht nur mehr Nähe zum Original gewünscht, sondern hätte es auch cool gefunden, wenn die Filmemacher auf die Idee gekommen wären, ab und an Momente aus zentrierter Perspektive einzubauen. Wieso dann nicht einfach mal alles so inszenieren als würde man selbst die Zeit anhalten und selbst abdrücken? Weil dann wieder alle sagen würden, das sei eine bedenkliche Gangster-Orgie, die uns alle zu Amokläufern erziehe – das einstige Schicksal des Games. Stattdessen wird uns ein hanebüchen öder 16er-Streifen aufgetischt. Freuen wir uns also lieber auf „Sin City 2“, denn schon der erste Teil war näher an „Max Payne“ dran als dieses beschissene Werk. Ach ja, hätte doch nur David Fincher Regie geführt! Der hätte vielleicht Mut zu Neuem gewagt, etwas mit dem Medium Film herumexperimentiert, denn genau das ist, was dem Film letztlich fehlt.