Assange droht in den USA Folterhaft
Isolation, Überwachung und mögliche Todesstrafe: Neue Dokumente belegen Pläne der US-Justiz
Kurz vor Beginn des Prozesses um eine Auslieferung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange aus Großbritannien an die USA sind neue Details über das Ausmaß der politischen Verfolgung bekannt geworden. NDR und WDR berichteten über Pläne der US-Justiz, den 48-jährigen Journalisten in Isolationshaft zu nehmen.
Die beiden Redaktionen konnten nach eigenen Angaben ein Dokument eines US-Ermittlungsrichters einsehen, aus dem die Absichten hervorgehen. In dem Papier schildert die zuständige Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Virginia, wie sie mit Assange umgehen würde, wenn sie seiner habhaft würde.
Assange befindet sich seit dem 11. April 2019 in britischer Haft, zuletzt im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. In den USA droht ihm ein Strafverfahren nach dem Antispionagegesetz von 1917 und bis zu 175 Jahren Haft - oder gar die Todesstrafe.
Nach den nun publik gewordenen Dokumenten planen die US-Justizbehörden, Assange zudem nach den Regelungen der höchsten Sicherheitsstufe zu behandeln. Dazu gehören auch sogenannte spezielle Verwaltungsmaßnahmen oder "Special Administrative Measures (SAMs)". Diese Regeln ermöglichen es der US-Justiz, einen Beschuldigten weitgehend von der Außenwelt zu isolieren. Auch Assanges Kontakt zu seinen Anwälten würde überwacht. Weit weniger harsche Maßnahmen in britischer Haft wurden von UN-Sonderberichterstatter für das Thema Folter, Nils Melzer, bereits als Misshandlung Assanges gebrandmarkt ("Präzedenzfall für ein repressives Vorgehen gegen investigative Journalisten").
Die neuen Enthüllungen dürften nun nicht nur die britische Justiz in Bedrängnis bringen, sondern auch die Bundesregierung. Deren Sprecher hatten in den vergangenen Monaten immer wieder unisono betont, man habe "keinen Grund, am rechtstaatlichen Vorgehen der britischen Justiz zu zweifeln".
Vor dem Beginn des Auslieferungsverfahrens hat nun auch der US-Whistleblower Edward Snowden zur Solidarität mit Assange aufgerufen. Ebenfalls gegenüber NDR und WDR forderte Snowden von seinem Moskauer Exil aus die britische Justiz auf, das Auslieferungsersuchen aus Virginia zurückzuweisen. "Das Verfahren gegen Julian Assange stellt einen Präzedenzfall dar, der nicht nur ihn, sondern auch unabhängigen und kritischen Journalismus im Allgemeinen kriminalisieren soll", sagte Snowden.
"Gegen Assange hat die US Regierung viel weniger in der Hand als gegen mich", sagte er weiter. Anders als Assange habe er Daten beschafft, während er einen Vertrag mit der Regierung hatte. "Assange dagegen hat kein einziges Dokument selbst beschafft. Er hat lediglich Dokumente entgegengenommen. Trotzdem bekommt er weniger Unterstützung als ich", sagte Snowden.
Auch der Europarat sprach sich erneut gegen die Auslieferung von Assange an die USA aus. Ein solcher Schritt hätte eine "abschreckende Wirkung auf die Pressefreiheit", sagte die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic. Zudem seien dann "Auswirkungen auf die Menschenrechte weit über diesen Einzelfall" zu erwarten.
Schon Ende Januar hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) die Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, sich der Auslieferung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange an die USA zu widersetzen und sich für die "unverzügliche Freilassung" des australischen Journalisten einzusetzen (Mitglieder des Europarates rufen zu Hilfe für Julian Assange auf).
Die Anwälte von Assange haben in der Woche vor dem Auslieferungsverfahren Informationen veröffentlicht, nach denen US-Präsident Donald Trump ihrem Mandanten eine Begnadigung angeboten habe, wenn er im Gegenzug versichert, dass sich Russland 2016 nicht in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingemischt habe. Die britische Nachrichtenagentur Press Association berichtete Mitte der Woche, Assanges Verteidigung habe vor dem Londoner Gericht auf ein Dokument verwiesen, wonach der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Dana Rohrabacher Assange ein Angebot unterbreitet hatte. Das Beweismittel wurde für das Verfahren zugelassen. Rohrabacher versichert aber, er habe nicht im Auftrag des Präsidenten gehandelt, ruft aber Trump auf, ihn zu begnadigen.
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