Ansehen der Bush-Regierung weiter gesunken

Nach einer internationalen Umfrage ist das Misstrauen gegenüber der US-Politik und dem amerikanischen Krieg gegen den Terrorismus hoch, der Irak-Krieg hat nach der Ansicht der Meisten den Terrorismus noch gefördert

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Die Intention der neuen Regierung Spaniens, die Truppen aus dem Irak zurückzuziehen, den Krieg zu kritisieren und sich stärker dem Alten Europa zuzuwenden, war nur der letzte Schlag für die offensive Politik der Bush-Regierung und der ihr folgenden Koalition der Willigen. Die Besetzung des Iraks scheint nach einer neuen internationalen Umfrage die negative Einstellung gegenüber den USA noch verstärkt zu haben, auch wenn die meisten Befragten in den westlichen Ländern durchaus der Meinung sind, dass es den Irakern nach dem Sturz Husseins besser ginge.

In den muslimischen Ländern haben die USA, vor allem auch wegen ihrer Unterstützung von Israel, aber auch wegen der Allianz mit korrupten und autoritären arabischen Regimes schon lange ein schlechtes Image. Seit dem 11.9. und der Ausrufung des Kriegs gegen den (islamistischen) Terror ist das bereits beschädigte Ansehen noch tiefer gesunken. Misstrauisch wird die von Interessen bestimmte unilaterale Machtpolitik betrachtet, die auch mit militärischem Druck eine Neuordnung der Nahost-Region verfolgt, wobei den Amerikanern oft vorgeworfen wird, mit zweierlei Maß zu messen.

Eine im Auftrag des Pew Research Center Mitte Februar bis Anfang März, also noch vor den Anschlägen in Madrid, durchgeführte Umfrage in neun Ländern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Jordanien, Marokko, Pakistan, Russland, Türkei, USA) kommt ein Jahr nach dem Beginn des Irak-Kriegs zu einem fatalen Ergebnis für die Politik der Bush-Regierung. Bis auf Russland und Großbritannien sagen die meisten Menschen der befragten Länder, die US-Regierung habe auf die Terroranschläge überreagiert. In den USA sehen dies aber nur 13 Prozent so.

Die Spin-Politik der Bush-Regierung zahlt sich nicht aus

Allerdings ist die Zustimmung zum amerikanischen Krieg gegen den Terrorismus in Russland, Marokko und in der Türkei größer geworden. In Russland sowie in den europäischen Länder steht die Mehrzahl der Menschen zwar nicht hinter dem Irak-Krieg - auch die Zustimmung in den USA und in Großbritannien bröckelt -, aber hinter dem von den USA angeführten Krieg gegen den Terrorismus. In den muslimischen Ländern, auch in der Türkei, ist dies nicht der Fall. Interessant wäre, wie sich die Madrider Anschläge auf die Meinungsbildung auswirken werden. Abgesehen von den amerikanischen und seltsamerweise den jordanischen Bürgern glaubt die Mehrheit in den übrigen Ländern, dass der Einmarsch in den Irak dem Krieg gegen den Terrorismus geschadet hat. Überdies glaubt, wiederum abgesehen von den Briten und Amerikanern, die Mehrheit der Befragten nicht an die Aufrichtigkeit des US-Kriegs gegen den Terrorismus. Die Schachzüge der Bush-Regierung und die propagandistischen Schwindeleien der übermäßig praktizierten Spin-Politik stellen sich offenbar nicht nur bei den spanischen Wahlen als eine langfristig auch für die US-Interessen schädliche Strategie heraus. Man kann zwar damit anscheinend längere Zeit die eigene Bevölkerung hinter sich bringen, aber nicht die Weltöffentlichkeit.

