Auf die DSGVO folgt die EPVO
Nach der DSGVO und dem EU-Leistungsschutzrecht holt die EU zum nächsten Schlag zum Schutz der Verbraucher aus. Mit der in Vorbereitung befindlichen neuen E-Privacy-Verordnung soll verhindert werden, dass der Internetnutzer mit Restaurantvorschlägen und Ähnlichem traktiert wird.
Wer das Internet noch aus den 1990er-Jahren kennt, wird sein deja-vu-Erlebnis haben. Starre Banner wie sie vor der unruhigen Zeit der Pop-up-Banner und der personalisierten Werbung üblich waren, werden wieder kommen, wenn die sich derzeit in Vorbereitung befindliche ePrivacy-Verordnung (EPVO) verabschiedet wird. Die EPVO soll die alte E-Privacy-Richtlinie von 2002 sowie die Cookie-Richtlinie von 2009 ersetzen, welche den meisten Nutzern nur über die Cookie-Warnungen bekannt ist, die inzwischen auf fast jeder Website aufpoppen.
Die EPVO betrifft nur kommerzielle Internetauftritte
Anders als die DSGVO ist die EPVO nur für Unternehmen relevant, die Kommunikationsdienstleistungen anbieten. Das beginnt beim Telefon, trifft den Internetzugang, die E-Mails sowie Chats, Messenger-Systeme, seien es reine Audio- oder Videochats. Es trifft aber auch jedes kommerzielle Medienangebot, das Tracking-Cookies einsetzt und personalisierte Onlinewerbung im Sortiment hat. Wenn man bedenkt, dass zahlreiche Online-Medien, welche den Nutzern kostenlos angeboten werden, sich über personalisierte Werbung finanzieren, zeigt sich die mögliche Sprengkraft der EPVO.
Mit der personalisierten Werbung erhoffen sich die Werbungtreibenden und letztlich auch die Verlage, welche solche Werbung zur Finanzierung ihres Angebots einbauen, eine höhere Trefferquote bei den angepeilten Zielgruppen und weniger Streuverluste, weil man sich am Informationsinteresse der Nutzer orientiert. Werden die Möglichkeiten zur Verfolgung des Nutzerverhaltens eingeschränkt, kann dieses Finanzierungsmodell für redaktionelle Internetangebote sehr schnell ins Wanken kommen. Entweder man greift dann verstärkt auf Agenturmeldungen zurück, die zumindest teilweise auf nicht gekennzeichneten PR-Texten basieren oder man nutzt verstärkt Algorithmen, wie sie in englisch-sprachigen Angeboten in den Bereichen Sport- und Bösenberichten schon länger genutzt werden.
Die Spionage per Tracking-Cookie muss als Grundeinstellung gesperrt sein
Für die Nutzer deutscher Websites ändert sich nur wenig, denn die EPVO erweitert die deutschen Regelungen des Telemediengesetzes und des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb auf die gesamte EU. Letzteres ist in Deutschland vor Allem im Zusammenhang mit Abmahnungen bekannt geworden.
Tracking-Cookies müssen künftig abgelehnt werden können und die Seite dennoch nutzbar bleiben, auch wenn der Besuch dann möglicherweise für den Nutzer mit einer schlechteren Bedienbarkeit verbunden ist. Künftig müssen die Seiten explizit nachfragen, ob Tracking-Cookies gesetzt werden dürfen.
Wer sich dafür entscheidet, grundsätzlich keine Tracking-Cookies zu akzeptieren, muss nicht nur die Möglichkeit haben, diese Einstellung im Browser vorzunehmen. Das Ablehnen von Tracking-Cookies muss künftig als Default-Einstellung im Browser vorinstalliert sein. Deutliche Schwierigkeiten mit ihrem Geschäftsmodell dürften künftig auch solche Verlage bekommen, welche das Laden ihrer Seiten unterbinden, sobald sie einen Ad-Blocker beim Nutzer feststellen. Cookies in einem Onlineshop, die dort für den Warenkorb genutzt werden, sind von der EPVO übrigens nicht betroffen, weil sonst der ganze Onlinehandel zum Sterben verurteilt wäre.
Der Wink mit den Arbeitsplätzen
Die Online-Wirtschaft sieht durch die EVPO ihr Geschäftsmodell bedroht und erwartet, dass jeder vierte Arbeitsplatz im Bereich der digitalen Wirtschaft verloren geht. Für Online-Medien, die sich klassischerweise über Werbeeinnahmen finanzieren, wird die Luft möglicherweise sehr dünn werden. Und so stellen zahlreiche Seiten ihr Angebot mehr oder weniger vollständig hinter eine Paywall oder verlagern ihre Geschäftstätigkeit in andere Bereiche. So machen die klassischen Medien bei Springer nur noch 25 Prozent des Geschäfts aus und auch der WEKA-Verlag reduziert sein Medienangebot für Jedermann und baut seine bezahlten Angebote für besonders zahlungskräftige, eher kleine Zielgruppen sukzessive aus. Andere Anbieter finanzieren ihr für die Nutzer kostenloses Angebot auf der Basis von Spenden.
Bußgelder wie bei der DSGVO
Last but not least kommt die EPVO jetzt mit heftigen Strafen um die Ecke. Wie bei der DSGVO liegt die Strafandrohung bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens. Dies soll jedoch anders als bei der DSGVO, wo es Ausnahmemöglichkeiten für Flüchtigkeitsfehler kleiner Anbieter gibt, ohne jede Gnade für alle kommerziellen Webseitenbetreiber unabhängig von ihrer Größe gelten. Unter welchen Bedingungen künftig digitale Updates und Upgrades von Software automatisch erfolgen kann, ist derzeit noch nicht geklärt. Dies gilt nicht zuletzt für die Erkennung der aktuell auf dem jeweiligen Rechner aufgespielte Softwareversion. Da wird künftig möglicherweise die Mitarbeit und der Sachverstand der Nutzer stärker gefragt sein.
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