Arbeitsplatz - der Test

Schon vor "Corona" erhielt er das Prädikat "besonders wertvoll": der Arbeitsplatz. Jetzt erst recht. Aber was taugt er wirklich? Zeit für einen ehrlichen Test

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Er erfreut sich großer Beliebtheit, in Deutschland wie im Rest der Welt. Es gibt ihn in zahllosen Modellen, entsprechend schwierig gestaltet sich die Marktübersicht. Bei manchen Typen ändern die Anbieter ständig die Gebrauchsanweisung, andere werden spontan aussortiert. Die Preise schwanken erheblich, und die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt zeigen sich nicht selten erst spät, dann aber umso mehr. Alles in allem ein Fall für die "Stiftung Warentest", sollte man meinen. Doch die unbestechlichen Berliner wagen sich an das Thema nicht heran.

Aber wir: Wir stellen den Arbeitsplatz endlich auf den Prüfstand. Es kann doch nicht sein, dass der Verbraucher im Unwissen gelassen wird! Er muss sich unter Abwägung aller Kriterien mündig und frei entscheiden können. Welcher Arbeitsplatz passt zu mir? Wie sieht das Preis-Leistungs-Verhältnis aus? Wie gut ist der Tragekomfort? Gibt es eine Garantie? Kann ich ihn auch problemlos umtauschen? Was passiert mit ihm, wenn ich ihn nicht mehr brauche?

Auf solche Fragen und einige mehr geben wir in diesem Test die ultimativen Antworten. Sie basieren auf jahrzehntelanger Feldforschung, Augenzeugenberichten und den Ergebnissen zahlloser Tarifverhandlungen. Wichtiger redaktioneller Hinweis: Einige untersuchte Arbeitsplätze wurden von den Anbietern zur Verfügung gestellt. Sie wurden nach dem Test zurückgeschickt oder fachgerecht entsorgt.

So haben wir getestet

Unter die Lupe genommen haben wir nicht einen bestimmten Arbeitsplatz oder eine gewisse Anzahl in verschiedenen Branchen. Das erschien uns zu begrenzt. Wir haben uns einfach alle Arbeitsplätze angesehen. Dabei haben wir eine überraschende Menge an Gemeinsamkeiten festgestellt. Zeitraum des Tests, Stand der Modelle und Preise: August 2020.

Wir haben nach folgenden Kriterien gewichtet und gewertet:

Preis: 15 Punkte
Wie viel kostet ein Arbeitsplatz?

Leistung: 15 Punkte
Welche Leistung ist erforderlich?

Nutzen: 15 Punkte
Was bringt der Arbeitsplatz ein?

Garantie: 15 Punkte
Kann man sich auf den Arbeitsplatz verlassen?

Schadstoffe: 10 Punkte
Wie gesundheitlich unbedenklich ist der Arbeitsplatz?

Sicherheit: 10 Punkte
Ist der Arbeitsplatz gefährlich?

Komfort: 5 Punkte
Wie gemütlich ist der Arbeitsplatz?

Handhabung: 5 Punkte
Wie aufwendig ist der Arbeitsplatz?

Nachhaltigkeit: 10 Punkte
Wachsen genug Arbeitsplätze nach?

Wertung:
100 bis 90 Punkte: Überragend
90 bis 50 Punkte: Auch noch ziemlich gut
40 bis 30 Punkte: Geht noch
Unter 30 Punkte: Da müssen wir dran arbeiten

Die Ergebnisse

Wir starten mit der gewichtigsten Kategorie, dem

Preis: 15 Punkte

So ein Arbeitsplatz kostet eine Menge. Die vielen kleinen und großen Maschinen, die Produktionsstraßen und -gebäude, Schutz- und Arbeitskleidung, ergonomische Stühle, blendfreien Monitore, schnelle Computer, Schreibtische, Räume, Kantine usw. Eigentlich unbezahlbar!

Tatsächlich bezahlt ein Arbeitnehmer auch keinen Cent dafür. Er muss lediglich nichts kaputt machen und alles jeden Tag so verlassen, wie er es vorgefunden hat. Damit es am nächsten Morgen wieder so schön weitergehen kann. Wir finden: eine tolle Einrichtung. Ohne sie wüssten die Leute ja gar nicht wohin mit ihrer Zeit und Kraft! Deshalb für den Arbeitsplatz hier die volle Punktzahl - er ist es einfach wert!

