Artgerechte Tierhaltung - nachhaltiger Fleischkonsum

Seite 2: Haferdrinks aus Schweizer Bio-Hafer

Als Urs Marti 2018 den Hof von seinen Eltern übernahm, plante er nicht nur, den Betrieb auf Bio umzustellen. Er wollte auch die Milchproduktion und damit die jahrzehntelange Nutzung von Tieren beenden. Stattdessen begannen er und seine Partnerin mit der Produktion von Hafermilch. Als passionierten Hafermilch-Konsumenten war den beiden einige Zeit vorher aufgefallen, dass in der Milch kein Hafer aus der Schweiz verarbeitet wurde.

Auf ihrem 31-Hektar-Betrieb im Berner Seeland kultiviert das Paar ausschließlich Pflanzen, die der direkten menschliche Ernährung dienen. Außer Linsen, Polentamais, Hartweizen und Dinkel wird auch Speisehafer angebaut. Hafer wächst in mitteleuropäischen Breitengraden besonders gut. Wie diverse Studien zeigen, ist Hafermilch noch vor Sojamilch die ökologischste Variante zu Kuhmilch. Und es ist gut fürs Klima: Die robuste Pflanze ist Fruchtfolge "neutral", das heißt, man kann drei Jahre hintereinander Getreide anbauen. Zudem emittiert die Hafermilch-Produktion aus lokal angebautem Bio-Hafer wesentlich weniger Kohlendioxid als Kuhmilch. Der Hafer unterdrückt das Unkraut, vor allem aber braucht er kaum Dünger. Mit einer einmaligen Mist-Gabe habe er bereits sehr gute Erträge gehabt, erklärt Marti.

Hafermilchproduktion in aufwändiger Handarbeit

Seit Oktober 2020 stellen sie Haferdrinks aus Biohafer her: In einem Kessel werden die Kerne zu einer Suppe verrührt, aufgekocht, gefiltert und pasteurisiert. So bleibt die Milch zwei Wochen haltbar. Zwei Tage werden für die Produktion von 250 Liter Hafermilch benötigt.

Das hat seinen Preis, den die Kunden zu zahlen bereit sind: 3,60 CHF kostet der Liter Milch in der Mehrweg-Glasflasche. Mit Etiketten aus Recycling-Papier versehen, werden die Flaschen an Unverpackt-, Bio- und Tante-Emma-Läden in den Kantonen Bern, Solothurn und Freiburg geliefert. Glasflaschen, die zurückkommen, werden gewaschen und erneut befüllt.

Die mit Hafer bewirtschafteten Äcker umfassen derzeit dreieinhalb Hektar. Ein halber Hektar davon geht in die Hafermilchproduktion. Ein großer Teil der Ernte geht an das Schweizer Unternehmen Biofarm. Dort werden sie zu Haferflocken verarbeitet. Die Nachfrage ist so groß, dass sie aus logistischen Gründen mit der Lieferung nicht hinterherkommen, erklärt Urs Marti im Interview.

Grundsätzlich ist das Paar bereit, seine Hafermilchproduktion hochzufahren. Mengenmäßig werden sie zwar nicht mit Großmolkereien wie Emmi mithalten können. Doch mit dem Alleinstellungsmerkmal des Öko-Hafers wollen sie sich auf dem Schweizer Haferdrink-Markt halten.

Anstelle von Futtermais, der noch auf dem alten Betrieb wuchs, wird heute auf einem halben Hektar Polentamais angebaut. Zur Erntezeit im September helfen 70 Menschen von Hand bei der Ernte, denn das garantiert die größtmögliche Qualitätskontrolle. Die Kolben werden getrocknet, die Körner abgerieben und im Jahr darauf wieder ausgesät. Rund um das Jahr werden Events wie Mitmachtage und Hofführungen angeboten. Ein weiteres Ziel des Paares ist es, fossile Brennstoffe durch Erneuerbare Energien zu ersetzen. Deshalb wird für die Produktion eigener Solarstrom von der PV-Anlage vom Dach genutzt, sogar der Anhänger ist solarbetrieben.

Tierarche Seeland

Bereits zwei Jahre vor der offiziellen Hofübernahme hatte das Paar begonnen, auf dem elterlichen Betrieb einen Lebenshof für ehemalige Nutztiere aufzubauen. In der Tierarche Seeland sollen Rinder frei von menschlichen Nutzungsansprüchen leben dürfen.

Gleichzeitig betrieb der Vater noch einige Jahre die Milchwirtschaft. Während nach und nach eigene ehemalige Milchkühe, deren Kälber und ehemalige Mastrinder in die Tierarche-Herde integriert wurden, nahmen die beiden bereits erste so genannte Pensionsrinder auf dem Lebenshof auf. Über Patenschaften für ehemalige Nutzrinder wird diesen ein langes, stressfreies Leben ermöglicht. Derzeit beherbergt der Hof neben zwei Hunden rund 40 Rinder, zwei Pferde, zwei Schafe und zwei Schweine. Dazu kommen fünf glückliche Hühner , die im Freien im Sand scharren.

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