Asyl für 12 Syrer in Rom

Foto: Andrea Bonetti

Kein Asyl für die übrigen - Der Papst, der Patriarch, der Erzbischof und die Politik

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Der Besuch des römischen Papstes Franziskus und des orthodoxen Patriarchen Bartholomäos auf Lesbos beherrscht an diesem Wochenende zweifelsohne die Schlagzeilen zum Drama der Flüchtlinge in Griechenland. Der römische Kirchenfürst nahm zwölf Syrer, darunter sechs Kinder, mit sich nach Rom. Die drei moslemischen Familien gewannen ihre Asylplätze für den Vatikan bei einer Lotterie.

Vorher hatte Papst Franziskus zusammen mit den beiden anderen und Premierminister Alexis Tsipras eine ausgewählte Schar von 500 Flüchtlingen besucht. Zugleich anwesend war auch Immigrationsminister Giannis Mouzalas, der von einem Herzinfarkt genesen ist. Der Minister, über dessen sprachlichen Lapsus zur Nachbarrepublik EJR Mazedonien, die er ohne den Vorsatz als "Ehemalige Jugoslawische Republik" erwähnte, beinahe die Regierung stürzte, hielt sich während des Besuchs der Kirchenfürsten zurück. Mouzalas wartet ab, bis sich die Wogen mit dem rechtspopulistischen Koalitionspartner Tsipras, den Unabhängigen Griechen, etwas glätten.

Die Kirchenfürsten speisten mit Flüchtlingen. Auf dem Menü stand zur Vermeidung von religiösem Ärger Risotto mit Pilzen. Für die orthodoxen Kirchen ist noch Fastenzeit, die Karwoche bricht an. Der Islam mit seinem Schweinefleischverbot ist unter den Flüchtlingen und Immigranten die vorherrschende Religion. Für den hohen Besuch wurde in Mytilene, der Hauptstadt von Lesbos herausgeputzt. Gebäude, Mauern aber auch Gully-Deckel wurden gestrichen.

Außer den ausgewählten 500 wurden alle anderen Flüchtlinge und Immigranten aus dem Besuchsbereich der Kirchenfürsten verbannt. Das Gleiche galt für Helfer der Flüchtlinge und für Aktivisten, die demonstrieren wollten.

Der Zustand hinter der Fassade

Hinter der Hochglanzfassade, welche die Kirchenfürsten zu Gesicht bekamen, wurde viel verborgen. Die Ärzte ohne Grenzen mahnen an, dass die Zustände auf der Insel für Flüchtlinge und Immigranten untragbar sind. Die Strände wurden von den Überbleibseln der Flucht übers Meer befreit. Die solidarischen Helfer wurden vom Staat vertrieben.

Foto: Andrea Bonetti

Die Flüchtlinge und Immigranten hingegen wurden hinter Gitter gesperrt, damit sie den erwarteten Tourismus nicht stören. In diesen Lagern herrschen suboptimale Zustände. Die Ärzte ohne Grenzen zogen daraus für sich die Konsequenz und verweigern es, in den staatlichen Lagern auf Lesbos ihre Dienste anzubieten.

Von den Flüchtlingen selbst werden über soziale Netzwerke erschütternde Geschichten verbreitet. Es gäbe nicht genügend Nahrung für Kinder heißt es. Rechtsanwälte beschweren sich hingegen darüber, dass sie ihre Klienten nicht besuchen können. Die Kontaktaufnahme der Anwälte wird von der Polizei mit bürokratischen Vorwänden massiv eingeschränkt, wenn nicht gänzlich verhindert.

Dass es in den übrigen Lagern im Land, so auch im staatlichen Lager im ehemaligen internationalen Flughafen von Athen, Elliniko, hinsichtlich der dort von Flüchtlingen, Helfern, Ärzten und Juristen geäußerten Klagen nicht anders ist, scheint die Beschreibung der Lage auf Lesbos zu bestätigen. Weder dem Papst, noch dem Patriarchen Bartholomäos dürfte dass aufgefallen sein. Die Regierung, die mit der Bewältigung der doppelten Krise um Flüchtlinge und der Finanzkrise überfordert ist, will offensichtlich Abhilfe schaffen.

Piräus. Foto: Wassilis Aswestopoulos

Der Vize-Verteidigungsminister Dimitris Dritsas hat angekündigt, dass künftig die Menschen auf zahlreichere und kleinere Lager verteilt werden sollen. Offenbar verspricht sich die Regierung von dieser Lösung überschaubarere und somit besser zu verwaltende Lager.

Die Räumung von Piräus als Modell für Idomeni?

Während sich in Idomeni an der Grenze immer noch knapp 10392 Menschen (Stand 16.4.2016) vor dem Grenzzaun zur EJR Mazedonien stauen, wird der Hafen von Piräus stufenweise geräumt. Nachdem in den vergangenen Tagen die Menschen aus den Passagierterminals E 3 und E 7 auf die Terminals E 2, E 1 und die steinernen Lagerhallen verteilt wurden, begann am Donnerstag die zweite Stufe. Die im Hafen gezählten Flüchtlinge und Immigranten erhielten alle einen Stempel auf ihre vorläufigen Duldungsdokumente.

Piräus. Foto: Wassilis Aswestopoulos

Danach wurden im Lauf des Donnerstags die Zufahrten zum Hafen abgesperrt. Es gibt nur noch eine Einfahrt auf jeder Seite des Hafens. Das bedeutet, dass die Flüchtlinge, Migranten, aber auch die vom Staat zu Sündenböcken gemachten freiwilligen Helfer Ausweiskontrollen an den Piers E 2 und E 7 passieren müssen. Ohne Stempel können die Flüchtlinge und Immigranten nicht herein. Bei den freiwilligen Helfern wirkt bereits die Kontrolle der Papiere abschreckend.

Bis Ostern soll der Hafen komplett geräumt sein. Mit Containern soll dafür in der Werftregion von Skaramangas Platz für 4.000 Personen geschaffen werden.

Wie steht es mit den Vereinbarungen der EU zur Lösung der Probleme?

Auf europäischer Ebene bemängelt Immigrationskommissar Dimitris Avramopoulos die nur schleppende Umverteilung der Flüchtlinge unter den 28 EU Mitgliedstaaten. In Griechenland selbst wird das mit den EU-Vorgaben harmonisierte neue Asylrecht durchgeboxt.

Asyldokument

Für die Betroffenen bedeutet dies in der Regel eine Ablehnung eines Asylantrags und eine Rücksendung in die Türkei. Telepolis wurde ebenso wie zahlreichen griechischen Medien und Internetseiten eine Kopie eines Ablehnungsbescheids zugespielt. Demnach werden selbst Syrer unter Verweis auf die Türkei als "sicheren Drittstaat" nicht als Asylanten anerkannt.