Ankara statt Moskau: Trumps Ex-Sicherheitsberater arbeitete im Dienste der türkischen Regierung
Michael Flynn war verantwortlich, dass wegen der Beteiligung der kurdischen Verbände die geplante Raqqa-Offensive für Monate auf Eis lag
Gestern hat das US-Justizministerium den ehemaligen FBI-Direktor Mueller als Sonderermittler eingesetzt, um mögliche Verbindungen von Trumps Wahlkampfteam mit Russland und russische Versuche, die Wahl zu beeinflussen, zu untersuchen. Einen Tag zuvor war bekannt geworden, dass Trump im Februar den gefeuerten FBI-Direktor Comey unter Druck gesetzt hatte, keine Ermittlungen gegen seinen Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn aufzunehmen. Den Ex-General hatte Trump kurz zuvor entlassen müssen, weil bekannt wurde, dass er US-Vizepräsident Pence gegenüber verschwiegen hatte, mit dem russischen Botschafter telefoniert und dabei über die Sanktionen gesprochen zu haben.
Mit Flynn hatte sich Donald Trump wissentlich oder unwissentlich tatsächlich einen intriganten Militär ins Nest geholt. Der betrieb und betreibt eine Firma namens Flynn Intel Group. Bekannt ist, dass Flynn für eine Rede auf einem Galadinner von RT 33.000 US-Dollar erhielt und hier neben dem russischen Präsidenten Wladimir Putin saß. Als Ex-Offizier hätte er zuvor eine Genehmigung für die Reise und die Gelder von einem ausländischen Staat einholen müssen, was er nicht gemacht haben soll.
Das ist freilich eine Lappalie gegenüber seinen Diensten für die türkische Regierung, für die er von Anfang August bis November 2016, als er längst schon als künftiger Sicherheitsberater auftrat, immerhin 530.000 US-Dollar einstrich. Nach Unterlagen, die Flynn erst Anfang März nach seiner Entlassung bei der Foreign Agent Registration Unit einreichte - eigentlich hätte er dies schon kurz nach Beginn des Vertrages machen müssen - sollte er für eine Verbesserung der Beziehungen mit der Türkei sorgen.
Bezahlt wurde er von der holländischen Firma Inovo BV, die dem Geschäftsmann und Vorsitzenden des türkisch-amerikanischen Wirtschaftsrats Kamil Ekim Alptekin gehört, der Erdogan nahesteht. Bekannt war dies bereits seit November 2016, da Alptekin berichtete, er habe Flynn zehntausende Dollar bezahlt. Der Geschäftsführer der Flynn-Firma hatte im September gemeldet, Lobbyarbeit für die Fima zu machen. Angeblich, so hieß es damals, habe Inovo nichts mit der türkischen Regierung zu tun - und Flynns Gülen-Artikel nichts mit der Lobbyarbeit seiner Firma.
Ob Trump von Flynns Lobbyauftrag wusste, ist nicht klar. Übersehen konnte er es allerdings eigentlich schlecht. Am Wahltag hatte Flynn einen Beitrag in The Hill veröffentlicht, in dem er sich für eine enge Zusammenarbeit mit der Türkei stark machte, vor allem auch militärisch. Vor allem legte er nahe, Gülen, den er als radikalen Islamisten und als türkischen Osama bin Laden bezeichnete, endlich auszuliefern. Man müsse die unter Obama eingeschlagene Distanz zur Türkei korrigieren, den Alliierten als Priorität und die Welt aus der türkischen Perspektive betrachten.
Wie die New York Times am Mittwoch berichtete, soll er dem Übergangsteam mitgeteilt haben, dass seine Lobbyarbeit für die Türkei überprüft werde. Trotzdem wurde er erst einmal zum Sicherheitsberater ernannt, was wiederum auf Trump zurückfallen dürfte. Seit Sommer 2016 nahm Flynn an geheimen Sitzungen des Teams teil, die erste geheime Geheimdienstunterrichtung erhielt Trump bereits im August. Er war auch bei allen Telefongesprächen mit ausländischen Regierungsangehörigen im Raum.
Wie sich herausstellt, hat Flynn auch tatkräftig die türkische Regierungspolitik in Syrien verfochten, was allerdings nicht davon zeugt, dass seine Beziehungen zu Russland so stark gewesen sein können. Er hat sich dafür bezahlen lassen, gegen die Unterstützung der syrischen Kurden für die Offensive auf Raqqa zu intervenieren. US-Präsident Obama hatte beschlossen, auf die Kooperation trotz der Kritik seitens Ankaras zu setzen. Dort betrachtet man die YPG bzw. die SDF ebenso wie die PKK und den Islamischen Staat als Terrororganisationen, von anderen islamistischen Gruppen wie Ahrar al-Sham wird hingegen nicht gesprochen, weil diese von der Türkei unterstützt werden und für den Einmarsch nach Syrien gebraucht wurden.
Maulwurf der türkischen Regierung im Weißen Haus
10 Tage, bevor Trump sein Amt antrat, sprach Flynn mit Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice, wie McClatchydc.com berichtet. Sie erklärte ihm den Plan, die Offensive mit den kurdischen Verbänden zu führen. Man wollte aber das Okay des Trump-Teams einholen, da die Offensive erst unter seiner Präsidentschaft starten würde. Flynn sagte Rice, die Offensive nicht zu starten.
Das könnte mit der Grund sein, warum sie monatelang auf Eis lag, bis Trump längere Zeit nach dem Rücktritt von Flynn den Befahl gab, SDF-Verbände nach Tabqa zu bringen und die Offensive damit zu starten, wobei sich das US-Militär zunächst schützend vor die SDF-Verbände stellte und Trump schließlich ankündigte, diesen auch Waffen zu liefern. Es sei nicht bekannt, ob er eine Begründung gab oder ob er dies in Absprache mit anderen Mitgliedern des Übergangsteams besprach.
Die Intervention von Flynn ist, auch im Rückblick nach Trumps Entscheidungen, als Durchsetzung türkischer Interessen zu verstehen. Im Kongress wird nun diskutiert, ob Flynn einen Verrat begangen hat, wenn er nicht im Interesse der USA, sondern vorrangig im Interesse der türkischen Regierung gehandelt hat. Offen ist, was er noch als Mitglied des Wahlkampfteams und in den Wochen als Sicherheitsberater an politischen Entscheidungen beeinflusst haben könnte.
Gut möglich, dass noch mehr herauskommt. Möglicherweise wollte Trump deswegen verhindern, dass das FBI genauer nachsieht. Flynn selbst weigert sich, vor dem Geheimdienstausschuss des Senats zur Untersuchung der russischen Beeinflussung der Wahl auszusagen.