Antiterrorismuskampf statt Bomben?

Eine Studie der Denkfabrik RAND weist nach: militärische Gewalt ist das am wenigsten geeignete Mittel, um dem Terrorismus den Garaus zu machen

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Als am 11. September 2001 die Turmbauten der Welthandelsorganisation einstürzten, erklärte US-Präsident George Bush nach kurzer Bedenkzeit den weltweiten Krieg gegen den Terror für eröffnet. Für Bush und seine Berater war sofort klar, dass gegen die terroristischen Aktionen des Netzwerks Al-Qaida nur die konventionelle Kriegsführung, also der Einsatz der drei militärischen Waffengattungen Heer, Marine und Luftwaffe helfen könne.

Stellt tatsächlich der Einsatz von Militär die beste Waffe gegen den Terrorismus dar? Das ist gar nicht eindeutig geklärt. Bislang haben nämlich noch keine empirischen Studien untersucht, wie terroristische Organisationen zur Abkehr von bewaffneter Gewalt gebracht werden können. Dabei gibt es genügend Fallbeispiele. Es sind ja im Laufe der Jahrzehnte unzählige militante Gruppen auf der Bildfläche erschienen - und auch wieder von dort verschwunden.

Auf diese seltsame Erkenntnislücke in der Terrorismusbekämpfung haben jetzt Seth Jones, Professor an der Georgetown University, und der Sicherheitsexperte Martin Libicki in einer Studie für die Denkfabrik RAND mit dem Titel: How Terrorist Groups End -Lessons for Countering al Qua’ida hingewiesen. Wenn man wirklich möglichst schnell, kostengünstig und unter Vermeidung unnötiger Verluste an Menschenleben terroristische Gewalt beenden will, müsse man, so die Autoren, zunächst einmal schauen, welche Methode in vergleichbaren Fällen am schnellsten zum Erfolg geführt hat. Und da gibt es eine ganze Bandbreite von Lösungsansätzen.

Deshalb haben Jones und Libicki zunächst jene 648 militanten Gruppen aufgelistet, die weltweit in der Zeitspanne zwischen 1968 und 2006 aktiv waren. Von diesen 648 Gruppen sind 244 heute noch im bewaffneten Kampf aktiv. Weitere 136 Gruppen haben sich aufgelöst, und ihre Mitglieder sind in neuformierten militanten Gruppen aktiv. Es bleiben 268 Gruppen, die den bewaffneten Kampf mittlerweile eingestellt haben.

Und nun stellt sich die spannende Frage: Warum haben diese Gruppen den Kampf eingestellt? 27 bewaffnete Gruppen sind siegreich gewesen und haben nunmehr selbst die Macht in ihrem Land übernommen. 114 Gruppen (das sind 43%) stellten den bewaffneten Kampf ein, weil sie sich mit den Regierungen ihrer Länder am Verhandlungstisch auf einen Kompromiss geeinigt hatten. Die Kampfzellen wandelten sich zu politischen Parteien um, und bewerben sich nun gewaltlos bei demokratischen Wahlen um die Regierungsverantwortung. 107 militante Gruppen (gleich: 40%) wurden deaktiviert, indem Polizei und Geheimdienste die zentralen Persönlichkeiten der Gruppen entweder verhafteten oder töteten. Die isolierten und konzeptlosen Terrorzellen brachen zusammen.

Und nun kommt der vernichtende Befund für die Militäroption im Kampf gegen den Terror, wie ihn der Kreis um Bush bevorzugt: lediglich 20 militante Gruppen wurden durch militärische Gewalt niedergerungen. Das sind magere 7%.

