Attraktive Väter werden nur bedingt bevorzugt

Je nachdem, ob Väter oder Mütter über das Geschlecht der Nachkommen entscheiden, werden Söhne oder Töchter bei der Vererbung bevorzugt

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Pfauenfedern sind zwar schön, aber leider etwas unpraktisch im Vogelalltag. Trotzdem sind Pfauenherren mit prächtigen Schleppen bei Pfauendamen sehr begehrt. Dass es beim Menschen jemals zu vergleichbaren Auswüchsen kommt, ist eher unwahrscheinlich. Zwei Wissenschaftlerinnen der Universität in Vancouver haben ein neues Modell entwickelt, das erklären könnte, weshalb es bei Vogelmännchen sehr viel häufiger übertriebene Attraktivitätsmerkmale gibt als beim Menschen und anderen Säugetieren.

Der Grund für die bei Mensch und Vogel offensichtlich unterschiedliche Vererbung von Attraktivitätsmerkmalen liegt in den Genen, genauer gesagt im Gentyp: Menschen gehören zum so genannten "XY-Typ", Vögel und Schmetterlinge dagegen zum "ZW-Typ". Das bedeutet: Während bei Menschenkindern die väterlichen Gene über das Geschlecht entscheiden, richtet sich das Geschlecht von Vogelkindern nach der Mutter. Dieser kleine aber feine Unterschied hat weit reichende Folgen, wie die Forscherinnen im Wissenschaftsmagazin Science berichten.

Männliche Attraktivitätsmerkmale sind meist sehr auffällig. Auffälligkeit kann jedoch lebensgefährlich sein, da knallige Farben und bizarre Auswüchse weithin sichtbar sind. Genau aus diesem Grund sind Jungtiere und die meist für die Aufzucht verantwortlichen Weibchen in der Regel eher unauffällig. Die Hypothese lautet deshalb, dass Weibchen vom XY-Typ nicht ganz so auffällige Väter bevorzugen, weil sie dadurch die Überlebenschancen ihrer Töchter erhöhen. Weibchen vom ZW-Typ dagegen bevorzugen auffällig attraktive Männchen, weil sie dadurch die Chancen ihrer Söhne beträchtlich verbessern. Dass sich die Überlebenschancen der Töchter dadurch möglicherweise verschlechtern, nimmt die Vogelmutter billigend in Kauf. Wobei die Töchter beim ZW-Typ nur ein Z vom Vater erhalten können, so dass der Effekt nicht ganz so durchschlagend ist.

Das umgekehrte Vererbungsschema bei Menschen und Vögeln sorgt also dafür, dass die jeweils gegengeschlechtlichen Nachkommen bevorzugt werden: beim Menschen die Töchter und bei Vögeln die Söhne. Das alles hängt natürlich davon ab, dass die entsprechenden Merkmale bei Menschen tatsächlich auf dem X-Chromosom und bei Vögeln auf dem Z-Chromosom verankert sind. Schließlich gibt es auch Merkmale, die autosom, also unabhängig von den Geschlechtschromosomen vererbt werden. Anders wäre auch nicht zu erklären, dass trotz allem jede Menge hübsche Vogel-Mädchen geboren werden.