An der Schwelle zum automatischen Krieg
Der Erfolg in dem Roboter-Wettlauf der Darpa ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu autonomen Kampfrobotern
Roboter halten schon seit Jahren Einzug in den modernen Krieg. Die Cruise Missiles der amerikanischen und russischen Streitkräfte sind nichts anderes als selbsttätig zielsuchende Bomben, die mittels moderner GPS und radarunterstützter Landschafts-Verfolgung tief in das Gebiet eines Gegners eindringen und treffsicher ihre tödliche Fracht am gewünschten Ort detonieren lassen. Sozusagen Kamikaze-Robots. Diese Art der Roboter ist letztlich jedoch dumm, die Zielkoordinaten werden vorher festgelegt und der Roboter fliegt auf einer vorgegebenen Route - kleinere Abweichungen korrigierend - in das gewünschte Ziel.
Ein anderes Beispiel sind die unbemannten Aufklärungsflugzeuge, sogenannte UAV (Unmanned Aereal Vehicle), die praktisch ferngesteuerte Drohnen sind, aber auch gewisse Aufgaben selbsttätig übernehmen. Sie können ein vorher eingegebenes Zielgebiet automatisch erreichen und dann dort in der Luft in Höhen bis zu 30 km verweilen, bis sie für bestimmte Aufgaben abgerufen werden. Ausgerüstet mit Lenkraketen können sie sogar Ziele angreifen. Aber nur mit einem Offizier im Hintergrund, der in sicherer Entfernung, teilweise sogar von einer Einsatzzentrale in den USA, die Aktionen des UAV auf dem Bildschirm verfolgt und an einem Steuerpult entsprechende Anweisungen erteilt ().
Demnächst haben wir es mit einem weiteren, weitaus wichtigeren Schritt zum automatischen Krieg zu tun: Die Roboter treffen eigenständige Entscheidungen. Zwar beschränkt sich das bisher noch auf relativ einfache Aufgaben, wie das selbsttätige Fahren in unbekanntem Gelände. Bald aber dürfte die Grenze zum eigenständig operierenden und um sich schießenden Kampfroboter überwunden sein.
Zunächst geht es jedoch erst einmal um die Probleme des Nachschubs. Wegen der hohen Verluste von Menschenleben auf den Nachschubrouten hat der amerikanische Kongress das Pentagon beauftragt, bis 2015 etwa ein Drittel aller Landfahrzeuge des Militärs von Robotern fahren zu lassen. Letzte Woche nun hat die DARPA (Defense Advanced Research Projekts Agency) in der Mojave-Wüste das zweite Roboter-Wettrennen der Welt unter dem Titel Grand Challenge veranstaltet.
Wettrennen in der Wüste
Nachdem letztes Jahr keiner der Roboter über wenige Kilometer hinaus gekommen ist, gab es dieses Jahr die ersten Erfolge. Die Fahrzeuge mussten eine Hindernis-Strecke von etwa 212 km innerhalb 10 Stunden selbstständig überwinden. 4 Roboter von insgesamt 23 haben es geschafft. Der Gewinner des Wettrennens war Stanley, ein umgebauter Volkswagen Touareg der Universität Stanford.
Was den Gewinner zunächst von den meisten anderen unterscheidet ist, dass es ein straßentaugliches Familienfahrzeug ist, das nur leicht modifiziert wurde. Stanley hat etwas größere Reifen als ein gewöhnlicher VW-Touareg, eine verstärkte Stoßstange und eine Metallplatte zum Schutz des Unterbodens. Außerdem wurden Steuerung, Bremsen und Gaspedal an die Rechnersteuerung gekoppelt. Die Strategie für autonomes Fahren ist eigentlich sehr einfach, sagen die Macher auf ihrer Webseite:
Der Roboter muss wissen wo er ist, den Weg erkennen, die beste Route wählen und danach handeln.
Eine Vielzahl von Sensoren zusammen mit einem GPS-System bestimmt die Position des Fahrzeugs auf etwa 5 cm genau. Laser-Abtast-Geräte auf dem Dach des Fahrzeugs verfolgen kontinuierlich die nähere Umgebung des Fahrzeugs. Sie achten dabei besonders auf Hindernisse, wie Steine, Schlaglöcher, Stacheldraht-Zäune oder andere Objekte, beispielsweise auf liegen gebliebene Konkurrenten.