Nun sagen die Autoren der RAND-Stiftung, die ihr Dasein einer Initiative der kalifornischen Luftwaffenindustrie verdankt, keineswegs, dass Bush mit seiner militärischen Option für Afghanistan und Irak von Anfang an falsch gelegen habe. Wenn nämlich Terrorgruppen über eine Streiterschar verfügen, die deutlich über 10.000 Mitglieder hinausgeht, und wenn jene Gruppen gut organisiert und bewaffnet sind, ist der Einsatz von Militär durchaus angemessen. Allerdings sollten die konventionellen Soldaten aus dem jeweiligen Heimatland der Terroristen selber stammen. Anderenfalls nimmt die einheimische Bevölkerung die ausländischen Soldaten als Invasoren wahr und solidarisiert sich allein schon deswegen mit den Terroristen. So könnten die Terroristen eingebettet werden in einen Volksaufstand. In dieser Situation wird das Militär zu einer ungenauen Waffe. Ihre flächendeckenden Attacken treffen zu viele unbeteiligte Zivilisten. Und treiben damit den militanten Gruppen neue Rekruten in die Arme. Zudem:

Die meisten Soldaten sind nicht darin geübt, terroristische Organisationen zu verstehen, sie zu durchdringen und zu zerstören ... Unsere Untersuchung zeigt, dass es keine Lösung des Terrorismusproblems auf dem Schlachtfeld geben kann.

RAND-Studie

So haben sich nach Meinung von Jones und Libicki die Terrorzellen immer wieder regeneriert und neu aufgestellt: „Die Faktenlage im Jahre 2008 zeigt, dass die US-Strategie zur Unterminierung der Mittel von Al Qaida nicht erfolgreich war.“ Wie soll denn auch eine Militäreinheit gegen das Al Qaida-Netzwerk ankämpfen, das weltweit operiert und seine Kämpfer, wenn es brenzlig wird, in ein angrenzendes Nachbarland abzieht? Al Qaida sei eine schwer einzugrenzende Organisation mit einem raffinierten Mix aus flacher und steiler Hierarchie. Da gäbe es weltweit autonome Terrorzellen, die selbsttätig aus einem Gefühl der Geistesverwandtschaft („inspirational“) im Sinne von Bin Laden handeln. Und dann gibt es die Zentrale in Pakistan – auch die RAND-Autoren helfen mit, Pakistan ins Visier zu nehmen –. von wo Befehle ausgehen, die im Kadavergehorsam von den Unterlingen ausgeführt werden.

Und trotzdem beharrt die Bush-Regierung auf ihrem „Mantra“ (so lästerte der frühere Sicherheitsberater Brzezinski) von der einzig selig machenden kriegerischen Lösung des Terrorproblems. Es mutet schon bizarr an: von den 609 Milliarden Dollar, die der US-Kongress in den Jahren 2001 bis 2007 für den Antiterrorkampf bewilligte, verschwanden 90% im Etat des Verteidigungsministeriums!

Nach dem 11. September 2001 übertrafen die Zuwächse im jährlichen Etat des US-Verteidigungsministeriums die Ausgaben für alle anderen Ministerien, die für den Antiterrorkampf entscheidend sind – also Außen-, Justiz-, Heimatschutzministerium – um das Fünffache, sogar wenn man die Kosten für die Kriege in Afghanistan und Irak einmal beiseite lässt.

RAND-Studie

Viele militanten Gruppen stellen den Kampf ein, weil sie mit der Regierung einen Kompromiss aushandeln konnten

Angesichts dieser Fehlentwicklungen macht es Sinn, nach erfolgreichen Lösungen des Terrorismusproblems Ausschau zu halten. An erster Stelle steht eine Strukturanalyse der 648 Terrorgruppen aus allen Teilen der Welt – immer bezogen auf die Frage, wie Militanz beendet werden kann. Da ist zunächst einmal das Gefälle zwischen armen und reichen Ländern entscheidend.