Grafik: Pew Research Center

Als Indiz für die Beurteilung der amerikanischen Politik können wohl die Antworten auf die Frage dienen, ob man Vertrauen darin habe, dass die Amerikaner nach dem Krieg die Demokratie fördern. Das sehen zwar 69 Prozent der Amerikaner so, aber selbst die verbündeten Briten (41%) sind hier skeptisch. Die Deutschen sind nach den Briten diejenigen, die noch am ehesten (24%) auf die demokratischen Intentionen der USA setzen, auch wenn 70 % dies nicht recht glauben. In Pakistan haben nur 5% dieses Vertrauen in die USA. Dabei spielt sicherlich auch die Frage nach der Ehrlichkeit eine Rolle, denn bis auf die Menschen in den USA und in Großbritannien geht die Mehrzahl der Befragten davon aus, dass die amerikanische und britische Regierung hinsichtlich der irakischen Massenvernichtungswaffen gelogen haben. Noch jetzt sehen dies nur 31 Prozent der Amerikaner so. Es gibt mithin nicht nur zwischen der Bush-Regierung, sondern auch zwischen den Amerikanern und den Menschen vieler anderer Länder eine große Kluft in der Beurteilung der amerikanischen Politik.

Bis auf die Amerikaner wird Bush in allen Ländern von einer Mehrheit abgelehnt. Moderat sind noch die Briten, Russen und Türken mit einer Ablehnung von 57-67%. In den übrigen Ländern steigen die Werte auf über 80%, in Marokko und Jordanien sogar über 90% an. Dabei wird allerdings zumindest bei den Europäern die Einstellung gegenüber den USA unterschieden zu der gegenüber der Bush-Regierung. Auch wenn die Zustimmungsraten in allen Ländern während der letzten Jahre zurückgegangen sind, sprechen sich über zwei Drittel positiv über die Amerikaner aus. In der Türkei ist man geteilter Meinung, in den anderen muslimischen Ländern überwiegt die Ablehnung. Die Amerikaner wiederum schätzen vor allem die Briten, aber auch noch die Deutschen, Frankreich und die EU fallen dann aber schon ab.

So glauben, wiederum bis auf die Briten und Amerikaner, die meisten Befragten, dass hinter dem Krieg gegen den Terrorismus der Versuch stehe, die Ölressourcen im "Mittleren Osten" zu kontrollieren. In den muslimischen Ländern sehen die Meisten darin auch das Bestreben der USA nach einer Weltherrschaft, was auch 53% der Franzosen und 47% der Deutschen so sehen. Vermutet wird in den muslimischen Ländern auch, dass dahinter die Intention steht, Israel zu beschützen. Extreme Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Einstellung zum israelisch-palästinensischen Konflikt. Während in den USA die Menschen mit 46% wesentlich mehr Menschen den Israelis als den Palästinensern (12%) Sympathie entgegenbringen, ist dies in Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien ausgewogener. In den muslimischen Ländern ist die Meinung aber fast einhellig. Nur ein 1 Prozent - in der Türkei 6 Prozent - empfinden hier Sympathie für Israel.

Die irakische Bevölkerung will Sicherheit, einen starken Mann an der Spitze und keine Besatzungstruppen

Während die Mehrzahl der Iraker bei einer ebenfalls kürzlich im Auftrag mehrerer europäischer Fernsehsender durchgeführten Umfrage immerhin der Meinung war, dass ihr Leben jetzt besser sei als vor dem Krieg unter Hussein, und 71% hoffen, dass es in einem Jahr noch besser werden wird, sehen dies die Menschen in den muslimischen Ländern offenbar anders. Das dürfte eher mit der allgemeinem Ablehnung der US-Politik und mit den Informationen zu tun haben, die über die Medien vermittelt werden, als mit einer neutralen Beurteilung der wirklichen Lage.

