Anklage im griechischen Wettskandal erhoben

Olympiakos Piräus. Bild: W. Aswestopoulos

Droht Serienmeister Olympiakos Piräus Zwangsabstieg? Der Fall ist politisch brisant, denn die Präsidenten der Spitzenclubs sind einflussreiche Oligarchen

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Gegen achtundzwanzig Fußball-Funktionäre, darunter den Präsidenten des Champions-League-Teilnehmers Olympiakos Piräus, Evangelos Marinakis, sowie teils noch aktive Spieler und Trainer, wurde wegen Spielmanipulation Anklage erhoben. Dies entschied am Dienstag der Berufungsrat Griechenlands mit zwei zu einer Stimme. Der Vorsitzende des Rats vertrat die Minderheitsmeinung und wollte das Verfahren komplett einstellen.

Allein diese Anklage für eine als Verbrechen eingestufte Tat, hat bereits Konsequenzen. Der Mehrheitseigner von Olympiakos Piräus und bisherige Clubpräsident musste, so ist es gesetzlich vorgesehen, seinen Stuhl räumen. Marinakis ist der bekannteste der involvierten Fußballverantwortlichen. Der griechische Profisport, bei dem die Sportarten Fußball und Basketball im Vordergrund stehen, ist auch für die Politik wichtig.

Eine abgeschwächte Anklage mit Konsequenzen

Vor allem im Fußball sind die Präsidenten der vier Spitzenklubs Olympiakos Piräus, PAOK Thessaloniki, AEK Athen und Panathinaikos Athen in der Regel die Oligarchen, welche die griechische Wirtschaft beherrschen. Die treu hinter ihren Präsidenten stehende Anhängerschaft der Vereine ist, gemessen an Wahlstimmen, eine für die Politiker wichtige Zielgruppe. Dementsprechend tat sich die Politik lange schwer im Vorhaben, Missstände im griechischen Profisport zu beseitigen.

Obwohl es auf den ersten Blick nun den Anschein hat, als würde endlich durchgegriffen, bedeutet die Anklage allein noch nicht, dass die vor Gericht gezerrten auch schuldig, oder im Fall der Verurteilung allein schuldig sind. Im Fall des Präsidenten von Olympiakos Piräus, Evangelos Marinakis, ist eine politische Ausschlachtung des Gerichtsverfahrens sicher. Die von Marinakis kontrollierten Medien, darunter die etablierten Zeitungen "To Vima", "Ta Nea" und die Radio und Zeitunggruppe "Parapolitika" lassen keine Gelegenheit aus, über Fehler, Affären und Skandale der amtierenden Regierung zu berichten. Marinakis selbst hat vorgesorgt, der Reeder und Medienmogul hat sich im vergangenen Sommer die Mehrheitsanteile des englischen Clubs Nottingham Forrest gesichert.

Evangelos Marinakis (2016). Bild: W. Aswestopoulos

Zudem wird sein Präsidentenamt bei Olympiakos Piräus nun von Giannis Moralis ausgeübt. Moralis ist Bürgermeister von Piräus und wurde mit einer Wahlliste gewählt, auf der Marinakis als Stadtverordneter kandidierte. Für die Dauer des Verfahrens ist den Angeklagten jegliche Tätigkeit, Verbandsfunktion oder Investition im Sport untersagt.

Der Reeder sieht sich schon jetzt als Sieger: "Der Berufungsrat hat einstimmig die Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, wegen Betrug, wegen Erpressung und Anstiftung zum Bombenlegen als komplett unbegründet abgelehnt. Damit werden diejenigen, die zur Befriedigung ihres Neids darauf gesetzt haben bloßgestellt. Meine Unschuld im Hinblick auf die übrigen Anklagepunkte wird sich in dem anschließenden Verfahren erweisen. Damit werde ich absolut Recht bekommen und die Meinung der Vorsitzenden des Rats wird bestätigt.

Bis zum Ende des Verfahrens und für die Dauer der wenigen Monate, die bis zu meiner vollständigen Rehabilitierung verbleiben, schlage ich dem Verwaltungsrat vor, dass der Bürgermeister von Piräus und Vizepräsident von Olympiakos Piräus, Giannis Moralis, den Vorsitz der Fußball AG übernimmt.".

Tatsächlich wurde die ursprünglich im Raum stehende Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, auf die für die Mitglieder einer solchen mindestens zwanzig Jahre Zuchthaus steht, zugunsten einer Anklage wegen "Bandenbildung" verworfen. Darauf stehen laut griechischem Recht maximal fünf Jahre Gefängnis. Darüber hinaus hätte die Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung Olympiakos erhebliche Finanzprobleme beschert. Marinakis hätte dann innerhalb von fünfzehn Tagen seine Aktien auf jemanden, der nachweisen kann, dass er das dafür erforderliche Kapital besitzt und ordnungsgemäß versteuert hat, übertragen müssen. Nun kann er auch künftig seinem Team mit Kapitalspritzen helfen. Sollte sich das Gerichtsverfahren bis 2019 verzögern, dann ist der Anklagepunkt wegen Verjährung gegenstandslos.

Olympiakos Piräus ging gleichzeitig mit der Anklage gegen den Clubpräsidenten in die Offensive. Beim Sportgericht wurde Anzeige gegen AEK Athen eingereicht, weil es im Spitzenspiel des vergangenen Wochenendes gegen PAOK Thessaloniki vor dem Spiel zu Fanausschreitungen gekommen war. Olympiakos fordert drei Punkte Abzug für AEK und zwei bis vier Heimspiele vor leeren Zuschauerrängen. In der aktuellen Wettbewerbsrunde liegt Olympiakos drei Punkte hinter dem Tabellenzweiten AEK, der punktgleich mit dem Spitzenreiter Atromitos Athen zwanzig Punkte auf dem Konto hat.

Zwangsabstieg für den Serienmeister?

Von Seiten der Anhänger von AEK Athen kam auf die Anzeige seitens Olympiakos die spöttische Reaktion, was denn ein Zweitligaklub für ein Interesse am Punktabzug eines Erstligisten hätte. Damit wird auf einen möglichen Zwangsabstieg von Olympiakos verwiesen. Dieser droht jedoch nur dann, wenn das Gericht zweifelsfrei feststellt, dass die betreffenden Spiele der Jahre 2010 bis 2012 geschoben wurden. Insbesondere geht es um ein Match zwischen Olympiakos und Veria, bei dem allein in Asien sechs Millionen Euro auf das Endergebnis 3:0 gesetzt wurden.

Ob dies gelingt ist fraglich, zumal das Verfahren gegen Veria bereits abgeschlossen ist, frühere Zeugen jedoch mittlerweile ihre Aussage widerriefen. Noch schwieriger scheint der Nachweis für ein Spiel von Olympiakos gegen Atromitos. Aller Voraussicht nach wird das gesamte Gerichtsverfahren, dem international wegen der Verwicklung zahlreicher namhafter Funktionäre Beachtung geschenkt wurde, im Sand verlaufen. Politisch wird es dagegen für zahlreiche neue Verschwörungstheorien der Anhänger der jeweiligen Seiten sorgen.