  1. Militante Gruppen in armen Ländern haben einen größeren Rückhalt in der Bevölkerung.
  2. Der weltanschauliche Hintergrund ist hier häufig religiöser Natur. Religiös motivierte Gruppen sind zählebiger als säkular geprägte Gruppen. Seit 1968 haben 62% aller militanten Gruppen den bewaffneten Kampf eingestellt, aber von den religiösen Militanzgruppen sind es gerade mal 32%, die aufgegeben haben. Dagegen habe keine einzige religiöse Gewaltzelle ihre Ziele bislang erreicht.
  3. Es besteht keine statistische Korrelation zwischen der Lebensdauer einer Terrorgruppe und den wirtschaftlichen Bedingungen der Regierungsform im jeweiligen Land oder der Reichweite terroristischer Zielsetzungen.
  4. Größe ist wichtig: bei militanten Gruppen mit mehr als 10.000 Mitgliedern verbessern sich die Erfolgsaussichten erheblich.
  5. Gelingt es militanten Gruppen, in Aufstände verwickelt zu werden, so wird die Beendigung der Gewalt erheblich erschwert. In 50% der Fälle beendet eine Vereinbarung mit der Regierung die Kampfhandlungen. In 25% der Fälle siegt die militante Gruppe. In 19% dieser Terror/Aufruhr-Kombination schlägt das Militär die Aktionen nieder.
  6. Militante Gruppen sind in Ländern mit hohem Durchschnittseinkommen eher links oder nationalistisch orientiert.

Die meisten militanten Gruppen geben auf, weil sie mit der Regierung einen Kompromiss geschlossen haben oder weil Polizei und Geheimdienst sie ihrer Führungskräfte beraubt haben. Weil das so ist, erörtern die RAND-Autoren je ein Fallbeispiel für die beiden Lösungen. Ein erfolgreiches Beispiel für das „Policing“ ,also die Enthauptung einer Terrorgruppe durch Polizei und Geheimdienste, stellt für Jones und Libicki die Bekämpfung der japanischen Gruppe Aum Shinriko dar. Es handelt sich um eine paranoide Sekte, die in ihrem Glauben buddhistische und christliche Elemente mit Einsprengseln von Nostradamus zu einer synthetischen Endzeitreligion vermischt hatte. Mitte der Neunziger Jahre war Aum Shinriko durch Giftgasattentate in Tokioter U-Bahnstationen hervorgetreten. Durch den gezielten Einsatz von Undercover-Agenten, durch Abhören von Telefongesprächen und durch die rasche Einführung neuer Antiterrorgesetze konnten die Schlüsselfiguren von Aum rasch ausgeschaltet werden.

Die Möglichkeit des Kompromissfriedens zwischen militanter Gruppe und Regierung zeigen die Autoren am Beispiel von El Salvador. Hier standen sich eine starrsinnige, schon seit langem delegitimierte Oligarchie und ein breites Bündnis von Bürgergruppen, zusammengefasst in der FMLN, gegenüber. Der Starrsinn und die extreme Brutalität der Oligarchie zwang viele Bürger El Salvadors in die Militanz. Bürger, die im Prinzip nur eine Reform der Gesellschaft verlangten. Es galt, den anachronistischen Zustand zu beenden, dass die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung von jeder politischen Teilhabe ausgeschlossen war. Hier ergab sich das „Fenster der Gelegenheit“ zum Verhandlungsfrieden, als der Konflikt in El Salvador mit dem Ende des Kalten Krieges seinen Charakter als Stellvertreterkrieg zwischen den Supermächten eingebüßt hatte. Entscheidend war zudem, dass die Forderungen des Bürgerbündnisses FMLN relativ bescheiden waren und in einer längst überfälligen Anpassung der politischen Bedingungen an das Niveau von Nachbarländern bestanden.

Mit Al-Qaida kann es keinen Kompromissfrieden geben

Die Reichweite der Forderungen militanter Gruppen ist ganz entscheidend für Jones und Libicki. Wollen die militanten Kämpfer nur ein bisschen mehr Demokratie wagen? Oder die Absetzung eines kompromittierten Präsidenten erzwingen? Oder wollen sie womöglich eine andere Weltordnung? Und damit kommen die Autoren zur Situation in Irak. Mit Al Qaida kann man sicherlich nicht zu einem Kompromissfrieden kommen. Denn Al Qaida fordert einen theokratischen Kalifatsstaat für alle islamisch geprägten Staaten. Damit werden sich weder die säkularen und nationalistischen arabischen Regenten einverstanden erklären, und auch die schiitisch-islamisch regierenden Staatenlenker werden sich solche Oberhoheit durch die sunnitische Al Qaida energisch verbitten. Zudem haben sich die Al Qaida-Führer längst mit allen Muslimen in der Region überworfen.

