Atomkernen über die Schulter geschaut
Wissenschaftler haben ein neues Verfahren entwickelt, den Drehimpuls von Atomkernen zu bestimmen: Sie beobachten die Materiebausteine mit Hilfe eines Lasers.
Wenn in neuen Forschungsarbeiten wieder einmal spektakuläre Bilder aus dem menschlichen Gehirn auftauchen, ist für deren Entstehen meist ein grundlegender, aber deshalb nicht simpler Effekt verantwortlich: Die Tatsache nämlich, dass Atomkerne einen Gesamt-Drehimpuls, einen Spin, besitzen und deshalb mit äußeren Magnetfeldern wechselwirken. Kennt man Stärke und Struktur des von außen angelegten, ungestörten Magnetfeldes und kann das durch die Wechselwirkung entstehende Gesamtfeld ausreichend genau messen, erhält man spannende Rückschlüsse über den Aufbau des auf diese Weise „durchleuchteten“ Materials.
fMRT, funktionale Magnetresonanz-Tomographie, heißt eine der heute „heißesten“ medizinischen Diagnosetechniken, die auf diesem Effekt beruht. In der Regel bestimmt man dabei den Anteil von Wasserstoffatomen im Gewebe und dessen zeitliche Änderung. Als Messgerät fungiert eine riesige Magnetröhre, in der Felder von einigen Tesla herrschen. Klar, dass man ferromagnetische Haarklammern bei einer derartigen Untersuchung ablegen sollte – Herzschrittmacher mit metallischen Bestandteilen müssen hingegen heute kein Problem mehr sein. Ganz nebenbei eignet sich so ein Magnetresonanz-Tomograph auch sehr gut dazu, Festplatten zu löschen.
Nun gibt es allerdings ein kleines Problem, das mit der Art und Weise zusammenhängt, mit der man bei dieser Technik das „Bild“ auffängt. Man misst nämlich über einen mehr oder weniger großen Bereich gemittelte Felder – einzelne Atome zu beobachten ist so nicht möglich.
Das könnte ein neues, von Forschern der Princeton University erdachtes und getestetes Verfahren ändern, das die Gruppe in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature vorstellt (doi:10.1038/nature05088). Die Wissenschaftler um Igor Savukov nutzen einen Effekt, der schon (historisch gesehen) früh darauf hindeutete, dass Licht und Magnetismus in irgendeinem Zusammenhang stehen müssen. Der so genannte Faraday-Effekt – von Michael Faraday entdeckt, der auch den Faradayschen Käfig entwickelte – bewirkt, dass sich die Polarisationsebene von Licht beim Durchgang durch ein magnetisches Feld ändert.
Damit steht der Wissenschaft ein Ablese-Instrument mit sehr hoher, nur von der Dicke des Laserstrahls begrenzter räumlicher Auflösung zur Verfügung. Im Vergleich zu herkömmlichen Messmethoden, wo Auflösungen um 100 Millimeter schon eine echte Herausforderung darstellen, ließen sich damit wohl mikrometerfeine Strukturen zeigen. Zudem kann Licht auch Gewebeschichten durchdringen – selbst räumliche Strukturaufnahmen für medizinische Anwendungen wären möglich.
Savukov und Kollegen zeigen nun in Nature, dass das nicht nur reine Theorie ist. Tatsächlich konnten sie das Verfahren erfolgreich anwenden – mussten allerdings feststellen, dass zurzeit der Signal-Rausch-Abstand noch nicht so groß wie bei herkömmlichen Magnetresonanzmessungen ist. Es gebe aber, meinen die Wissenschaftler, noch Raum für Verbesserungen, indem man einerseits die Frequenz des Lasers erhöhe und andererseits die Empfindlichkeit der optischen Sensoren verbessere. Zudem eignet sich das Verfahren besonders gut für größere Atomkerne, die sich bisher als eher problematisch erwiesen.