Die Laser-Abtaster können jedoch nur etwa 4 Fahrzeuglängen vorausschauen. Bei Geschwindigkeiten von 50 bis 60 km/h, wie sie bei dem Rennen gefordert werden, benutzt das Fahrzeug deshalb zusätzlich ein Radarsystem, mit dem es kontinuierlich den weiteren Horizont abtastet. Kameras, die hinter den Windschutzscheiben angebracht sind - wegen der Gefahr von Schmutzspritzern - zeichnen hochauflösende Stereo-Bilder des Weges auf. Alle eingehenden Informationen werden dann in mehreren Computern gleichzeitig verarbeitet. Die Computeralgorithmen „lernen“ dabei das Terrain kennen und ermitteln die optimale Route.
„Dies ist eigentlich ein Software-Wettbewerb“, sagt Professor Sebastian Thrun, Leiter des Stanford Teams über das Wettrennen in der Wüste. Mehrere Monitore im Wageninneren zeigen den komplizierten „Denkprozess“ des Roboters, wenn er alle Zehntelsekunde die relative Sicherheit der verschiedenen möglichen Strecken analysiert und gewichtet. Ein Wahrscheinlichkeits-Algorithmus des leitenden Software Entwicklers Michael Montemerlo interpretiert dabei die Fülle der eingehenden Sensordaten.
Insgesamt verfügt Stanley über 6 Pentium M Laptops, die im Kofferraum in einem schocksicheren Gehäuse untergebracht sind, um die widrigen Verhältnisse auf der Wüstenstrecke zu überstehen. Die Rechner sind zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Alle Programme sind mehrfach vorhanden, sodass selbst bei einem Ausfall von einem oder zwei Rechnern das Fahrzeug immer noch manövrier- und entscheidungsfähig bleibt.
Der sparsame Turbo-Diesel des Touareg erlaubt es dem Fahrzeug, die gesamten 10 Stunden des Rennens mit einer einzigen Tankfüllung zu überstehen und dabei auch noch die gesamte Bordelektronik mit zu versorgen.
Da der Touareg vollkommen straßentauglich und offiziell als Straßenfahrzeug zugelassen ist, konnten die Mitarbeiter des Teams um Prof. Thrun sich jedes freie Wochenende einfach in den Wagen setzen und zu einem der Off-Road-Gelände außerhalb von Los Angeles fahren, um dann Stanley „los zu lassen“. Nach den Testfahrten haben sich die Mitarbeiter oft bis in die Nachtstunden in einer Bar für Off-Roader getroffen, um die Programme weiter zu optimieren.
„Wir haben praktisch eine Ecke der Bar übernommen, unsere Laptops aufgeklappt und angefangen zu programmieren“, erläutert Gabe Hoffman, ein Doktorand des Flugzeug- und Weltrauminstituts, der an der Kontroll-Software mitgearbeitet hat.
Viele der an dem Roboter-Wettrennen beteiligten Wissenschaftler und Studenten träumen vom Einsatz ihrer Fahrzeuge bei künftigen Hilfseinsätzen. So vor allem die Mitglieder des Canjunbot-Teams, der Universität von Louisiana. Sie hatten die letzten Tage vor dem Roboter-Rennen damit verbracht, Leute aus dem zerstörten New Orleans mit ihrem Schlauchboot zu retten.
Natürlich wird diese Roboter-Technologie irgendwann auch einmal dafür eingesetzt, Menschen zu helfen. Entwickelt werden diese Maschinen jedoch zunächst einmal, um Menschen besser und vor allem effizienter zu töten.
Auswirkungen auf den Krieg der Zukunft
Das Wettrennen in der Wüste hat gezeigt, dass es machbar ist, Roboter eigenständig in unbekanntem Terrain fahren zu lassen. Zunächst können wir davon ausgehen, dass in den kommenden Jahren die autonom fahrenden Fahrzeuge noch erheblich verbessert werden. In etwa 5 bis 7 Jahren wird es erste für das Militär einsatzfähige Systeme geben. Diese werden dann - wie derzeit geplant - vor allem für die Nachschubwege eingesetzt.
Da die Nachschubrouten trotzdem weiterhin attackiert werden dürften, ist abzusehen, dass die Roboter bald auch kleine Waffen zur Selbstverteidigung erhalten, um sich gegen die Attacken zu wehren. Damit ist es dann kein weiter Weg mehr bis zum vollautomatischen Panzer, der die Versorgungsfahrzeuge schützt, aber auch bei Angriffen eingesetzt werden kann.