Bis Anfang 2006 nämlich hatte Al Qaida gute Fortschritte gemacht, den Widerstand gegen die amerikanischen Invasionstruppen mit dem Mujahideen Shura Council unter ihre Kontrolle zu bekommen. Dann jedoch formierte sich massiver Widerstand der einheimischen Stammesführer, denn „Al Quaida tötete auch Führer von anderen Fraktionen, auf deren Kopf die US-Militärs Hunderttausende von Dollar ausgesetzt hatten.“ Die Stammesführer verordneten ihren Untertanen, in die irakische Polizei einzutreten, um die Al-Qaida-Kämpfer aus der Region Anbar zu vertreiben. Und plötzlich kam ein nie gekannter Schwung in die örtlichen Polizeieinheiten. Denn hochmotivierte, mit der Gegend vertraute Polizisten verjagten Al-Qaida-Mitglieder vollständig aus Anbar. So war es nicht die von Bush verordnete Aufstockung der US-Streitkräfte im Irak, die zu einem Machtverlust von Al Qaida führte. Vielmehr erledigten diese Aufgabe die Iraker selber mit ihrer spontanen Form des Policing.

Schlussfolgerung: Einen Kompromissfrieden kann es mit Al Qaida nicht geben, weil dessen Forderungen völlig außerhalb jeder Verhandelbarkeit liegen. Bleibt also nur die zweiterfolgreichste Variante der Terrorbeendigung, das Policing. Das US-Militär hat sich aus Irak und Afghanistan weitgehend herauszuhalten. Die Hauptarbeit sollten Geheimdienste wie der CIA und andere mit der subtilen Terrorbekämpfung betraute Kräfte durchführen, in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort. Die USA müssten zu den guten alten Tugenden der indirect rule zurückkehren. Solides Handwerk der Counterinsurgency, wie es sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Westeuropa zur Eindämmung der Kommunisten so wunderbar bewährt habe. Also nicht direkt in Erscheinung treten, sondern die Eliten vor Ort beeinflussen und für sich arbeiten lassen. Im Mittleren Osten müssen muslimische Kleriker, Stammeshäuptlinge, Medien, Parteien, Studenten- und Jugendorganisationen sowie Gewerkschaften infiltriert und finanziell gepolstert werden.

Die Rhetorik des Krieges gegen den Terror ist ein glattes Eigentor, meinen Jones und Libicki. Denn so wird aus Bin Laden ein Kriegsheld, und Muslime fühlen sich automatisch zum Dschihad, dem Heiligen Krieg, aufgefordert. Besser ist zu sprechen vom Antiterrorkampf, und schon ist die Gruppe der Leute, die sich angesprochen fühlen könnten, erheblich eingeschränkt. Und Bin Laden und seine Mitstreiter sind in der Sprache des Antiterrorkampfes nichts anderes als gewöhnliche Kriminelle.

Das RAND-Papier von Jones und Libicki ist nicht die erste Kritik an der Fixierung der Bush-Cheney-Regierung am Krieg als der einzigen Waffe gegen Terrorismus. Bereits 2003 hatte Jeffrey Record im Auftrag des Army War College ein Papier veröffentlicht, in dem er den Einsatz von Militär gegen Terrornetzwerke als „strategischen Irrtum der übelsten Sorte“ („strategic error of the first order“) bezeichnete. Im Gegensatz zu Jones und Libicki macht Record aber auch deutlich, dass das „Zusammenbacken“ unterschiedlichster Übelmächte zu dem Sammelbegriff „Al Qaida“ ein Teil des Problems selber ist. Denn vermutlich hat die US-Regierung mit ihrer Konstruktion eines weltweit operierenden Netzwerkes Al Qaida dieses Netzwerk überhaupt erst geschaffen. Auch Jones und Libicki erwähnen am Rande die erstaunliche Karriere von Al Qaida: „Al Quaida war in den ersten sechs Jahren nach dem 11. September 2001 an mehr terroristischen Anschlägen beteiligt, als in all den vorangegangenen sechs Jahren.“ Und auch die RAND-Autoren möchten sich nicht festnageln lassen, dass alle Anschläge, die die US-Regierung Al Qaida zugeschrieben hat, tatsächlich auch von dieser bestimmten Terrorgruppe ausgeführt wurden.