Leistung: 15 Punkte

Als Dank für den kostenlosen Arbeitsplatz erwartet das bereitstellende Unternehmen ein gewisses Engagement. Das dauert dann schon mal etwas länger, ist ziemlich anstrengend und nicht selten auch eintönig.

Wie viel und was am Arbeitsplatz geleistet werden muss, bekommt der Mensch netterweise haarklein erklärt und vorgegeben. Und freundliche Vorgesetzte sorgen dafür, dass dabei keiner aus der Reihe tanzt. Neue Leistungsziele vermitteln sie in bewährt kooperativer Weise: Wer die nicht schafft, muss leider seinen Arbeitsplatz einem anderen geben. Es sind ja genug da, die einspringen wollen. Denn ohne den Arbeitsplatz kein Geld, und ohne Geld keine Existenz. So einfach ist das. Und weil das so einfach ist, sind wir überzeugt: Ohne Leistung kein Arbeitsplatz - also auch hier volle Punktzahl!

Nutzen: 15 Punkte

Natürlich macht so einen Arbeitsplatz ohne Ende Spaß. Und die vielen netten Kollegen, die man dabei kennenlernt! Wirklich messbar für unseren Test sind aber Lohn und Gehalt. Taugt das verdiente Geld zum Leben?

Sagen wir mal so: Um einen Monat, also bis zur nächsten Überweisung des Arbeitgebers über die Runden zu kommen, in der Regel schon, irgendwie, vielleicht. Zu mehr langt es nicht. Der Arbeitsplatz ist also eher auf einen kurzfristigen Effekt angelegt. Wenn der mal ausfällt, siehe das Thema Kurzarbeitergeld in Zusammenhang mit "Corona", wird es bei den meisten sofort eng.

Aber bitte: Wo gibt es denn schon eine materielle Sicherheit über den Tag hinaus? Mehr Nutzen geht nicht! Da müsste man schon reich sein, aber das wäre ein anderer Test.

Garantie: 15 Punkte

Selbstverständlich kann der Arbeitsplatz jederzeit zurückgegeben werden. Man räumt seine Sachen zusammen und verlässt ihn einfach. Zu berücksichtigen sind lediglich die werksseitigen Kündigungsfristen.

Schwächen zeigt der Arbeitsplatz in puncto Sicherheit: Hier kann er einfach nicht für eine gewisse Nutzungsdauer garantieren. Der Besitzer des Arbeitsplatzes, der Unternehmer, muss schließlich auf dessen Produktivität achten. An ihm schlicht die geforderte Leistung zu bringen, reicht nicht. Nur wenn ordentlich Gewinn herausspringt, kann es weitergehen. Ansonsten läuft die Garantiefrist ab.

Hier können wir uns kaum Verbesserungen vorstellen. Materielle Sicherheit und Arbeitsplatz widersprechen sich einfach. Aber einem Produkt etwas vorzuwerfen, was ihm grundsätzlich nicht eigen ist? Das liefe unseren Testprinzipien entgegen.

Schadstoffe: 10 Punkte

Diese Kategorie ist generell nicht mit einem Test für "den" Arbeitsplatz zu beantworten. Die Schadstoff-Konzentration unterscheidet sich einfach zu sehr. Immerhin konnten wir mit unserem unabhängigen Labor viele Gifte in Luft, Boden, Maschinen, Schmierstoffen, Material aller Art und vielem mehr nachweisen.

Doch konnte ein Zusammenhang mit Schäden für die Benutzer von Arbeitsplätzen nicht eindeutig nachgewiesen werden. Schließlich leben die Benutzer ja auch außerhalb des Arbeitsplatzes! Und was sie sich alles da einfangen, möchte man gar nicht wissen. Dagegen ist der Arbeitsplatz ein Hort der Gesundheit: Alkohol ist schon lange verboten, und das Rauchen inzwischen auch. Was dazu kommt: Viele Schadstoffe brauchen nun einmal ziemlich lange, bis sie wirken. Wer hat schon die Zeit, das zu verfolgen?