Bereits seit längerem arbeitet das Pentagon an Visionen zur automatischen Kriegsführung. Vor allem in Zeiten knapper Rekruten haben derartige Visionen ihren Reiz. Hinzu kommt, dass in der heutigen hochspezialisierten Armee die Menschen nur schwer ersetzt werden können. Roboter dagegen lassen sich beliebig vermehren, vor allem dann, wenn sie in vollautomatischen Fertigungsstrassen produziert werden. Und schließlich wird die Hemmschwelle zum Töten erheblich herabgesetzt, wenn die Militärs der Zukunft nur noch auf einen Knopf drücken müssen und die Roboter dann die Drecksarbeit alleine erledigen.
Neben vollautomatischen Panzern, die in einer ersten Angriffswelle vor allem feindliche Panzer und Artillerie ausschalten sollen, wird im Arsenal der Waffenschmiede bereits an weiteren perfiden Kampfrobotern gearbeitet. So gibt es seit langem schon Versuche, Minen intelligenter und auch beweglicher zu machen (). Anstelle dass die Minen einfach abwarten, bis ein Fahrzeug über sie hinweg fährt, sollen sich derartige Roboter-Minen ein Ziel aktiv suchen und es dann auch gleich attackieren. Es gibt bereits erste Prototypen, die wie kleine Insekten krabbeln und einen Aktionsradius von mehreren hundert Metern haben.
Die Air Force arbeitet seit Jahren an der Entwicklung vollautomatischer Kampfflugzeuge. Haben sich derzeit vor allem die UAV (Unmanned Aereal Vehicle) im Irak-Krieg für Aufklärungsaufgaben unerwartet positiv bewährt, () so will man künftig vor allem Bomber und Kampfflieger automatisieren. Das hat gleich zwei Vorteile: Zum einen ist die Ausbildung eines Kampfpiloten extrem teuer, langwierig und aufwendig. Zum anderen ist der Mensch in den heutigen hochkomplexen Kampfflugzeugen immer mehr die Schwachstelle. Schon jetzt kann ein Pilot ein modernes Kampfflugzeug ohne die Unterstützung von Computern überhaupt nicht mehr fliegen, geschweige denn damit kämpfen. Außerdem sind die Beschleunigungskräfte, die bei Kampfflügen auftreten, an der Grenze des für Menschen Erträglichen.
Schon in den neunziger Jahren ist die britische Air Force in Experimenten dazu übergegangen, Kampfpiloten in ihren Simulatoren gegen Neuronale Netzwerke antreten zu lassen. Neuronale Netze sind sozusagen der nächste Schritt auf dem Weg zur künstlichen Intelligenz. Sie arbeiten nicht mehr wie ein Computer, sondern simulieren die Funktion biologischer Gehirne. Waren diese Neuronalen Netze anfangs noch nicht einmal in der Lage, selbstständig zu fliegen, so haben sie schnell gelernt und konnten nach Tausenden von virtuellen Kampfflügen von den britischen Piloten praktisch nicht mehr besiegt werden. Umgekehrt, sie waren besser und schneller als jeder Kampfpilot, weil sie wesentlich kürzere Reaktionszeiten aufweisen, Unmengen von Daten gleichzeitig verarbeiten können, keine physischen Grenzen bezüglich der Beschleunigungskräfte haben und vielleicht auch, weil sie keine Angst kennen.
Hinzu kommen weitere Errungenschaften der Kriegsmeister. Dazu gehören vor allem die Aussichten auf Nano-Roboter. Das sind kleinste Automaten - kleiner als eine Stubenfliege -, die durch die erheblichen Fortschritte der Nanotechnologie in greifbare Nähe rücken. Hier kennt die Phantasie der Kriegsstrategen schon fast keine Grenzen mehr: Sie träumen von Millionen kleinster Angriffsrobots, die biologische oder chemische Kampfstoffe gezielt verteilen, in die Körper der (menschlichen und maschinellen) Gegner eindringen und sie lahm legen oder einfach den Generalstab des Gegners ausspionieren. Bis jetzt scheitern derartige Ideen immer noch an der fehlenden Miniatur-Energieversorgung für die Nano-Armeen, aber auch das kann sich ja bald ändern.
Ein weiteres beliebtes Feld der Mordstrategen ist der Weltraum, braucht man für die Roboter-Armeen der Zukunft doch den Überblick aus dem All. Ohne funktionierende Satellitenkommunikation ist es schwer, die Kontrolle über die Kampfmaschinen zu behalten. Es muss verhindert werden, dass sich die Kampfmaschinen gegenseitig abschießen oder schlimmer noch, die eigenen Leute angreifen. Das schon erwähnte GPS-System sowie Dutzende von weiteren Kommunikations- und Überwachungs-Satelliten müssen daher unter allen Umständen geschützt werden. Zum Roboterkrieg gehört daher auch der Weltraumkrieg wie ein Geschwisterkind dazu.
