Armut auf dem Vormarsch: Zahl der überschuldeten Haushalte wächst
Fast zwei Millionen Haushalte tief in den roten Zahlen - neuer Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erwartet
Die Zahlen deuten auf eine bedenkliche Entwicklung hin: Die Anzahl der Haushalte "mit hoher Überschuldungsintensität" ist in den vergangenen 9 Jahre von 1,64 Millionen auf 1,97 Millionen gestiegen. Auch die Zahl der Personen, die über 18 Jahre alt und verschuldet sind, ist von 3,4 Millionen (im Jahr 2006) auf aktuell 3,95 Millionen angestiegen. Die Zahlen stammen laut einem Artikel der Nordwest-Zeitung (NWZ) aus dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, der in Kürze veröffentlicht werden soll.
Von einer hohen Überschuldungsintensität betroffen sind jene Menschen, die auch über einen längeren Zeitraum ihre Schulden, die sie bei mehreren Gläubigern haben, nicht begleichen können.
Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann sieht in den angeführten Zahlen die Gefahr, dass sich Armut in Deutschland weiter ausbreitet. Gegenüber der NWZ sagte sie: "Immer mehr Menschen geraten in die Schuldenfalle, in vielen Fällen bedingt durch Erwerbslosigkeit, Krankheit oder ein niedriges Einkommen." Und Zimmermann weiter: "In der zunehmenden Überschuldung spiegelt sich die steigende Armutsgefährdung und die Schwächung der sozialen Sicherungssysteme."
Die arbeitsmarktpolitsche Sprecherin der Linkspartei betonte, wie elementar eine anständige Entlohnung für Arbeit ist, wenn es um überschuldete Haushalte geht. "Um nicht in eine Schuldenspirale zu geraten", so Zimmermann, "brauchen die Menschen gute Arbeit und Löhne, die zum Leben reichen." Die Politikerin sprach sich gegenüber der NWZ für einen verbesserten Zugang zur Arbeitslosenversicherung aus sowie für eine Mindestsicherung, die tatsächlich die Existenz auch sichern kann und zudem frei von Sanktionen ist.
Im Februar hatte auch der Paritätische Wohlfahrtsverband auf die Problematik der Überschuldung im Zusammenhang mit Armut aufmerksam gemacht (Pssst, nicht über die Armut in Deutschland reden, bitte!). In seinem jährlichen erscheinenden Armutsbericht erklärt der Paritätische Wohlfahrtsverband, dass es "eine vollständige statistische Erfassung der überschuldeten Menschen und Haushalte in Deutschland" nicht gebe. Man könne nur aus "vielen Puzzlestücken wie der Überschuldungsstatistik des Bundes, der Erfassung der Privatinsolvenzen im statistischen Jahrbuch, den Analysen von Auskunfteien wie der Creditreform und Forschungsinstituten wie dem Institut für Finanzdienstleistungen sowie den Berichten aus Schuldnerberatungsstellen... ein Bild der Lebenssituation Überschuldung zeichnen - auch wenn überschuldete Menschen mitnichten eine homogene Gruppe sind".
Die Zahlen, die der Wohlfartsverband zur Überschuldungssituationen der Menschen in Deutschland vorlegt, stützen sich auf den SchuldnerAtlas der Creditreform. Der Paritätische Wohlfahrtsverband führt so eine Schuldnerquote von 9,9 Prozent an. 6,7 Millionen Bürger bzw. 3,35 Millionen Haushalte sind demnach überschuldet.