Aufklärung auf Sächsisch

Die CDU/SPD-Koalition verzögert die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

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Was geheim ist, bestimmen wir, und wie unser Sumpf aufgeklärt wird auch - so lässt sich die Haltung der CDU/SPD-Koalition im Landtag der Sachsen zusammenfassen. Bevor der Sachsen-Sumpf durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgeklärt wird, soll erst einmal der Einsetzungsbeschluss auf seine Richtigkeit hin überprüft werden. Unterdessen wurde im geheimen Geheimdienstkontrollgremium immerhin über die Aktenvernichtung der vergangenen Monate beraten.

Nach der jüngsten Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) erklärte deren Vorsitzender, der CDU-Abgeordnete Gottfried Teubner, die PKK habe sich

mit öffentlich erhobenen Behauptungen befasst, dass im Landesamt für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit der aktuellen Affäre Akten geschreddert worden seien. Als Ergebnis ist festzustellen, dass es eine Vernichtung von Kopien verschiedener Unterlagen gegeben hat, die aber nach derzeitigem Erkenntnisstand keine unmittelbaren Auswirkungen auf die nunmehr eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen haben.

Währenddessen freut sich die SPD öffentlich über die Berufung externer Ermittler im Innenministerium und im Landesamt für Verfassungsschutz. Ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzende, Stefan Brangs, ebenfalls Mitglied der PKK erklärt: "Wir müssen alles unternehmen, das in Teilen unkontrollierte Eigenleben des Verfassungsschutzes zu beenden." Er begrüßte, dass es dem Innenministerium gelungen sei, kompetente Personen aus anderen Bundesländern zu gewinnen. Gleichzeitig erneuerte Brangs seine Forderung, den Verfassungsschutz auch organisatorisch umzustrukturieren und als eigene Abteilung direkt dem Innenministerium anzugliedern. Nur so, erklärte Brangs, bestünde eine hinreichende interne Kontrolle der Verfassungsschutzarbeit und eine klare Verantwortungslinie zur politischen Führung im Innenministerium.

Wie mit einer Umstrukturierung für die Zukunft die Korruption der Vergangenheit aufgeklärt werden soll, verrät er nicht. Denn während der SPD-Abgeordnete gute Vorsätze für die Zukunft abgit, verzögert seine Fraktion gemeinsam mit der CDU weiterhin die Aufklärung der Vergangenheit. Dabei könnte auch die SPD dabei gegenüber ihrem Koalitionspartner nur gewinnen, schließlich stellte sie in Sachsen weder den Ministerpräsident, noch die involvierten Minister für Inneres und Justiz.

Während sich der kleine Koalitionspartner SPD in Ablenkung versucht, spricht die CDU im Sächsischen Landtag Klartext. Ihr Fraktionsvizechef mag gar keinen Untersuchungsausschuss und verweist darauf, dass eigentlich doch die "Staatsanwaltschaft für rechtliche Aufklärung zuständig" sei. Soweit, so richtig, dumm nur, dass im Sachsen-Sumpf Staatsanwälte und andere Staatsangehörige zu den Akteuren gehören. Da die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen aber ein ureigenes Recht der Opposition darstellt, versucht die CDU zumindest zu verzögern. Frank Kupfer sagte so am 2.7.07:

Der heute vorgelegte Antrag von PDS/FDP/GRÜNE muss - wie jeder andere Untersuchungsantrag auch - zunächst einmal einer verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung unterzogen werden.

Auch das geheimdienstliche Aktenschreddern findet der CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Fritz Hähle ganz in Ordnung. Behauptungen der Opposition, Akten seien unzulässig vernichtet worden, seien "zumindest voreilig." Denn so Dr. Hähle - ganz schlau:

Nach den Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes darf der Verfassungsschutz Akten gar nicht unbefristet speichern. Sie müssen vielmehr vernichtet werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Die Aufregung der Opposition ist parteipolitisch motiviert.