Auch für den Heimatschutz lassen sich die modernen Kriegsroboter ideal verwenden. Kürzlich hat gerade das amerikanische Homeland Security Department Interesse an der Beschaffung von über einhundert UAVs gezeigt. Diese sollen dann die Grenze zu Mexiko und vor allem die ausgedehnten Küsten der USA vollautomatisch überwachen.
Da ist es dann nicht mehr weit zur Überwachung der eigenen Bevölkerung. So ließen sich Ausgangssperren mit Robotern in der Luft und auf der Straße demnächst praktisch lückenlos kontrollieren. Noch besser eignen sich derartige Technologien zur Bewachung von Gefangenenlagern oder Grenzen, die Technologien dafür sind praktisch schon einsatzreif. Das hat dann auch den Vorteil, dass der Schiessbefehl vollautomatisch ausgeführt wird. Keiner bräuchte mehr Gewissenskonflikte zu haben. Und ein weiteres Plus: Menschliches Versagen oder „Rübermachen“ wären ausgeschlossen. Schade, dass Honecker das nicht mehr miterleben darf. Der wäre vor Freude doch glatt in die Luft gesprungen.
Krieg der Dummköpfe
Letztlich sind aber auch diese „denkenden“ Roboter noch reichlich dumm. Sie erreichen allenfalls die Intelligenz von Insekten. Alle diese Roboter „entscheiden“ nach einem vorher festgelegten Programm. Treten Situationen ein, die vorher nicht bedacht wurden oder die für das System neu sind, kann der Roboter oft nicht mehr richtig reagieren. Der Vergleich mit den Insekten ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Genau wie eine Motte um das Licht fliegt, weil sie „denkt“, sie fliegt der Sonne entgegen, verhalten sich Roboter oft genauso idiotisch, sobald etwas nicht wie vorgesehen funktioniert.
Ein gutes Beispiel konnte man bei dem Roboter-Wettrennen des vergangenen Jahres miterleben. Bei einem der Roboter-Fahrzeuge war das GPS-System defekt. In der Folge drehte er sich ständig um die eigene Achse und kam nicht mehr vom Fleck – die Motte lässt grüßen. Hier liegt dann auch die Chance für künftige Gegner der Roboter-Armeen. Oft schon mit einfachen Tricks lassen sich die Sensoren der Automaten in die Irre führen.
Ein beliebtes Spiel war schon im Irakkrieg die Manipulation des GPS-Signals. Mit relativ einfachen Mitteln lässt sich das GPS-Signalgitter mit einem Störsender um einige hundert Meter verschieben. Das reicht oft aus, um einfache Roboter zu verwirren und sie vom Weg abkommen zu lassen. Natürlich gibt es dagegen wieder Gegenmaßnahmen. Die neueren Cruise Missiles benutzen deshalb für den Zielanflug sehr detaillierte Landschaftsabgleiche, aber auch die könnte man beispielsweise mit Häuserattrappen a la Hollywood foppen.
Kampfroboter der Zukunft werden sehr stark auf Infrarotsensoren setzen, da jeder Mensch und auch alle Maschinen Wärme abstrahlen, sich damit also wichtige von unwichtigen Objekten gut unterscheiden lassen. Und vor allem nachts haben sie zusammen mit Restlichtverstärkern einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem Gegner, der ja ohne diese Technologie nachts praktisch blind ist. Außerdem kann der Robot dann die Mündungsfeuer der Angreifer sehr genau lokalisieren, da jeder Schuss als kleiner Lichtblitz im Infrarotbereich deutlich zu sehen ist.
Solche Infrarotsensoren ließen sich jedoch einfach durch eine Vielzahl von kleinen Feuern bereits blenden. Oder man könnte die Kampfmaschinen durch kleine blitzende Infrarot-LEDs verwirren, die Mündungsfeuer vermeintlicher Angreifer simulieren. Einfache Fahrradblinker könnten für diesen Zweck sogar schon genügen. Will man dagegen für die Infrarotdetektoren der Kampfmaschinen unauffällig sein, muss man sich wohl demnächst nicht in eine kugelsichere Weste, sondern in einen Styropor-Anzug quälen. Überlegenswert wäre auch ein Tarnkappen-Schutzanzug gegen die Radarsensoren mit eingebauter Kühlung, der das Wärmebild künftiger Soldaten minimiert. Oder die Gegner kapern sich einfach unbemerkt eines der Freund-Feind-Erkennungssysteme, mit dem die Roboter alle ausgestattet sein werden. Dann könnten sie sich den Kampfrobotern gefahrlos nähern und sie der Reihe nach ausschalten.
