Artgerechte Tierhaltung - nachhaltiger Fleischkonsum
- Artgerechte Tierhaltung - nachhaltiger Fleischkonsum
- Haferdrinks aus Schweizer Bio-Hafer
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Zwei Schweizer Biobetriebe zeigen, das artgerechte Tierhaltung bei bewusstem Fleischkonsum möglich ist. Zudem kann Hafermilch ein adäquater Ersatz für Kuhmilch sein.
Werden Pflanzen an Tiere verfüttert, um deren Fleisch zu essen, gehen wertvolle Kalorien verloren. Über die direkte Aufnahme von Soja, Reis und Weizen hingegen könnten die Menschen etwa 20 Prozent Kalorien mehr aufnehmen. Zu diesem Ergebnis kommen Adrian Müller und Christian Schader in ihrer 2017 in Nature veröffentlichten Studie.
Wollte man die Welt ökologisch ernähren, dürften potentielle Nahrungspflanzen für Menschen überhaupt nicht an Nutztiere verfüttert werden. Tiere sollten ausschließlich Gras und Abfallprodukte fressen. Gleichzeitig müssten die Mengen an Lebensmittelabfällen halbiert werden.
In einem kompletten Verzicht auf Fleisch sehen die Wissenschaftler am Schweizer Forschungsinstitut Biologischer Landbau (FiBL) allerdings auch keine Lösung. Denn viele Böden sind zu karg oder zu uneben für den Ackerbau. Vor diesem Hintergrund wird aktuell mehr als die Hälfte des globalen Agrarlandes als Weideland genutzt. Wiederkäuer wie Schafe, Ziegen und Rinder wandeln das Gras in Eiweiß um. Dieses kommt dem Menschen in Form von Fleisch, Milch oder Käse zugute.
Kleinbäuerliche Betriebe haben das Potenzial, Ressourcen schonend Lebensmittel zu produzieren und damit einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz und zur Erhaltung der Biodiversität zu leisten. Oft sind es junge Leute, die den elterlichen Hof erben oder Quereinsteiger, die innovative Lösungen und neue Produkte entwickeln. Zwei Schweizer Bauernhöfe - der eine mit extensiver Tierhaltung und -nutzung der andere mit Fokus auf die Produktion von Pflanzenmilch - wurden in diesem Jahr mit dem Prix Climat 2022 ausgezeichnet.
Neue Chance für eine alte Rasse
Das Rätische Grauvieh war einst in den Bergen Graubündens weit verbreitet, bevor es es modernen Milchleistungsrassen weichen musste. Doch auf dem Hof Obermettlen in Root, Kanton Luzern, erhalten ausrangierte Tiere der gefährdeten Schweizer Rinderrasse eine zweite Chance. Vor einigen Jahren kauften Marlen und Stephan Koch-Mathis die beiden Kühe, die von ihren früheren Besitzern aus verschiedenen Gründen ausrangiert wurden. Einige Kühe hatten Fehlgeburten. In anderen Fällen hatten die Vorbesitzer Weideland verloren.
Eine Mutterkuh wird in der Schweiz im Schnitt 8,7 Jahre alt, bevor sie zum Schlachter geht, weiß Marlen Koch-Mathis. Normalerweise können Kühe 20 bis 25 Jahre alt werden. Hat eine Kuh mal kein Kalb oder braucht länger um trächtig zu werden, ist sie schon nicht mehr rentabel. Die Rinder, die auf dem Hof Obermettlen ankommen, dürfen noch einige Jahre ihren Lebensabend genießen. Die Kühe, die ursprünglich zum Schlachter sollten, bekommen hier teilweise ihr drittes Kalb.
Die Kälber bleiben zwei Jahre lang bei ihren Müttern. Von Mai bis Oktober sind die "Herbstzeitlosen" täglich auf der Weide. Um die sechs Hektar gehören zum Hof - genug Weideland für die derzeit fünfzehn Kühe plus Kälber. Die verlängerte Nutzungsdauer der Tiere wirkt sich positiv auf die Ökobilanz zum Fleisch aus. Wenn eine Kuh statt fünf Kälber sieben bis acht Kälber bekommt, verbessert sich auch die Ökobilanz pro Stück Fleisch. Das Paar bietet spezielle Grillkurse an, in denen sie Interessierten zeigen, wie aus inneren Organen leckere Mahlzeiten zubereitet werden - ganz ohne Abfälle, denn alle Innereien des Tieres werden verwertet.
Solidarische Tierpatenschaften mit Weidebeef
Rätisches Grauvieh ist kleiner und leichter als die modernen Rassen. Mit ihren breiten Klauen eignen sie sich perfekt für die Beweidung von Steilhängen. Ein Drittel der Flächen sind Dauerweiden, der Rest wird einmal im Jahr gemäht, um das ganze Jahr über Futter zu gewinnen. Verfüttert wird ausschließlich hofeigenes Raufutter. So wird über Weidehaltung auf teils steilen Hanglagen hochwertiges Fleisch produziert, erklärt Stephan Koch-Mathis.
Früher wurden die eigenen Tiere zum Schlachthof gebracht. Angst und Stress der Tiere zu spüren, das habe sich für sie falsch angefühlt, erklärt die Bäuerin. Dass sie heute ihre Rinder direkt auf dem Hof töten dürfen, dafür haben die beiden lange gekämpft. Wird ein Kalb geboren, stehen ihm acht Paten zur Seite. Jeder dieser Paten bezahlt zwei Jahre lang einen Franken pro Tag. Wird das Tier nach zwei Jahren geschlachtet, erhält jeder Pate bzw. jede Patin einen Fleischanteil. Während dieser zwei Jahre können die Paten an den Bauernhoftagen aktiv mitarbeiten. Was ist eigentlich ein Stück Fleisch? Die Bäuerin will die Konsumenten dazu ermutigen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wieviel Arbeit in einem Stück Fleisch steckt.
Auf diese Weise werde dem Lebensmittel wieder sein Wert zurückgegeben, ist sie überzeugt. Wenn Konsumenten und Produzenten zusammenarbeiten, birgt dies nicht nur Chancen für Tierwohl und Klima, es sichert auch bäuerliche Existenzen. Über Tierpatenschaften sollen die Menschen dazu bewegt werden, wieder bewusster über den eigenen Fleischkonsum nachzudenken, sagt Marlen Koch-Mathis im Interview.
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