Araber: 90 Prozent halten Israel für eine Bedrohung in der Region
Arab Opinion Index: Einstellungen der Bewohner von elf Staaten zeigen, dass politisch viel gemacht werden muss, um dem Frieden näherzukommen
Für 90 Prozent der Befragten aus 11 Ländern im Nahen Osten und Afrika mit arabischer Bevölkerung - namentlich Saudi-Arabien, Kuweit, Irak, Jordanien, Palästina, Libanon, Ägypten, Sudan, Tunesien, Marokko und Mauretanien - sind der Überzeugung, dass von Israel eine "Bedrohung für die Sicherheit und die Stabilität der Region" ausgeht. 82 Prozent gaben an, dass dem sicher so sei, "certainly". Für 8 Prozent war dies "bis zu einem bestimmten Grad" der Fall.
Dass Israel als größte Bedrohung in der Region wahrgenommen werde, sei nicht erst seit kurzem so, kommentiert Dana El Kurd, eine Mitarbeiterin des Arab Center for Research and Policy Studies in Doha, die Einschätzung, die dem jüngsten Arab Opinion Index entnommen ist. Die Umfrage wird seit 2011 jährlich durchgeführt.
Bei der letzten haben insgesamt 18.830 Personen aus den genannten Ländern an Face-to-Face-Interviews teilgenommen. Der Arab Opinion Index 2017/2018 wurde am 9.Mai veröffentlicht.
Gegenseitige Bedrohung
Die eingangs genannte Einschätzung, wonach Israel eine Bedrohung ist - mit dem Hinweis, dass Araber dies schon in der vorangegangenen Umfrage so angegeben haben, veröffentlichte Dana El Kurd gestern in der Washington Post.
Unübersehbar ist dies als Kommentar zu den Ereignissen im Gazastreifen am 14. Mai beabsichtigt (siehe Israel: Der Umzug der US-Botschaft als "Wegstation zum Frieden" und über 50 Tote), wo die israelische Regierung und Armeesprecher das harte, für 60 Palästinenser tödliche Vorgehen, mit der Bedrohung durch das Überrennen des Grenzzauns durch zig zehntausende Palästinenser, mobilisiert durch die Hamas, erklärte und rechtfertigte (Proteste in Gaza: Alles von der Hamas gesteuert?).
Dass der Artikel zudem Aufmerksamkeit für die Arab Opinion Index-Umfrage besteuert, die ansonsten in den Aktualitäten der letzten Wochen etwas untergegangen war, dürfte kein unerwünschter Nebeneffekt sein.
Insgesamt bietet die Umfrage, wie sie vom Doha-Institut am 9.Mai veröffentlicht wurde, vier Schaubilder (Fig.44, 45, 46 und Table 2), welche die Haltungen der befragten arabischen Personen zu Fragen, die Israel betreffen, wiedergeben. Die Verfasserin des Artikels in der Washington Post stellt sie in Kontrast zu zwei Trends, von denen seit einigen Monaten immer wieder mal die Rede war.
Die Anerkennung Israels
Das ist einerseits die Rede von einer Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien (Stichwort "Normalisierung"), vereinzelt werden auch die Vereinigten Arabischen Emirate dazu genannt. Zum anderen ist es die Rede davon, dass der Kernkonflikt im Nahen Osten zuletzt nicht mehr so viel Aufmerksamkeit bekam. So wurde gestern in der New York Times betont, dass nun der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern wieder in den Schlagzeilen sei, das sei ein Aufmerksamkeitserfolg der Hamas.
Beiden "Trend-Signalen" widerspricht die Befragung des Arab Opinion Index. Zwar mögen die Regierungen in Jerusalem, Riad und in Abu Dhabi außenpolitische Gemeinsamkeiten in der Konfrontation mit Iran finden und sich die Regierungen in Saudi-Arabien und der VAE endlich dazu entschlossen haben, Israel bald einmal anzuerkennen - was Palästinensern (und nicht nur in der Hamas) noch immer nicht gelingt -, die Bevölkerungsumfrage unter den arabischen Bevölkerungen zeigt stabile Werte, die ganz andere Auffassungen bekundet.
87 Prozent aller Befragten sind 2017/2018 noch immer dagegen, dass ihre Länder Israel anerkennen. Schaut man auf die Tafel 46, so haben sich die Werte seit Beginn der Umfrage im Jahr 2011 kaum verändert.
Vorwurf des Rassismus gegen Araber
Die vorhergehende Grafik bestätigt, dass das Thema Palästina/Israel den Befragten wichtig ist. Außer bei den Palästinensern und im Irak, wo nur zwei Drittel der Auffassung sind, geben über 70 Prozent bis zum 90-Prozent-Spitzenwert in Jordanien (wohin viele Palästinenser geflüchtet sind) an, dass die "palästinensische Sache alle Araber angeht und nicht nur die Palästinenser".
Laut den Informationen zur Umfrage, die Dana El Kurd in ihrem Washington-Post-Artikel ergänzt, werden von der Mehrheit als Faktoren für ihre Ablehnung Israels genannt: "israelischer Rassismus gegenüber den Palästinensern und die expansionistische Politik Israels" bzw. der "israelische Rassismus im allgemeinen gegenüber Arabern" und die "Rolle Israels in der Instabilität der Region".
Die Gründe für die Haltungen, die sich gegen Israel richten, seien deutlich politisch, so El Kurd, und nicht religiös begründet.
Wie aus ihrem Twitter-Auftritt hervorgeht, hat Dana El Kurd durch ihre Familiengeschichte enge Verbindungen zur palästinensischen Erfahrung der Nakba. Man kann also davon ausgehen, dass sie der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern sehr kritisch gegenüber steht.
Dessen ungeachtet ist damit nicht viel erklärt. Die Zahlen der Arab Opinion Index-Umfrage deuten auf Einstellungen und Haltungen, die sehr verbreitet sind. Dass das Team Netanjahu und Trump fest entschlossen scheint, sie völlig zu ignorieren, heißt nicht, dass sie nicht doch zählen.