Eine weitere Schwachstelle der Automaten ist ihre Verbindung zur Kommandozentrale. Man wird derartige Roboter nicht ohne eine letzte menschliche Einflussmöglichkeit in das Kampfgebiet schicken. Das wiederum könnten sich die Gegner zu nutze machen. Künftige Generationen von Hackern könnten ganze Armeen ausschalten oder gar gegen die eigenen Leute richten.
Ein weites Feld der Kriegsphantasie sind auch zukünftige Anti-Robot-Roboter. Auch daran dürfte demnächst in den High-Tech-Waffenschmieden der Welt mit Hochdruck gearbeitet werden. Denn was könnte besser einen Roboter bekämpfen als ein anderer Robot? Hier wird letztlich also ein neues Wettrüsten in Gang gesetzt - mit beängstigendem Ausblick.
Fabrikmäßiges Abschlachten ganzer Bevölkerungsgruppen
Vor allem wird sich die Entwicklung nicht auf staatlich finanzierte Mordkommandos beschränken lassen, jeder kann sich bald seinen eigenen Kampfroboter im Internet bestellen (). Schon jetzt gibt es eine große Gemeinde von Kampf-Roboter-Enthusiasten. Das sind Anhänger von ferngesteuerten Kampfmaschinen, die in Fernsehshows öffentlich gegeneinander antreten. Für ein paar hundert Euros kann man sich die neuesten Kampfmaschinen auf entsprechenden Webseiten besorgen. Bald wird es dort auch die entsprechende Software für eigenständig operierende Systeme geben.
Schon jetzt gibt es erste neuronale Netze in einschlägigen Elektronikshops gegen Bares. Auch Rechner, die mit den schnellsten der Welt mithalten können, bestehen lediglich aus zusammengeschalteten Play-Station-Mainboards. Jeder Hobby-Bastler kann also bald seine eigenen Cruise Missiles bauen, Reichweite vielleicht 5 bis 50 km, das genügt für die meisten Anwendungen (). Ich frage mich ja schon länger, warum es eigentlich noch Selbstmord-Attentäter gibt. Haben die keinen Zugang zu Conrad-Elektronik?
Kampfroboter sind also bei weitem nicht, was uns die Befürworter glauben machen wollen: eine Option zur Vermeidung von menschlichen Opfern im Falle eines Krieges. Vielmehr trifft das das Gegenteil zu. Es besteht die Gefahr, dass der Krieg um eine schreckliche Dimension erweitert wird: das fabrikmäßige Abschlachten ganzer Bevölkerungsgruppen.
Es wird eine Entwicklung angestoßen, mit vollkommen ungewissem Ausgang. Einzig Diktaturen können sich über diese Aussichten ausnahmslos freuen, brauchen sie doch nicht mehr den menschlichen Faktor zu fürchten. Darin liegt aber auch eine große Gefahr für künftige Kriege. Bis jetzt mussten die beteiligten Soldaten immerhin noch durch geschickte Medienpropaganda für den Einsatz ihres Lebens gewonnen werden. Wir erleben das gerade wieder am Beispiel des Iran. Beim vollautomatischen Krieg fällt auch diese Barriere.
Und ein weiterer Punkt: Bei automatischen Tötungsmaschinen werden sich zivile Opfer nicht vermeiden lassen. Kampfmaschinen können zwar mit relativer Sicherheit durch moderne Freund-Feind-Erkennungssysteme die eigenen Streitkräfte erkennen, alle anderen sind dann aber potentielle Feinde. In weiser Voraussicht hat das Pentagon jedoch schon vorgesorgt. Ein erster wichtiger Schritt für den automatischen Krieg ist bereits getan: Die Zahl der getöteten Zivilisten bei Kampfhandlungen wird vom Pentagon schon seit einigen Jahren nicht mehr gezählt.
Es gibt auch ein schönes Wort für diese Opfer des militärischen Fortschritts: Collateral Damage, unbeabsichtigter Begleitschaden heißt das dann auf Neusprach.