Assange bleibt im Corona-Knast

Britische Gefängnisse könnten für viele Insassen zur Virus-Falle werden. WikiLeaks-Gründer darf die Haftanstalt dennoch nicht verlassen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Obwohl die britische Regierung die Corona-Epidemie in Gefängnissen eindämmen will, gesteht sie WikiLeaks-Gründer Julian Assange keinen Anspruch auf Haftentlassung zu.

Das berichteten britische und australische Medien unter Berufung auf Justizkreise. In Großbritannien gibt es bislang knapp 69 Häftlinge und mindestens 14 Justizmitarbeiter, die Covid-19 positiv getestet wurden, die Zahlen gehen täglich nach oben. Ein Viertel des Gefängnispersonals ist aufgrund der Erkrankungswelle bereits freigestellt oder in Quarantäne.

Nie dagewesene Situation in den Haftanstalten

Justizminister Robert Buckland hatte zuletzt angekündigt, ausgewählte Insassen mit geringem Risiko, die binnen Wochen eh entlassen würden, mit einem GPS-Sender zu versehen und vorübergehend freizulassen. Ziel sei es, die Belastung der Gesundheitsbehörden zu verringern und die angespannte Situation in den Haftanstalten zu entschärfen. Über entsprechende Pläne war schon im März berichtet worden.

"Diese Regierung hat sich verpflichtet, dafür zu sorgen, diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die das Gesetz brechen", so Buckland am Samstag. Aber man befinde sich in einer noch nie dagewesenen Situation, so der Minister weiter: "Denn wenn das Coronavirus in unseren Gefängnissen Fuß fasst, könnte das Nationale Gesundheitssystem (National Health Service, NHS) überlastet werden und noch mehr Leben könnten in Gefahr sein."

Auf Anfrage der australischen Nachrichtenagentur AAP bestätigte das britische Justizministerium nun aber, dass Julian Assange nicht in den Genuss der Regelung kommt. Der WikiLeaks-Gründer befindet sich derzeit in Untersuchungshaft im Belmarsh-Gefängnis in London. Assange könne nicht vorübergehend entlassen werden, weil er keine klassische Haftstrafe nach Verurteilung verbüße und daher die Kriterien nicht erfülle.

Die britische Regierung bemühe sich zwar um eine Beschleunigung der Anhörungen von Untersuchungshäftlingen, um die Überfüllung der Gefängnisse zu verringern. Assange werde dennoch bis auf weiteres in Haft bleiben.

Der WikiLeaks-Gründer steht erst am Anfang einer Anhörung nach einem US-Auslieferungsantrag. Derzeit ist ungewiss, ob dieses Verfahren wie geplant am 18. Mai vor dem Woolwich Crown Court wieder aufgenommen wird. Assanges nächste Anhörung ist für den heutigen Dienstag vor dem Londoner Westminster Magistrates Court angesetzt.

Freilassung auf Kaution beantragt

In der vergangenen Woche hatten Assanges Anwälte seine Freilassung auf Kaution beantragt und mit den zunehmenden Gefahren aufgrund der Corona-Pandemie argumentiert. Richterin Vanessa Baraister wies das Gesuch dennoch zurück. Zur Begründung führte Baraister an, dass der Australier in der Vergangenheit Kautionen nicht gezahlt und fast sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London Zuflucht gesucht habe. Dieses Verhalten weise auf ein gesteigertes Fluchtrisiko hin.

Die US-Regierung versucht, Assange habhaft zu werden. In den USA würden den Journalisten 17 Anklagen wegen Verletzung des Spionagegesetzes und Verschwörung zum Eindringen in Computernetzwerke der Regierung sowie der Veröffentlichung tausender geheimer diplomatischer und militärischer Dokumente erwarten. Einige der geleakten Dateien enthüllten US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan. In den USA erwartet Assange dafür eine akkumulierte Freiheitsstrafe von 175 Jahren.