Auch Big Brother (BB) ist nicht allein

Zwei Sendungen existieren nebeneinander

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Was im dem Hürther-Wohncontainer geschieht, lässt sich täglich in dem Tagebuchforum bei bigbrother.bild.de nachlesen. Dort notieren akribisch genau Fans der RTL 2-Sendung, was sie via Internet oder auf dem digitalen Fernsehkanal Single TV gesehen haben. Beobachtungen, die zumeist zwar arg läppisch sind, allerdings im Kontrast stehen zu dem, was RTL 2 werktäglich um 20.15 Uhr ausstrahlt. Oder besser gesagt: was der Sender gezielt ausstrahlt, um die Zuschauer in ihrer Sympathie und Antipathie den Kandidaten gegenüber zu beeinflussen und um die Mitspieler im Container, ob gewollt oder nicht, in eindeutige Rollen zu drängen.

Gleichzeitig fallen dabei Dinge der Schere zum Opfer, die für die BB-Verantwortlichen ein wenig unangenehm sind. Beispielsweise dass die Kandidaten nach der letzten Samstagabend-Nominierungsshow heftige Kritik an der Sendeleitung und an den RTL-Moderator Oliver Geißen geübt haben. Doch den "Überwachern" des Big Brother entgeht nichts. Auszug aus dem Tagebuchforum:

Sonntag, 00:33
Switch in den Garten:
Walter und Steffi ärgern sich über die Rollen, die sie verpasst bekommen haben. Sie regen sich über Oli Geißen aus, dass er sie beeinflußt hat. Jetzt dreht sich ihr Gespräch über Walters Darstellung. Steffi sagt, dass Walter sehr sensibel und intelligent ist. Steffi hofft, dass nicht nur Szenen von ihr gezeigt werden, wenn sie "bedeutungsschwangere Dinge sagt." Steffi: Ich glaub schon, dass ich ein herzlicher Mensch bin. Ich bin Ärztin, weil ich die Menschen mag. Steffi regt sich tierisch darüber auf, dass O. Geißen sie nur gefragt hat, ob er sie Stefanie oder nur Steffi nennen soll, während er andere Kandidaten schon fragt, ob sie "Sex" hatten. Sie denkt, dass sie nur als taffe, kühle Frau dargestellt wird. Walter ärgert sich immer noch darüber, dass Oli ihm was mit Ebru angedichtet hat.

Auch Big Brother ist also nicht allein. Vorausgesetzt man hat einen Zugriff auf Internet oder digitales Fernsehen. Das heißt jedoch nichts anderes, dass im Grunde längst zwei ganz verschiedene Sendungen nebeneinander existieren: zum einen die von RTL 2 aufbereitete, die mit der Realität im Container kaum noch etwas zu tun hat. Und zum anderen die, die via digitaler Medien ins Wohnzimmer der Fans übertragen wird und ein fast realistisches Abbild dieser Zwangs-Wohngemeinschaft zeigt. Ein Widerspruch, mit dem die BB-Veranstalter zwar noch gut leben können, weil durch Internet und Single TV das Interesse an dem Spektakel zusätzlich angeheizt wird. Dennoch verlieren sie dadurch die letzte Kontrolle über ihre Show. Und genau das bringt nun wiederum die Medienwächter mit ins Spiel.

In einer Presseerklärung der Landesanstalt für Rundfunk (LfR) in Nordrhein-Westfalen äußerte der Direktor Norbert Schneider Anfang der Woche Zweifel daran, dass durch die Single TV-Übertragung "die Einhaltung der Regelungen zur Sicherung des Jugendschutzes und der Menschenwürde in angemessener Weise gewährleistet wird". Er habe, heißt es weiter, den Veranstalter in einem Schreiben um Klärung der Frage gebeten, "wie ein Veranstalter bzw. dessen Jugendschutzbeauftragter angesichts einer 20-stündigen Live-Übertragung steuernd eingreifen oder zumindest die 'Notbremse' ziehen kann, wenn Inhalte jugendgefährdender Art vorkommen."

Ein Vorwurf der eher unsinnigen Art, schließlich zeigt Single TV zur Zeit nur den sogenannten Mastercut der Show, also Live-Bilder, die von einem Regisseur ausgewählt werden. Die eigentlich geplante Möglichkeit, dass der Zuschauer wie bei den Formel 1-Übertragungen auf Premiere World mittels Fernbedienung zwischen sechs verschiedenen Kameras frei wählen kann, scheiterte bisher noch aus technischen Gründen.

Dennoch hat sich das Geschäft mit Big Brother auch für die Veranstalter von digitalem Fernsehen offenbar schon gelohnt. Die Hotline der Telekom-Tochter MediaVision, über die man den notwendigen digitalen Decoder bestellen kann oder sich für Single TV freischalten muss, ist nach einem Bericht von www.DigiTV.de seit Beginn des Spektakels völlig überlastet. Und wer die für den Empfang ebenfalls notwendige Smartcard dort bestellt, muss bis zu einer Woche warten. Dann jedoch ist das digitale (Einschlaf-)Vergnügen grenzenlos, zumindest wenn der norddeutsche Zottelbär Harry immer wieder nachts im Container zur Gitarre greift.