Asyl-Debatte vor Flüchtlingsgipfel: Wie viele Kommunen sind wirklich überlastet?
Umfrage zu einem der Hauptargumente: Viele, aber nicht die Mehrheit der Städte und Gemeinden sehen sich am Limit. Ergebnisse im Detail – und eine zentrale Forderung.
Wie viele Kommunen sind mit der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden tatsächlich überlastet? Bislang fehlte der Debatte eine Datenbasis – aus Hilferufen von Bürgermeistern und Berichten über die besonders prekäre Lage mancher Kommunen wurde zum Teil auf alle geschlossen.
Die Universität Hildesheim und der Mediendienst Integration haben inzwischen eine bundesweite Online-Umfrage unter deutschen Kommunen und Landkreisen durchgeführt. Mehr als 600 haben den Fragebogen vollständig ausgefüllt.
Demnach sprechen 40,4 Prozent der Kommunen von Überlastung oder sehen sich "im Notfallmodus", 58,1 Prozent beschreiben die Unterbringung als "herausfordernd", aber noch machbar. Nur 1,5 Prozent beschreiben aber die Lage als entspannt und problemlos.
Rund 45 Prozent der Kommunen stellen momentan Notunterkünfte bereit – vor allem Container. Sporthallen werden nur sehr selten genutzt, nämlich von sechs Prozent.
Kleinere Ortschaften schneller überlastet
Die Einschätzungen unterscheiden sich je nach Größe der Kommunen: Rund 30 Prozent der Großstädte, aber rund 44 Prozent der Kommunen mit weniger als 5.000 Einwohnern sehen sich "überlastet, im Notfallmodus".
Keinen Unterschied gibt es zwischen Kleinstädten (bis zu 20.000 Einwohner) und mittelgroßen Städten (bis 100.000 Einwohner) – jeweils rund 37 Prozent sehen die eigene Kommune als "überlastet" an.
Dass die Lage von der Mehrheit aller Kommunen die Situation zumindest als angespannt beschrieben wird, war zu erwarten. In den letzten zwei Jahren ist die Zahl der Geflüchteten, die sie unterbringen müssen, vor allem durch den Krieg in der Ukraine deutlich gestiegen.
Obwohl zwei Drittel bis drei Viertel der Schutzsuchenden aus dem osteuropäischen Land privat untergebracht sind, bleiben rund 300.000, für die seit 2022 die Kommunen die Verantwortung tragen.
Mehr Finanzmittel für Kommunen vom Bund gefordert
Mit Blick auf den "Flüchtlingsgipfel" am Montag fordern daher Landespolitikerinnen und Landräte verschiedener Parteien, etwa aus Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz sowie die Bundestagsfraktion Die Linke mehr Unterstützung für die Kommunen durch Bundesmittel.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) appellierte vor wenigen Tagen gemeinsam mit Kommunalen Spitzenverbände an die Bundesregierung, sie müsste "ihrer Finanzierungsverantwortung für die Fluchtaufnahme und Integration gerecht zu werden". Dreyer geht jedoch davon aus, dass es kein einfacher Weg wird, ihren Parteifreund Olaf Scholz als Bundeskanzler davon zu überzeugen.
Die Kommunen seien bei der Aufnahme von Geflüchteten im Stich gelassen worden und stünden vor großen Herausforderungen, erklärte am Freitag die Ko-Chefin der Partei Die Linke, Janine Wissler. Es fehle an bezahlbarem Wohnraum, Schulen seien marode und Krankenhäuser unterfinanziert, so Wissler.
Ihr Fazit: "Es ist schäbig, die Unterfinanzierung der Kommunen als Argument für die Infragestellung des Rechts auf Asyl ins Feld zu führen. Die Kommunen müssen unterstützt werden. Der Ausbau der Infrastruktur nutzt am Ende allen."
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