Trotz mancher Kritik wird der "Krieg gegen den Terror" auch unter dem neuen Präsidenten weitergeführt werden

Damit ist auch eine entscheidende Schwäche der Studie von Jones und Libicki offengelegt: ihre Argumentation basiert auf groben Vereinfachungen. In der RAND-Studie werden Phänomene zusammengebacken, die nicht zusammengehören. Für Jones und Libicki sind soziale Bewegungen, die aufgrund extrem harter Repression in die bewaffnete Abwehr genötigt worden sind, wie z.B. die salvadorianische FMLN oder die südafrikanische ANC, nach den selben Kriterien untersucht worden wie psychotisch wirkende Minigruppen in der Art von Aum Shinriko oder vom Ausland inszenierter Terrorgruppen wie der angolanischen UNITA. Sie alle sind für die RAND-Forscher in gleichem Maße Terroristen. Terrorismus ist bekanntlich das magische Wort, um zum einen komplexe Phänomene propagandistisch so zu vereinfachen, dass die Botschaft vom unverzichtbaren Krieg gegen das Böse leichter den Massen zu vermitteln ist. Zum anderen können legitime Forderungen nach politischer Unabhängigkeit, sozialer Gerechtigkeit oder Demokratie, die sich aufgrund starker Repression nur militant Gehör verschaffen können, mit dem Begriff „Terrorismus“ delegitimiert werden.

Doch selbst der Vorschlag der RAND-Autoren, die Politik der USA im Mittleren Osten zu entmilitarisieren, dürfte bei der Bush-Regierung auf wenig Gegenliebe stoßen – auch wenn der Noch-Verteidigungsminister Gates gerade ein Grundsatzpapier vorgelegt haben soll, das den Forderungen von Jones und Libicki entgegenkommt. In dem Papier, aus dem Passagen in die Tagespresse lanciert wurden, betont Gates die Notwendigkeit der „soft power“ im Krieg im Mittleren Osten. Ein Zauberwort, für das der Vordenker des Council on Foreign Relations, Joseph Nye, die geistige Vaterschaft beansprucht. Mit der „sanften Macht“ meint Nye die kulturelle Vorherrschaft der USA durch Beherrschung der Eliten und der Medien eines bestimmten Landes. Also genau jenem Instrumentarium der Counterinsurgency, die Jones und Libicki anpreisen.

Zeichnet sich also mit dem Gates-Papier ein Umdenken an den Schaltstellen der Macht ab? Sicher nicht. Denn ein Grundsatzpapier des Verteidigungsministers wird normalerweise am Anfang oder in der Mitte der Legislaturperiode veröffentlicht, und nicht an deren Ende, wenn schon alles auf den Amtsnachfolger von Gates wartet. Das Gates-Manöver dürfte ein Stück Wahlkampfhilfe für die Republikaner sein, um in der politischen Mitte zu punkten.

Dort kämpft auch der demokratische Präsidentschaftsbewerber Barack Obama. Doch Obama rasselt ebenfalls mit dem Kriegsgeschirr. Wiederholt hat Obama klar gemacht, dass er die Truppen nur aus Irak abziehen werde, um sie umgehend nach Afghanistan zu entsenden. Dort sollen die GIs sogleich wieder einen konventionellen Krieg gegen den Terror führen. Und auch kriegerische Abstecher nach Pakistan schließt Obama nicht aus. Und der Israel-Lobby AIPAC stellte er ein kriegerisches Vorgehen gegen Iran in Aussicht. Auch bei Obama ist von einer Abkehr vom Krieg gegen den Terror bislang nicht die Rede gewesen.

Die Mahner von RAND, sowie aus den Armeehochschulen oder aus dem Council on Foreign Relations werden wohl auch unter Obama ebenso fleißig wie erfolglos ihre klugen Ermahnungen an die Regenten veröffentlichen.