Gegenüber Telepolis sah sich die SPD-Landtagsfraktion außerstande mitzuteilen, wie lange die "juristische Prüfung" des Einsetzungsbeschlusses für den Untersuchungsausschuss wohl dauern wird. Verständlich, dass Grüne und Links-Fraktion ihren Landtagskollegen von CDU und SPD ihren stets betonten "Aufklärungswillen" nicht so ganz abnehmen. Der rechtspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Johannes Lichdi fordert "die Koalitionsfraktionen auf, den Oppositionsantrag nicht zu blockieren. Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Antrags hat, soll diese vorbringen." Lichdi weiter:

Es liegt daher der Verdacht nahe, dass die CDU-Fraktion die Linie ihres Ministerpräsidenten umsetzt und den Untersuchungsausschuss diskreditieren will. Das werden wir nicht hinnehmen. Es ist das Recht der Minderheit, den Gegenstand der Untersuchung festzulegen. Ich erwarte den Respekt der Mehrheitsfraktionen vor dem verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Opposition.

Sachsens Ministerpräsident Milbradt hatte in der "Freien Presse" den geplanten Untersuchungsausschuss als "Klamauk" bezeichnet. Während das Untersuchungsbegehren der Opposition regierungsamtlich diffamiert wird, verdeutlicht der Innenminister, wer im Lande Sachsen darüber bestimmt, was geheim ist und wie lange.

Innenminister Buttolo hatte am 3. Juli die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) per E-Mail angeboten, in den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) - also im Rahmen der dort üblichen Geheimhaltung - Einsicht in den Bericht über mögliche Missstände des LfV zu nehmen. Ganze 22 Minuten später lud das Innenministerium zur Information über "Bestandteile des Berichtes" auf der Kabinettspressekonferenz ein.

Die PKK-Mitglieder der Links-Fraktion fühlten sich veralbert und verlangten vom Innenminister und dem PKK-Vorsitzenden "den Bericht per E-Mail zuzusenden, da er offenbar nicht mehr der Geheimhaltung unterliegt." Es könne nicht sein, so erklären die Mitglieder der Linksfraktion in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), der Parlamentarische Geschäftsführer André Hahn und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Caren Lay:

Es kann nicht angehen, dass einerseits die Mitglieder der PKK Geheimhaltung und Quellenschutz des Landesamtes für Verfassungsschutz respektieren und andererseits die Spitze des Amtes den Geheimschutz verletzt und Quellen zum Abschuss freigibt, um Munition für den tagespolitischen Überlebenskampf der Staatsregierung in der Korruptionsaffäre zu gewinnen. Seit Monaten werden unter Verweis auf den Quellenschutz Akten gegenüber der Staatsanwaltschaft zurückgehalten, und nun gibt der Verfassungsschutzpräsident selbst eigenmächtig Quellen der Öffentlichkeit preis. (...) Nach dieser offenbar von Innenminister Buttolo und Ministerpräsident Milbradt lancierten Aktion gibt es im Interesse einer objektiven Information der Öffentlichkeit nur eine Schlussfolgerung: Der komplette Prüfbericht zu Missständen beim LfV muss auf den Tisch!

Noch ist nicht absehbar, wie viele sächsische Beamte in den Korruptionssumpf verstrickt sind. Auffallend ist allerdings, dass es sich überwiegend um "Westimporte" handelt, also Staatsdiener aus den westdeutschen Bundesländern, denen im Osten der Bundesrepublik oftmals eine ungeahnte Karriere bevorstand.

Angesichts der Korruptionsvorwürfe im Innen und Justizbereich verwundert es nicht sonderlich, dass ein mehrfach wegen Betrug vorbestrafter bayerischer Straftäter seine Haftstrafe lieber in Sachsen absaß und alsbald als Freigänger der Dresdner JVA seinem Tagewerk als Betrüger frönte. Freigänger müssen für den langen Tag in Freiheit eine berufliche Tätigkeit nachweisen. Im Fall des L.G. wurde die Firma des Sohnes als Beschäftigungsort anerkannt. Dass der Sohn auch als Rechtsanwalt tätig war, nutzte der geübte Betrüger und firmierte fortan tagsüber schon mal als Anwalt. Lediglich die Nacht verbrachte der Mann noch in Haft.