Im Irak selbst sind die Menschen zerrissen. Ebenso viele sehen den Einmarsch der Koalitionstruppen als Befreiung bzw. als Demütigung an. Auch den irakischen Politikern der Post-Hussein-Ära im Regierungsrat, der von den Amerikanern besetzt wurde, wird kein Vertrauen entgegen gebracht. Zwei Drittel setzen auf einen starken Mann, der alles in Ordnung bringt, obwohl über 70 Prozent gleichzeitig für die Einführung der Demokratie sind. Verständlich ist die Sehnsucht nach der Autorität, weil die Iraker vor allem die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit wollen. Allerdings soll eine "irakische Regierung", aber weder die USA noch die UN, dafür sorgen. Gefragt, ob sie denken, dass andere Iraker Angriffe auf Koalitionstruppen, die US-Zivilveraltung oder Mitarbeiter der Zivilverwaltung akzeptabel finden, stimmten dem 17 bzw. 13 bzw. 10 Prozent zu.

Bin Laden und Selbstmordanschläge stehen in den muslimischen Ländern hoch im Kurs

Nicht nur in den muslimischen Ländern, auch in Russland gehen mehr Menschen (37%) davon aus, dass es den Irakern im Post-Hussein-Irak nicht besser geht als umgekehrt (31%). Das nehmen über 60 Prozent der Deutschen und Franzosen sowie über 80 Prozent der Briten und US-Amerikaner an. In der Türkei und in Marokko überwiegen die Skeptiker mit 44/41 bzw. 48/37, in den für die USA strategisch besonders wichtigen Ländern Pakistan und Jordanien ist die Ablehnung jedoch gewaltig, auch wenn in allen Ländern etwas mehr Menschen als noch ein Jahr zuvor der Meinung sind, dass es den Irakern nach dem Sturz Husseins besser gehe.

Erschreckend hoch ist besonders in Marokko und Jordanien die Akzeptanz von Selbstmordanschlägen gegen die Besatzungstruppen im Irak. 66 bzw. 77 Prozent sehen sie hier als gerechtfertigt an, in der Türkei oder in Pakistan immerhin noch 31 bzw. 46 Prozent. Ähnlich hoch ist die Zustimmung zu Selbstmordanschlägen der Palästinenser.

Und auch Osama bin Laden ist in den muslimischen Ländern gut angesehen und gilt wohl als eine Art Befreiungsheld. Ausgerechnet in Pakistan, wo nun amerikanische und pakistanische Truppen im Grenzgebiet zu Afghanistan auf die Jagd nach dem al-Qaida-Führer gehen, haben 65% eine gute Meinung von diesem, in Jordanien immerhin noch 55%, in Marokko 45%. Die Türkei ist hier mit 11% schon immuner.

Interessant ist auch, dass bis auf die Amerikaner selbst die restlichen europäischen Bündnispartner einschließlich Russland und Türkei für eine stärkere Unabhängigkeit der Europäer plädieren. Auch die Briten sprechen sich dafür aus. Mehrheitlich sind die Bewohner dieser Länder - mit Ausnahme natürlich der USA - der Meinung, dass es gut wäre, wenn die EU genauso mächtig wie die USA wären. Die Franzosen stimmen hier sogar zu 90% zu, aber auch 70% der Deutschen sind dieser Meinung. Abgesehen von Frankreich geht allerdings die Mehrheit der Befragten nicht davon aus, dass die Welt sicherer würde, wenn es eine weitere, der USA ebenbürtige Supermacht geben würde. Die Vereinten Nationen werden zwar vor allem von den Briten, Deutschen, Franzosen und Russen überwiegend, von den Amerikanern und Türken mehrheitlich positiv beurteilt, in den anderen muslimischen Ländern scheint man sie aber auch als Instrument der westlichen Machtpolitik zu sehen. Besonders in Marokko und Jordanien wird die UN überwiegend abgelehnt.

Bedenklich ist aber auch, dass sich der "Krieg der Kulturen" nach den religiösen Zugehörigkeiten zu verschärfen scheint. Während in den muslimischen Ländern die Christen und vor allem die Juden abgelehnt werden, sehen die christlich dominierten Länder die Christen überwiegend als positiv an, haben aber eine deutlich negative Einstellung gegenüber Muslimen. Bei den Briten ist dies mit 18% am geringsten ausgeprägt, in Frankreich (29%), den USA (32%), Russland (38%) und vor allem in Deutschland (46%) schon wesentlich stärker.