Sicherheit: 10 Punkte

Der deutsche Arbeitsplatz ist sicher. Die jährlich rund 500 Toten und fast 900.000 gemeldeten Unfälle bestätigen das. Hier sehen wir allenfalls Nachbesserungsbedarf im Detail. Schließlich ist jeder verlorene Arbeitstag ein herber Schlag - für den Unternehmer!

Komfort: 5 Punkte

Allzu gemütlich ist der Arbeitsplatz nicht - soll er ja auch nicht: Vom Sofa aus oder mit einem Latte Macchiato in der Hand lassen sich die Jobs kaum erledigen. Auch zum entspannten Chillen oder Über-die-Welt-Nachdenken taugt er wenig.

Ein guter Arbeitsplatz zeichnet sich durch zackige Leistungsvorgaben aus. Die am besten zu erfüllen sind in einer "humanisierten Arbeitswelt" - welche die körperlichen Eigenschaften der Arbeitenden perfekt ausreizt. Da haben wir in Deutschland große Fortschritte erzielt. Die zahlreichen Nervenerkrankungen, Herzinfarkte oder Depressionen haben natürlich nichts mit dem Arbeitsplatz zu tun, sondern mit ungesundem Freizeitverhalten - also mit zu viel Zeit ohne den Arbeitsplatz! Und wenn ausnahmsweise doch: Einfach mal einen "Latte" zwischendurch einschieben.

Handhabung: 5 Punkte

Hier stellen wir eine erfreuliche Entwicklung in den Verwaltungs-Tätigkeiten fest: Die "Corona-Pandemie" hat viele Arbeitsplätze auf ihren absolut nötigen Kern schrumpfen lassen. Das Büro ist jetzt überall - in der Küche, auf dem Balkon, im Kinderzimmer, auf dem Dachboden; auch Bad und WC eignen sich hervorragend, sie bieten Ruhe, wenig Ablenkung, und andere wichtige Erledigungen müssen nicht unterbrochen werden.

Damit hat sich die Handhabung extrem vereinfacht. Nur den Laptop hochfahren, vor dem Einschalten der Kamera die Frisur checken und das Hemd von gestern glattziehen. Unser Test hat ergeben: Die neuen Arbeitsplätze sind sehr beliebt. Viele wollen gar nicht mehr aufhören! Ein schönes Vorbild für Jobs in anderen Bereichen.

Nachhaltigkeit: 10 Punkte

Ein immer wichtiger werdendes Kriterium: Wachsen genügend Arbeitsplätze nach? Ihr Leben ist ja ständig von mangelnder Produktivität bedroht, und schnell fallen sie Kahlschlägen zum Opfer.

Wir haben deshalb die nachhaltige Bewirtschaftung der Arbeitsplätze untersucht. Dabei haben wir festgestellt: Unterm Strich kommt das Nachwachsen dem Verlust zwar nicht hinterher. Dafür übersteigt der Output der verbliebenen und neuen Arbeitsplätze den der gestrichenen bei weitem, sprich: Der Gewinn steigt nachhaltig. Eine begrüßenswerte Entwicklung - weniger schaffen mehr!

Das Resultat: mit 100 Punkten erreicht der Arbeitsplatz die Wertung "überragend".

Unser Rat

Der Arbeitsplatz ist nicht für jedermann. Er eignet sich nur für Leute, die ohne ihn nicht leben können - weil sie sonst nichts haben. Für Menschen mit Geld ist das nichts. Wer sich für einen Arbeitsplatz interessiert, sollte sich auf ein bewegtes Leben einstellen. Es gibt keine Garantie auf ihn, seine Leistungsanforderungen wachsen stetig, seine Anzahl sinkt. Gefahren für Leben und Gesundheit sind auszublenden. Orts- und Positionswechsel lassen keine Langeweile aufkommen.

Und weil viele nun auch rund um die Uhr zwischen Küche und Klo arbeiten dürfen, macht der Arbeitsplatz einfach nur noch Freude. Und, das ist das Schöne, den Unternehmern und Politikern auch.

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